Mitte des 19. Jahrhunderts war nicht nur die Welt im Umbruch, sondern auch die fränkische Heimat. Der schnelle Ausbau des Schienennetzes bedeutete für viele Orte den Anschluss an die weite Welt, wo auch nicht alles rosig war: In Nordamerika tobte der blutige Bürgerkrieg.
In der dritten Folge unserer Serie "Lichtenfels im Wandel der Jahrhunderte" wird das ereignisreiche Jahr 1862 beleuchtet. Staffelstein wird königliches Bezirksamt, und in Lichtenfels wird der Grundstein zum Bau eines großen Bahnhofsgebäudes gelegt.
1862 war vor allem für die heutigen USA ein Schicksalsjahr: Damals tobte in Nordamerika der Bürgerkrieg,ein blutiger Konflikt zwischen Südstaaten und Nordstaaten, der mit seinen verlustreichen Schlachten einen bitteren Vorgeschmack auf die großen Kriege des 20. Jahrhunderts in Europa gab.
1862 gründete Adam Opel seine Firma, die anfangs aber keine Automobile herstellte, sondern Nähmaschinen.
Große Auswanderungswelle
Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts wanderten zahlreiche Einwohner aus dem Landkreis Lichtenfels nach Nordamerika aus.
Im Amtsblatt wurden die Namen veröffentlicht, damit eventuelle Ansprüche an die Auswanderer angemeldet werden konnten. Die Einwanderungsbehörden in Amerika schoben Wirtschaftsflüchtlinge, die sich nicht ausweisen konnten, ab. Das Wochenblatt berichtet in einer Notiz vom 25. September 1862 davon.
Der Herzog und seine Beute
20. Mai 1862: Herzog Max weilt mehrere Wochen in Banz. Der Herzog von Coburg erlegt bei seiner afrikanischen Jagdreise zwei Elefanten, mehrere Antilopen und viel anderes Wild, aber weder Löwen noch Leoparden. Ein holländischer Baron erlegte einen Leoparden, welcher ihm einen abgeschossenen Pavian streitig machen suchte.
31. Mai: Vier Knaben sind in Wiesen oberhalb der Mainfähre ertrunken. Der Fährmann, der ihnen zu Hilfe eilen wollte, fand bei diesem vergeblichen Rettungsversuch ebenfalls den Tod.
21.
Juni: Die Erzherzogin von Weimar kommt im Extrazug in Lichtenfels an und übernachtet im Gasthof zur Krone.
1. Juli: Staffelstein wird königliches Bezirksamt. Ein Fackelzug, die Turner und die Landwehrmusik feiern das große Ereignis. Im Rathaus werden Reden mit einem dreifachen Hoch auf den König, den Beglücker der Stadt, gehalten.
3. September: Die nach Weismain berufenen armen Schulschwestern werden feierlich in ihr Amt eingeführt. In der Pfarrkirche ist die gesamte Schuljugend mit Lehrern versammelt, ebenso mehrere königliche Beamte, die Stadtgemeindeverwaltung und Kreisscholarch (Schulrat). Heinlein hält eine treffende Rede, in der er auf die gegenseitigen Pflichten der Eltern, Kinder und Lehrer hinweist.
Der Bahnhof wird ausgebaut
20. September: Ausbau des Bahnhofs (in Lichtenfels): Überbrückung des Leichsenbaches.
Schienen und Weichen werden im südlichen Teil verlegt. Die neue Straße zur Werrabahn-Güterhalle ist fertig, Wasserturm, Holz- und Kohlenmagazin sowie Güterladeplatz und das Anheiz-Haus für Lokomotiven (Lokschuppen) werden in Angriff genommen, auf bayerischer Seite die Fundamente für die bedeutende Erweiterung des Bahnhofsgebäudes gelegt. Kosten: 400 000 Gulden.
"In ägyptischer Finsternis"
25. September: In Nordamerika werden illegale Einwanderer aus Europa abgeschoben.
4. Oktober: In Michelau wird ein Turnverein gegründet mit vom Start weg 62 Mitgliedern.
13. November (Leserbrief): "Nachdem Staffelstein jetzt Sitz eines Bezirksamtes und Landgerichts ist, sollte auf die Verschönerung der Stadt wert gelegt werden.
So müssen Fremde vom Bahnhof zur Stadt in ägyptischer Finsternis und bis zu den Knöcheln im Schlamm waten, weil keine Laternen angebracht sind und kein ordentliches Trottoir für Fußgänger angelegt ist. Selbst Ärzte weigern sich, Kranke zu besuchen. Turmuhren und Bahnhofsuhren differieren bis zu einer Viertelstunde." Mit diesen Worten beklagt sich ein Leser über die Zustände im Ort.