Kriegsende (1) Vor 70 Jahren endete für die Herzogenauracher der Zweite Weltkrieg mit der Übergabe der Stadt an die US-amerikanischen Truppen durch Valentin Fröhlich und Herbert Kuno. Die Stadt blieb von größeren Schäden verschont.
von unserem Mitarbeiter Manfred Welker
Herzogenaurach — Die Stadt hatte sich im April 1945 auf die anrückenden Feindtruppen vorbereitet. Der Volkssturm hatte in der Würzburger Straße von der Fabrik Weiler bis zum Anwesen Fröhlich, Hausnummer 34, eine Panzersperre errichtet. Im Hof der Fabrik an der Aurach befand sich außerdem ein Schützenloch mit zwei Soldaten, die mit Panzerfäusten ausgerüstet waren. Diese wurden aber am Abend des 15. April abgezogen.
An jenem Sonntag rückte der Volkssturm aus, dessen Mitglieder aber wieder unversehrt in der Nacht zurückkehrten. Einen militärischen Sinn machte es sicherlich nicht, als Sprengkommandos darangingen, die damaligen zwei Aurachbrücken zu sprengen. Der Vorstoß einer feindlichen Einheit ließ sich dadurch kaum aufhalten.
Aber dem Irrglauben fielen die spätmittelalterliche Steinerne Brücke und die erst wenige Jahre zuvor, nach der Hochwasserkatastrophe von 1941 neu errichtete Eisenbahnbrücke zum Opfer.
Die Sprengungen waren im ganzen Städtchen zu hören. Eine Herzogenauracherin notierte daher: "Am 15. April abends 10 Uhr furchtbarer Schlag, die Eisenbahnbrücke wurde von uns gesprengt. Fr. Bauer, welche ins Nachbarhaus wollte, wurde ein Arm abgerissen. Mein Mann & ich gingen die Straße vor. Noch ein Schlag mit großer Rauchwolke & dann nochmals. Da wurde die Steinerne Brücke nüber zum Weihersbach gesprengt." Diese "Begleitmusik" war die passende Einstimmung auf den nächsten Tag.
Von der Übergabe der Stadt an die Amerikaner existiert eine schriftliche Aufzeichnung in englischer Sprache von Landrat Valentin Fröhlich vom 3. Mai 1945, die also zeitnah niedergeschrieben wurde.
Das Schriftstück ist mit der Unterschrift von Valentin Fröhlich, "Landrat and Bürgermeister of Herzogenaurach", versehen.
Wie er darin ausführte, war Herbert Kuno der Führer der SA-Reserve und des Volkssturm-Bataillons. Allerdings hatte er eine eher kritische Einstellung zur NSDAP und suchte daher den Kontakt zu anderen Personen in der Stadt. Bereits mehrere Wochen vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen hatten Kuno und Fröhlich Überlegungen angestellt, wie die Stadt Herzogenaurach zu schützen sei, falls fremde Truppen einmarschieren würden.
Am Montag, 16. April 1945, herrschte erhöhte Spannung in Herzogenaurach. Es war zu fühlen, dass der Einmarsch der US-amerikanischen Truppen unmittelbar bevorstehen würde. Fröhlich begab sich daher zu Kuno und forderte diesen auf, ihn mit seinem Fahrrad zum Westrand der Stadt zu begleiten.
Dort blieb Fröhlich und trug Kuno auf, mit dem Fahrrad den amerikanischen Truppen entgegenzufahren, da dieser der englischen Sprache mächtig war.
Mit dem Rad zum Verhandeln Da Fröhlich bis 1933 Bürgermeister von Herzogenaurach gewesen war, verstand er sich als "representative of the town Herzogenaurach", denn sämtliche Verantwortliche bzw. Vertreter des Dritten Reiches hatten Herzogenaurach verlassen. Er ermächtigte Kuno, bei seinem Zusammentreffen mit den ersten US-amerikanischen Militärs den Stadtbezirk zu übergeben. Rund eineinhalb Kilometer außerhalb Herzogenaurachs in Richtung Falkendorf stieß Kuno auf den ersten Panzer und führte den Auftrag von Fröhlich aus. Gemeinsam mit den Soldaten fuhr er zurück zu Fröhlich, der dann dem Panzerkommandanten die Übergabe der Stadt Herzogenaurach anbot.
Fröhlich musste im Panzer Platz nehmen und die Truppe rollte durch die Stadt, die mit weißen Fahnen beflaggt war, zum Rathaus.
Den Einmarsch erlebte in der Würzburger Straße eine Herzogenauracherin hautnah mit. Sie schrieb: "Auf einmal schrie Dr. Fröhlich: Weiße Fahnen raus! (ungefähr 9-10 Uhr früh). Und schon kamen die ersten (Panzer) Auto angefahren! Und neben dem ersten Auto (Panzer) fuhr Dr. Kuno mit dem Rad und ich kann ihn heute und mein Lebtag hören, als er sagte: Geht in Ordnung. ... O Krieg 5 1/2 Jhr. Krieg: Und doch war es gut so. Weil wir uns ergeben, sind alle Häuser heil. Solang der Krieg war, fiel keine Bombe in unsere Stadt, auch nicht auf unsere Flur, Gott sei dafür Lob und Dank gesagt!"
Die ganze Nachbarschaft lief mit weißen Tüchern zusammen, die sie schwenkten.
Fritz Schürr stand auf dem Fenstersims und schrie: "Die Befreier!" Ludwig Staudigel kam mit einer großen Stange und schrie: "Die Lumpen sind fort, gestern habens die Brücke gesprengt und mein Haus fast ruiniert." Der Stab der Amerikaner begab sich dann in das Lazarett und verhandelte mit den Offizieren im Mädchenschulhaus am Kirchenplatz 11. Sämtliche deutsche Soldaten ergaben sich und wurden zu Gefangenen erklärt.
Am Nachmittag des 16. April hatten sich Angehörige der SS in Hauptendorf und beim Galgenhof versteckt und feuerten über die Aurach in Richtung Herzogenaurach. Die Amerikaner erwiderten das Feuer. Bei diesem Feuergefecht gingen Teile der Heinrichsmühle und Gebäude des Galgenhofs sowie in Hauptendorf zwei Häuser in Flammen auf. Im Garten des Liebfrauenhauses saß eine Frau mit ihrer Tochter, als eine Granate einschlug. Die Frau war tot, die Tochter wurde schwer verwundet.