Druckartikel: Vach: Aus für Bäckerei Hentschel nach 60 Jahren - "einer der letzten tollen Bäcker"

Vach: Aus für Bäckerei Hentschel nach 60 Jahren - "einer der letzten tollen Bäcker"


Autor: Clara Maria Wimmer

Vach, Montag, 09. Sept. 2024

In Fürth gibt es eine Anlaufstelle für Backwaren weniger: Die Bäckerei Hentschel im Stadtteil Vach hat geschlossen. Bei Kunden zählte der Traditionsbetrieb zu einem der beliebtesten der Stadt.
Aus und vorbei: Die Ladentür der fränkischen Familienbäckerei ist seit Mitte August zu.


Die Bäckerei Hentschel war lange Zeit eine etablierte Anlaufstelle in der Region - doch nun ist Schluss. Die Bäckerei im Fürther Stadtteil Vach, die für ihr traditionelles Handwerk bekannt war, öffnet nicht mehr. 2023 gehörte die Bäckerei noch zu den beliebtesten Betrieben in Fürth, wie auch ein Ranking von inFranken.de zeigt. Ein ähnliches Schicksal erlitt eine Bäckerei in Ansbach: Nach 100 Jahren musste der Traditionsbetrieb schließen.

Kunden der Bäckerei Hentschel loben die "Kuchen wie bei Oma aus dem Ofen, was man auch schmeckt". Über die 60-jährige Geschichte haben sich viele Stammkunden gefunden: "Für mich die beste Bäckerei weit und breit." Viele Bewertungen unterstreichen zudem, dass sich die Bäckerei Hentschel auch gegen Konkurrenten mit mehreren Filialen durchsetzen konnte. Mit dem letzten Tag schließt der nach Ansicht eines Nutzers "letzte tolle Bäcker im Fürther Raum."

"Bis zum Schluss keine Backmischungen": Bäckerei Hentschel mit Tradition in Fürth schließt

Bei Hentschel wurden bis zuletzt traditionelle Backwaren wie Frankfurter Kranz, Schlotfeger oder Aniskipf angeboten, die bei vielen Fürtherinnen und Fürthern Kindheitserinnerungen wachriefen. Aber auch moderne Leckereien wie Cookies und Donuts gab es. "Das war richtiges Handwerk", erklärte Kerstin Hentschel gegenüber den Nürnberger Nachrichten. "Bis zum Schluss haben wir keine Backmischungen verwendet."

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Zum letzten Mal hatte Bäckerei Hentschel am Samstag (10. August 2024) geöffnet. Bäckermeister Wolfgang Hentschel und seine Frau Kerstin traten anschließend in den Ruhestand und beendeten damit ein Kapitel handwerklicher Bäckergeschichte in Fürth. Kerstin Hentschel berichtet stolz, dass man die einzige Holzofenbäckerei weit und breit gewesen sei. Nach fast 50 Jahren Arbeit freuen sich die Hentschels jedoch auch auf die Rente. Den treuen Kunden wird die Traditionsbäckerei gleichwohl vermutlich fehlen.

"Alle haben gesagt: Wir gönnen es euch wirklich sehr", so Kerstin Hentschel. "Aber sie fragen sich auch: Wo gehen wir jetzt hin?" Viele Kunden seien bestürzt, da eine vergleichbare Qualität kaum noch zu finden sei. Mit der Schließung der Bäckerei verliert Vach einen alteingesessenen Betrieb. Die Bäckerei bestand schon seit den 60ern, zunächst geführt von den Eltern Wolfgang Hentschels, bis dieser sie im Januar 1996 übernahm. Seine Fachkenntnisse hatte er in der Bäckerei Ritter erlernt, bevor er im Familienbetrieb aktiv wurde. Auch nach der Übernahme standen ihm seine Eltern noch mehrere Jahre zur Seite. Kerstin Hentschel, ursprünglich Chemielaborantin, stieg nach ihrer Hochzeit im Juli 1996 mit in den Betrieb ein.

"Das gibt's heute nicht mehr": Bäckermeister erhielt tatkräftige Unterstützung

Ihr Mann arbeitete nachts in der Backstube, während sie den Verkauf im Laden managte. Unterstützt wurden sie von einem langjährigen Gesellen und zwei Teilzeitkräften. "Das gibt's heute nicht mehr", bemerkt Kerstin Hentschel gegenüber den Nürnberger Nachrichten und lobt ihr Team, das bis zur Rente oder bis zum letzten Verkaufstag geblieben ist. "Mein Mann würde den Beruf immer wieder machen", sagt Kerstin Hentschel über die Leidenschaft ihres Mannes. 2018 erhielt Wolfgang Hentschel den Goldenen Meisterbrief. "Er hat den Beruf geliebt und so muss es sein", sagt Kerstin Hentschel. Sie selbst schätzte besonders den direkten Kontakt zu den Kunden, die demnach nicht nur aus Fürth, sondern auch aus umliegenden Städten wie Nürnberg, Erlangen, Herzogenaurach oder Schwabach kamen.

Trotz Veränderungen in der Branche und der zunehmenden Konkurrenz durch Supermärkte seien viele Stammkunden der Bäckerei Hentschel treu geblieben - selbst in schwierigen Zeiten. Kerstin Hentschel erinnert sich an Phasen, in denen Baustellen den Zugang zur Bäckerei erschwerten, die Kunden aber trotzdem kamen, weil sie die Qualität und die nicht-industriellen Produkte zu schätzen wussten. Ein besonderes Anliegen ist es den Hentschels laut Eigenaussage, sich bei ihren Kunden für die jahrelange Treue und die herzlichen Abschiedsgeschenke, Gedichte und Glückwünsche in den letzten Tagen zu bedanken.

Auch das Nürnberger Café Glückswinkel schloss nach über 60 Jahren. Jetzt versteigert der Traditionsbetrieb sein gesamtes Inventar. Das Gourmetmagazin Falstaff hat vor kurzem die besten Bäckereien Bayerns gekürt - darunter auch mehrere Betriebe aus Franken. Weitere Nachrichten aus Fürth und Umgebung liest du hier. 

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