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Schuldneratlas 2023: Hier leben die meisten überschuldeten Franken


Autor: Lena Büttner

Franken, Sonntag, 04. Februar 2024

Zwar ist die Zahl der überschuldeten Menschen in Deutschland wieder etwas gesunken, doch die vermeintlich guten Werte täuschen. Wir zeigen, in welchen fränkischen Regionen die Überschuldung am größten ist. Eine Stadt in Oberfranken steht dabei besonders schlecht da.
In Deutschland ist die Zahl von überschuldeten Menschen im Jahr 2023 leicht gesunken. Doch die Zahlen trügen.


Offiziell ist die Zahl der überschuldeten Bürger in Deutschland auf einen neuen Tiefstand gesunken. Das geht aus dem von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform veröffentlichten "Schuldneratlas 2023" hervor. Mit 5,65 Millionen Überschuldeten ist die bundesweite Quote auf 8,15 Prozent gesunken. Im Jahr 2022 wurde bereits ebenfalls von einem Tiefstand gesprochen, damals waren es noch 8,48 Prozent. 

"Die vermeintlich guten Werte trügen leider", wird Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, allerdings in einer Pressemitteilung zitiert. Doch wie sieht die Lage in Franken und bayernweit aus? 

"Schuldneratlas 2023": In Bayern leben die wenigsten überschuldeten Menschen

Bayern weist mit 5,87 Prozent laut "Schuldneratlas 2023" die niedrigste Überschuldungsquote aller Bundesländer auf. Gefolgt von Baden-Württemberg (6,72 Prozent) und Thüringen (7,71 Prozent). Die höchsten Überschuldungsquoten verzeichnen Sachsen-Anhalt (10,78 Prozent) und Bremen (12 Prozent). Im Jahr 2022 konnte sich Bayern ebenfalls den besten Wert sichern, dieser lag da noch bei 6,05 Prozent.

Doch die gesunkenen Quoten täuschen: "Ohne statistische Sondereffekte messen wir erstmals seit 2019 einen Überschuldungszuwachs", heißt es vonseiten Hantzschs. Hintergrund sei eine Verkürzung der Speicherfristen für Restschuldbefreiungen von bisher drei Jahren auf nun sechs Monate. Nach alter Lesart gebe es rund 17.000 Fälle mehr als 2022. Die Überschuldungsquote liege demnach eigentlich bei 8,51 Prozent und damit leicht über dem Vorjahr.

Seit 2020, mit Beginn der Pandemie, hatten sich die Überschuldungsfälle in drastischem Tempo verringert. Staatliche Hilfen und eine ausgeprägte Sparneigung schützten die Verbraucher. Krisen, Inflation und hohe Zinsen verteuern das Leben der Menschen stetig. "Die Konsumlust der Bürger wächst aber wieder, obwohl fast alles deutlich teurer ist. Das wird viele finanziell überfordern", so Hantzsch weiter. Da die Folgen einer Überschuldung (Stichwort Privatinsolvenz) erst zeitverzögert auftreten, werde mit steigenden Fallzahlen gerechnet. 

In diesen Städten und Kreisen Frankens ist die Überschuldung am größten - Hof ist Negativ-Spitzenreiter

Innerhalb Frankens ist die Überschuldung in der Stadt Hof mit Abstand am größten. Mit einer Quote von 12,77 Prozent weist sie den höchsten Wert aller fränkischen Regionen auf. Die Stadt Nürnberg liegt mit 9,87 Prozent auf dem zweiten Platz. Dicht dahinter: Die Stadt Fürth mit 9,53 Prozent

In diesen fränkischen Städten und Landkreisen gibt es statistisch gesehen die meisten überschuldeten Menschen (Überschuldungsquote in Prozent)

  1. Stadt Hof: 12,77
  2. Stadt Nürnberg: 9,87
  3. Stadt Fürth: 9,53
  4. Stadt Aschaffenburg: 8,87
  5. Stadt Schweinfurt: 8,81
  6. Stadt Ansbach: 8,53
  7. Stadt Bayreuth: 7,68
  8. Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge: 7,65
  9. Stadt Coburg: 7,27
  10. Landkreis Hof: 7,20 

In diesen Landkreisen Frankens ist die Überschuldung am geringsten

Im Landkreis Erlangen-Höchstadt leben frankenweit die wenigsten Menschen, die überschuldet sind. Die Quote in dieser Region liegt gerade einmal bei 3,90 Prozent. Der Landkreis Schweinfurt sichert sich in Franken mit 4,09 Prozent den zweitniedrigsten Wert. Der Landkreis Roth liegt mit 4,35 Prozent auf Platz 3. 

In diesen fränkischen Städten und Landkreisen gibt es statistisch gesehen die wenigsten überschuldeten Menschen (Überschuldungsquote in Prozent):

  1. Landkreis Erlangen-Höchstadt: 3,90
  2. Landkreis Schweinfurt: 4,09
  3. Landkreis Roth: 4,35
  4. Landkreis Würzburg: 4,38
  5. Landkreis Bamberg: 4,62
  6. Landkreis Main-Spessart: 4,66
  7. Landkreis Forchheim: 4,69 
  8. Landkreis Bayreuth: 4,79
  9. Landkreis Rhön-Grabfeld: 4,87
  10. Landkreis Ansbach: 4,92 

"Auffällig": Experte gibt Einschätzung ab - Überschuldungsfälle bei den Jüngsten nehmen zu

"Wir beobachten, dass nun erstmals seit 2020 die sogenannte 'weiche' Überschuldung, also nachhaltige Zahlungsstörungen, wieder ansteigt", erläutert Michael GoyYun", Geschäftsführer von Creditreform Boniversum und microm. Bei jüngeren Menschen sei die Nachfrage nach Ratenkrediten gestiegen. "Bei der jüngsten Alterskohorte (bis 29 Jahre) gibt es erstmals seit 2013 sogar eine Zunahme von Überschuldungsfällen und Gesamtquote." Den geringsten Rückgang der Überschuldungsquote verzeichnen die über 70-Jährigen. In der Langzeitbetrachtung sei das Gegenteil der Fall: Während sich vor allem junge Menschen (unter 30 Jahren) in den vergangenen zehn Jahren immer weniger überschuldeten, stieg die Überschuldungsquote der über 60-Jährigen im gleichen Zeitraum signifikant an. 

"Auffällig sei zudem", so Experte Goy-Yun, "dass einkommensschwache Haushalte weiterhin am meisten von Überschuldung betroffen sind." Eben diese Gruppe habe allerdings in den Krisenjahren seit 2019 sehr von den Stützungsmaßnahmen des Staates profitiert. Indes sind mehr Normal- und Gutverdiener in eine "Überschuldungsspirale" geraten: "Ganz konkret können das Menschen sein, deren Immobilienfinanzierung in diesem Zinsumfeld ausläuft, die eine Anschlussfinanzierung brauchen und plötzlich mit enormen finanziellen Mehrbelastungen zurechtkommen müssen."

"Die Überschuldung von Verbrauchern ist eng an die konjunkturelle Entwicklung geknüpft", führt Hantzsch weiter aus. Das Bürgergeld und der Anstieg des Mindestlohns 2022 haben Betroffene beispielsweise zwar für den Moment entlastet, "der Preis dafür ist aber besonders für die kleinteilige Wirtschaft hoch, da deren Lohnkosten langfristig steigen und personalintensive Branchen weniger Mitarbeiter finden". Hantzsch erläutert: "Die wirtschaftlichen Aussichten sind ungewiss, aber durch die Bank trübe", nicht zuletzt, da sich die Lage am Arbeitsmarkt auch wieder verschärfe.