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Mykoplasmen: Lungenentzündungen bei Kindern nehmen zu - Lage in Franken


Autor: Ralf Welz

Franken, Montag, 14. Oktober 2024

Bundesweit leiden derzeit besonders viele Menschen an Lungenentzündungen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind von der durch Mykoplasmen verursachte Krankheit betroffen. So ist die Lage in Frankens Krankenhäusern.
Mykoplasmen-Infektionen: Gibt es auch in Franken eine deutliche Zunahme?


Deutschlandweit ist seit Kurzem ein Anstieg von schweren Lungenentzündungen zu beobachten. Auslöser sind spezielle Bakterien: die sogenannten Mykoplasmen. Die Kleinstlebewesen werden in der Regel durch Tröpfcheninfektion übertragen. Spricht, hustet oder niest ein infizierter Mensch, gelangen die Mykoplasmen in die Luft. Infektionen mit dem Erreger treten zwar jedes Jahr auf, nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) allerdings nicht in dem hohen Maße wie aktuell.

Infektionen mit Mykoplasmen pneumoniae - so der lateinische Name - verlaufen im Allgemeinen mild, können aber manchmal auch schwerwiegend sein. "Die entsprechenden Antibiotika wirken gut", erklärt Biologe Roger Dumke im Gespräch mit der dpa. Der Wissenschaftler leitet das Konsiliarlabor des Robert Koch-Instituts für Mykoplasmen am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie des Uniklinikums Dresden. Er merkt an, dass resistente Erreger in Deutschland nur selten vorkommen. "Wir haben aktuell wesentlich mehr Fälle, und damit auch einen höheren Prozentsatz an schweren Erkrankungen", erklärt Dumke. "Die Welle ist unbestritten."

Klinikum Nürnberg behandelt Patienten mit Mykoplasmen-Infektion - "bereits über 150 Fälle"

Im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie sei ein Anstieg der Infektionen um das 10- bis 20-fache zu verzeichnen, so der Experte. In Bayern wurden laut der Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen in diesem Jahr bis Mitte September über 12.000 Infektionsmeldungen registriert. Mit dem Herbst treten wieder verstärkt Erkältungsbeschwerden wie Husten, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Fieber auf. Die heuer besonders aktiven Mykoplasmen befallen insbesondere Kinder und Jugendliche und können eine Lungenentzündung auslösen - in der Fachsprache Pneumonie genannt.

Doch wie sieht die aktuelle Lage in der Region aus? inFranken.de hat sich bei Krankenhäusern in Nürnberg, Fürth und Erlangen erkundigt. Im Klinikum Nürnberg werden auch Erwachsene mit einer Mykoplasmen-Infektion behandelt. "Insgesamt sind es in diesem Jahr bereits über 150 Fälle", teilt Sprecherin Julia Peter mit. Bei zwei Dritteln handele es sich dabei um Kinder, ein Drittel betreffe Erwachsene. "Einige wurden stationär behandelt, einige mit schwerem Verlauf", konstatiert Peter.

"Die meisten Erwachsenen sind im Alter zwischen 30 und 60 Jahren." Nach Angaben der Krankenhaussprecherin gab es Mykoplasmen-Epidemien früher auch schon - in der Regel alle drei bis sechs Jahre. "Eine nicht wissenschaftlich belegbare Erklärung für die aktuelle Situation könnte sein, dass die Herdenimmunität durch die Covid-19-Restriktionen abgenommen hat", erklärt die stellvertretende Pressesprecherin des Klinikums Nürnberg. 

Klinikum Fürth: "Seit Anfang Juni knapp 40 Kinder und Jugendliche stationär"

Auch im Klinikum Fürth gab es zuletzt zahlreiche Fälle von entsprechenden Lungenentzündungen. "Seit Anfang Juni haben wir knapp 40 Kinder und Jugendliche mit einer Mykoplasmen-Pneumonie stationär behandelt", schildert Jens Klinge gegenüber inFranken.de. Laut dem Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am Klinikum Fürth nimmt inzwischen jedoch Corona wieder einen höheren Stellenwert ein.

"Die Lage scheint sich etwas entspannt zu haben, derzeit rückt eher wieder Covid in den Vordergrund", berichtet der Mediziner. An der Kinderklinik gebe es derzeit wir keine Patienten mit einer nachgewiesenen Mykoplasmen-Pneumonie.

Laut Krankenhausangaben war indessen unlängst ein Anstieg an volljährigen Patienten zu verzeichnen. "Es mussten in letzter Zeit auch deutlich mehr Erwachsene wegen Mykoplasmen-Lungenentzündungen behandelt werden als gewöhnlich", teilt Kliniksprecherin Kerstin Kuhn mit. 

Auch Klinikum Erlangen verzeichnete Anstieg -  Lage aktuell aber "entspannt"

Am Universitätsklinikum Erlangen ist die Lage in Hinblick auf Lungenentzündungen durch Mykoplasmen nach Eigenaussage "entspannt". Aktuell gebe es keinen einzigen entsprechenden Patienten im Krankenbaus - weder in der Kinderklinik noch in der Klinischen Infektiologie. "Der zuletzt behandelte Patient bei uns wurde Anfang der Woche entlassen", berichtet Richard Strauß, stellvertretender Klinikdirektor der Medizinischen Klinik 1

Doch auch in Erlangen nimmt man im Vergleich zu früher eine Zunahme an Erkrankungen zu. "Wie auch in anderen Regionen haben wir 2023 und 2024 wieder mehr Mykoplasmen-Fälle bei Kindern und Erwachsenen behandelt", erklärt der Facharzt für Innere Medizin. "In der Corona-Pandemie waren die Mykoplasmen-Pneumonien selten", hält auch er fest. Entsprechende Häufungen ("Wellen") gebe es gleichwohl alle vier bis fünf Jahre. "Sie sind aber nichts Neues, sondern konnten auch schon vor der Corona-Pandemie beobachtet werden." Möglicherweise gebe es neben anderen Gründen wie eine verbesserte Diagnostik auch bei den Mykoplasmen-Pneumonien "Nachholeffekte" nach der Pandemie - "und die Welle ist diesmal stärker als in der Vergangenheit", konstatiert Strauß. 

Nicht immer liegt bei entsprechenden Symptomen eine ernste Erkrankung vor. Oft handelt es sich um einen Husten oder Schnupfen, der einfach nicht vergeht: Viele Menschen fühlen sich in der kalten Jahreszeit dauerhaft erkältet. Die besten Tipps gegen "Long Cold" gibt es in unserem Ratgeber-Ressort.

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