Wie definiert die Studie das Thema Sicherheit?
Wolfgang Steinle will die Studie auf eine "breitere Basis" stellen als reine Kriminalitätsstatistiken es tun, wie er im Gespräch mit inFranken.de erklärt. Daher unterteilte er das Ranking in vier Unterkategorien:
- Sicherheit im Straßenverkehr
- wirtschaftliche Sicherheit
- psychische und physische Gewalt
- gesellschaftlicher Dissens
Was aber bedeuten die jeweiligen Kategorien genau? Was hat Wolfgang Steinle untersucht? Im Gespräch macht er deutlich, was er mit der Studie schon einmal nicht erfassen kann und auch nicht will: Sowohl reine Kriminalitätsstatistiken zu liefern als auch die "gefühlte Sicherheit" zu messen seien nicht sein Ziel gewesen.
Letztlich lag der Ansatz irgendwo dazwischen: Auf Basis von Statistiken zu Kriminalität, Verkehr und Arbeitsmarkt wurden Aspekte identifiziert, die sich auf tatsächliche wie auf gefühlte Sicherheit auswirken.
Sicherheit im Straßenverkehr
Am einfachsten zu erklären ist diese Kategorie: Hier hat Steinle schlicht alle Verkehrsunfälle im jeweiligen Landkreis, bzw. in der jeweiligen Stadt erfasst - mit und ohne Personenschaden. Dabei berücksichtige er auch Unfälle, die auf Autobahnen im jeweiligen Gebiet passieren, also auch auf Stadtautobahnen, so Steinle auf Nachfrage. Bei dieser Kategorie hat der Wissenschaftler außerdem die Entwicklung der Jahre 2010 bis 2016 berücksichtigt. Die anderen Aspekte betrachten jeweils nur den aktuellsten Betrachtungszeitraum. Bamberg-Stadt liegt übrigens laut der Studie auf dem letzten Platz bei diesem Thema. Die Polizei in Oberfranken kritisiert diese Darstellung: "Welche Parameter für das Ranking im Magazin "Focus" herangezogen wurden, entzieht sich unserer Kenntnis", sagte Jürgen Stadter gegenüber inFranken.de. Die offizielle Statistik würde ein anderes Bild zeichnen.
Wirtschaftliche Sicherheit
Zur wirtschaftlichen Sicherheit zählt Wolfgang Steinle nicht nur Faktoren wie Arbeitslosenzahlen und Einkommen sowie Privatinsolvenzen, sondern eben auch Kriminalitätsstatistiken zu den Themen Betrug und speziell auch Cybercrime.
Das bedeutet: Als wirtschaftlich sicher wertet er nicht nur Gebiete, in denen man gut bezahlte Arbeit finden, sondern in denen man auch entsprechend wenig wirtschaftlich gefährdet ist durch Verbrechen, die auf das Erschleichen von Geld abzielen. Interessant: Am besten schneidet deutschlandweit das mittelfränkische Neustadt an der Aisch ab.
Psychische und physische Gewalt
Auch dieser Punkt wirkt auf den ersten Blick recht eindeutig. Hier sind Zahlen zu Gewaltverbrechen eingeflossen, die in der Statistik des Bundeskriminalamtes jährlich erfasst werden. Aber etwa auch Einbruchsdiebstähle zählt Steinle mit hinzu und berücksichtigt diese.
Warum das so ist? Er wolle nicht nur direkte physische Auswirkungen erfassen, sondern etwa auch den Sicherheitsverlust und das Unsicherheitsgefühl, das aus Einbrüchen resultiert. Hier zeigt sich der Ansatz des Wissenschaftlers, der nicht nur die nackte Statistik, sondern auch die Auswirkungen auf das Lebensgefühl der Menschen abbilden wollte. Oder besser die potenziellen Auswirkungen, denn die direkten psychischen Auswirkungen von Einbrüchen auf das Sicherheitsgefühl der Opfer lassen sich natürlich nicht quantifizieren, auch wenn sie unweigerlich vorhanden sind.
Das tatsächliche Sicherheitsgefühl kann davon stark abweichen, schließlich kommt es auch darauf an, wie sehr etwa Einbrüche im medialen Fokus stehen und somit auch Menschen verunsichert sind, die gar nicht betroffen sind. Hier muss auch nicht unbedingt ein proportionaler Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Verbrechen und dem Unsicherheitsgefühl bestehen.
Gesellschaftlicher Dissens
Der Punkt, der auf den ersten Blick am schwersten zu greifen ist, ist der gesellschaftliche Dissens. Es gibt keine amtliche Statistik, die diesen Wert führt. Steinle erklärt es so: Es gibt Themen, die für Konfliktpotenzial in der Gesellschaft sorgen, zum Beispiel Rauschgiftdelikte, Verstöße gegen das Asylrecht, der Ausländeranteil allgemein sowie kleinere Vergehen, die aber in ihrer Wirkung der Notwendigkeit der Ahndung umstritten sind wie Graffiti oder Schwarzfahren.
Treten entsprechende Faktoren in einer Stadt besonders häufig oder stark auf, wirkt sich das negativ auf das Teilranking in der Studie aus. Ob nun Graffiti wirklich das Konfliktpotenzial einer Stadt beeinflussen oder Schwarzfahrer das Sicherheitsgefühl nachhaltig beeinflussen, kann kontrovers diskutiert werden. Für Wolfgang Steinle sind sie jedenfalls mit ausschlaggebend beim Konfliktpotenzial einer Stadt. Der Regionalforscher betont aber im Gespräch, dass er damit nicht messen wollte und konnte, wie viele Konflikte tatsächlich in einer Stadt existieren.
Geht es nur mir so, oder gibt es noch andere, die diese "Studie" für das sozialwissenschaftliche Fachmagazin Focus, zumindest nach dieser Darstellung, für einen weiteren Beleg des Prinzips "garbage in, garbage out" halten?
Um die Frage in der Überschrift zu beantworten:
1. Es werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Ängste gemessen.
2. Das Allermeiste, vor dem wir in der ersten Welt Angst haben, das angesprochene "Unsicherheitsgefühl" bezieht sich in der Regel auf objektiv sehr unwahrscheinliche Ereignisse. Von daher, nein, die vom Dr. Steinle nicht gemessenen, aber medienwirksam suggerierten Ängste sind unbegründet.