Wer lacht, lebt länger, sagt der Clown Oleg Popov

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Ein Blättchen wird zum Bärtchen: Oleg Popov beweist auch im Alltag spontanen Humor. Foto: Andreas Oswald
Ein Blättchen wird zum Bärtchen: Oleg Popov beweist auch im Alltag spontanen Humor. Foto: Andreas Oswald
So kennt man ihn: Oleg Popov mit karierter Schirmmütze und roter Knollennase. Foto: Russischer Staatszirkus
So kennt man ihn: Oleg Popov mit karierter Schirmmütze und roter Knollennase. Foto: Russischer Staatszirkus
 
 

Wie man mit Humor alt wird, zeigt Weltklasseclown Oleg Popov erstmals auf der Gesundheits- und Seniorenmesse Seniofit-Aktifit am Sonntag, 13. Oktober, in der Jahnhalle.

Er ist 83 Jahre alt und hat sich seinen Humor bewahrt. Obwohl das Leben für ihn selbst manchmal zum Weinen war, hat er die Menschen fröhlich gemacht - und tut es immer noch. Gut Lachen haben somit die Besucher der Gesundheits- und Seniorenmesse Seniofit-Aktifit, wenn Weltklasse clown Oleg Popov ihnen am Sonntag in einer Woche auf der Bühne der Jahnhalle beweist, dass man mit Sonne im Herzen die Schatten des Alters erhellen kann.

Dass der russische Zirkuskünstler, für den die ganze Welt eine Manege ist, jetzt in Forchheim gastiert, liegt schlicht daran, dass dieser Auftritt ein "Heimspiel" für ihn ist. Denn Oleg Popov ist in Egloffstein zu Hause. "Schreiben Sie bitte nicht genau wo", lacht seine Frau Gabriela, "sonst kann es passieren, dass wir wieder ganze Busladungen von Menschen im Hof stehen haben". Versprochen.
Nur so viel: Die ländliche Villa liegt versteckt im Grünen.

Schon der phantasievoll angelegte Garten mit seinen Skulpturen verrät, dass hier ein Künstler sein Zuhause hat. Im Entree hält ein "stummer Diener" Wache, eine alte Zirkus-Drehorgel lässt ahnen, wer hier wohnt. Dann öffnet sich die Tür des großen, lichtdurchfluteten Wohnzimmers. Und da steht er: Oleg Popov - mit goldenem Zierband am schwarzen Hütchen, das keck auf dem Kopf sitzt, und buntem Schlips um den Hals, wirkt er einerseits clownig. In seinem moosgrünen Jacket, und mit silbergrauem Haar, aber andererseits auch ganz wie ein Gentleman. Ein kleiner Mann zwar - aber mit großer Ausstrahlung!

Schmerzliche Kindheit

So facettenreich seine Erscheinung ist, so vielschichtig ist sein Leben. Am 31. Juli 1930 wird Oleg Konstantinowitsch Popov unweit von Moskau in ärmlichen Verhältnissen geboren. Die Mutter erhält ein paar Rubel für das Retuschieren von Bildern. Der Vater verdient einen kargen Lohn in einer Uhrenfabrik - was ihm zum Verhängnis wird. Als eine speziell für den Diktator Stalin angefertigte Uhr zerbricht wird Olegs Vater 1937 verhaftet und verschleppt. "Wir haben ihn nie wieder gesehen", erzählt Oleg in seiner Biografie und gesteht unverblümt: " Dies ist und bleibt der größte Schmerz meines Lebens."

Doch ein Teil des Vaters lebt bis heute in ihm weiter: Der Humor. Oleg Popov sitzt jetzt daheim in Egloffstein am Kaffeetisch und denkt zurück an alte Familienzeiten: "Soweit ich mich an meinen Vater erinnere, war er ein sehr fröhlicher Mensch - und ich glaube, dass ich dies von ihm und meinem Großvater vererbt bekommen habe".

Den Clown im Blut

Schon als 14-Jähriger versteht er es, seine Sportskameraden bei einer Veranstaltung so zu begeistern, dass der Leiter der nahe gelegenen Schule des russischen Staatszirkus auf ihn aufmerksam wird. Er tritt zum anfänglichen Entsetzen der Mutter in die Zirkusschule ein - trainiert hart. Er lernt dort aber so gut zu jonglieren, zu tanzen, zu singen und seine Mimik zu beherrschen, dass er 1946 einen unbefristeten Vertrag beim Staatszirkus erhält. Die Zirkuskarriere im Zeitraffer: In den 50er-Jahren geht es steil bergauf. Der kleine Mann mit der großen karierten Mütze wird zum Publikumsliebling - nicht nur daheim in der Sowjetrepublik sondern auch in Westeuropa: München, Frankfurt, Berlin, Brüssel und Monte Carlo bringt er zum Lachen.

Ja sogar in Japan, Australien und im New Yorker Madison Square Garden feiert er überwältigende Erfolge. Die Krönung ist das Zirkusfestival in Monte Carlo 1982. Hier bekommt Oleg Popov von Fürstin Gracia Patrizia den Oscar der Zirkuswelt überreicht: Den "Goldenen Clown".

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Oleg Popov wird vom Schicksal abermals hart geprüft, als seine Frau Alexandra 1989 unheilbar an Krebs erkrankt. Eine Tragödie für den Clown: Sie stirbt während er in Hamburg einen Auftritt hat. Tagelang weint Popov hinter der Bühne.

"Die Augen des weinenden Clowns" - sie sind Liedtext (Nicole) und sie sind Bildmotiv. Ist der traurige Clown ein Klischee? "Ein Clown ist natürlich nicht davor gefeit, dass auch er einmal weinen muss", gibt Oleg Popov zu. "Aber Weinen und Lachen liegen nah' beieinander - beides sind Gefühle." Die Tragödie und die Komödie gehörten zueinander - so wie das Licht und der Schatten, erklärt der weise Clown.

Neues Glück in Franken

Ein neues privates Glück findet der damals 61-Jährige, als er 1991 die 32 Jahre jüngere Gabriela kennenlernt. Eine Romanze, die Stoff für einen eigenen Roman abgeben würde. Nur soviel: Die pferdebegeisterte Gabriela wollte im Zirkus eigentlich nur die Kosakenreiter sehen. Er bemerkt sie auf dem Stehplatz, bietet ihr einen Stuhl an - jetzt sitzen beide, längst verheiratet, am Kaffeetisch daheim in Egloffstein.

Warum ausgerechnet hier, im Herzen der Fränkischen Schweiz, und nicht in einer Metropole dieser Welt? "Weil ich Egloffsteinerin bin", verrät Gabriela Popov. Ist auch sie vom Zirkusfieber infiziert? "Natürlich", sagt Gabriela, die mit Oleg in zahlreichen Reprisen zusammenspielt. "Wir haben eine wunderbare Stepp-Nummer", erzählt sie: "Er gibt mit einer kleinen Trommel den Takt an, und ich steppe dazu auf einer großen Trommel." In einer Illusions-Nummer zaubert er ihr in Sekunden ein Abendkleid, und sie beweist ihre Dompteurkünste mit einer dressierten Ratte, die zur Überraschung des Publikums Fallschirm springen kann.

Die Klugheit des Narren

Oleg Popovs Rolle ist meist die des "dummen August". Darin vermittelt er viel Lebensklugheit: "Die Figur, die ich spiele stammt aus einem russischen Märchen, das angelehnt ist an 'Hans im Glück'." Darin werde einer von drei Brüdern immer als der Tölpel angesehen. "Am Ende ist der Dumme aber der Klügere - denn er hat das Leben besser gemeistert als die anderen."

Aus diese Erkenntnis, so erklärt Oleg Popov, hätten sich die Herrscher einen Hofnarren gehalten: als Ratgeber. "Wenn der Zar einen Menschen haben wollte, der ihm die Wahrheit sagt, dann hat er den Narren gefragt!"
Oleg Popov hat sich mit 83 seinen Humor bewahrt und geht immer noch auf Tournee. Nach dem Auftritt bei der Seniofit am Sonntag, 13. Oktober, reist er noch am gleichen Tag nach Leipzig, wo er abends ein Gastspiel hat.
Schon im November steht eine Zirkusproduktion in Israel auf dem Terminkalender - und danach in Bonn der Weihnachtszirkus. "Eines ist wichtig im Alter", verrät er: "Man muss in Bewegung bleiben - körperlich und geistig."

Humor könne man natürlich nicht erlernen, betont Oleg Popov. "Entweder man hat ihn, oder nicht", erklärt der Clown. "Aber ich kann eines sagen: Wer viel lacht, lebt länger!"