Volkstrauertag: im Gespräch mit Stadtführer Klaus Fößel

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Stadtführer Klaus Fößel unter dem Baldachin der Reuder-Kapelle Fotos: Herbst
Stadtführer Klaus Fößel unter dem Baldachin der Reuder-Kapelle Fotos: Herbst
Privatgrab Kammerer
Privatgrab Kammerer
 
Gedenkstein am Ossarium
Gedenkstein am Ossarium
 
Die Gedenkstätte "Deutscher Osten"
Die Gedenkstätte "Deutscher Osten"
 
 
 
 
 
Weihwasserkessel mit Zigarette
Weihwasserkessel mit Zigarette
 
Soldatengräber für Tote des Zweiten Weltkrieges
Soldatengräber für Tote des Zweiten Weltkrieges
 
 
Die Geschichte des Friedhofes, in Stein gemeißelt
Die Geschichte des Friedhofes, in Stein gemeißelt
 
Der Baldachin
Der Baldachin
 
 
 
 
Das Grab von Dechant Reuder, dahinter der von ihm gestiftete Baldachin aus dem Jahr 1797.
Das Grab von Dechant Reuder, dahinter der von ihm gestiftete Baldachin aus dem Jahr 1797.
 
Das Ossarium
Das Ossarium
 
 
Das Grag von Heimatpfleger Kaupert, gestaltet vom Neunkirchner Künstler Felix Mülle
Das Grag von Heimatpfleger Kaupert, gestaltet vom Neunkirchner Künstler Felix Mülle
 

Nicht nur am Volkstrauertag: Ein Gang über die Friedhöfe bereichert das Leben, findet Stadtführer Klaus Fößel.

Wer den Bezug zur Wirklichkeit verliert, sollte sich der eigenen Sterblichkeit erinnern. Dieser alten Idee des "Memento mori" kann Klaus Fößel auch heute noch etwas abgewinnen. Doch der Stadtführer schätzt einen Gang über den Friedhof nicht nur, um über die Vergänglichkeit zu sinnieren, sondern um etwas zu erzählen. "So ein Friedhof hat immer eine gute Geschichte."

Der 69-Jährige steht vor der Aussegnungshalle, zeigt auf die Mauer, auf das Feld der Grabsteine; dann lässt er vor dem geistigen Auge seiner Begleiter jene Zeit aufleben, als der Alte Forchheimer Friedhof noch gar nicht so alt war. In den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts war der Kirchhof offen, Fuhrwerke fuhren herum, Hunde streunten.

Gefahr von Seuchen

Die Jahrhunderte zuvor waren die Toten der Stadt direkt neben der Martinskirche beerdigt worden.
"Die Menschen wollten näher an der Kirche und ihren Heiligen sein, weil sie auf deren Fürsprache bei Gott hofften", sagt Fößel. Doch wegen der Seuchengefahr wurde die Bestattung mitten in der Stadt 1795 endgültig verboten.
Unweit der Aussegnungshalle deutet der Stadtführer auf die "Pfarrer-Gräber."

Namen wie Nikolaschek und Fiedler stehen auf den Steinen. Und so wie die Geistlichen ihre eigene Abteilung haben, so lassen sich die 27 000 Quadratmeter des Alten Friedhofes mit seinen über 5000 Grabstellen in viele Themen-Felder aufteilen.

"Neue Heimat" nennt sich der Teil nördlich der Aussegnungshalle. Hier sind die Gräber jener Menschen, die nach Krieg und Flucht in Forchheim ein neues Zuhause gefunden hatten.

1500 Knochen

Vorbei an der Gedenkstätte "Deutscher Osten" führt Klaus Fößel zu einem Gedenkstein, "den auch unter den alten Forchheimern nur wenige kennen".

Es ist das sogenannte Ossarium (Gebeinhaus). Im Jahr 1954, als es den Friedhof an der Martinskirche schon lange nicht mehr gab, wurden 1500 Knochen von St. Martin auf den Alten Friedhof überführt. "Hier erwarten ihrer Auferstehung die Gebeine von über 1500 Toten Vorfahren", steht auf dem Gedenkstein.

Kein üblicher Teil

Klaus Fößel war Zeit seines Lebens Polizeibeamter. Seitdem er im Ruhestand ist, widmet er sich intensiv der Stadtgeschichte. Führungen über den Friedhof seien aber nicht Teil des üblichen Programms eines Stadtführers, sagt er.

Obwohl doch auch die Grabsteine viel Geschichte gespeichert haben. Fößel erzählt von jener Zeit, als die Franzosen Grabsteine missbrauchten, um sich Backöfen daraus zu bauen. Und dann hält er an dem achteckigen Baldachin inne, der ebenfalls eine Geschichte über die Franzosen erzählt. Und über den in Forchheim geschätzten Johann Baptist Reuder.

Er war von den französischen Besatzern als Geisel genommen und in die Ardennen verschleppt worden. Ein Jahr saß er in der Festung Charlemont. Dort hatte er ein Gelöbnis abgelegt, das Reuder, als er im Juli 1797 freikam, auch erfüllte: Er, der nach der Säkularisation der erste Stadtpfarrer wurde, baute jene Kapelle, die heute wenige Meter neben seiner Grabstätte steht.

Wer sich für die Historie des Forchheimer Friedhofes interessiert, kann Grundkenntnisse auch im Alleingang erwerben: Im östlichen Teil des Gräberfeldes hat die Stadt eine Steinwand aufgestellt, in die die "Geschichte dieses Friedhofes" gemeiselt ist. Und wer dann die Straßenseite wechselt und vom alten Friedhof an der Birkenfelder Straße hinüber zum Neuen Friedhof an der Haidfeldstraße geht, der taucht in eine völlig andere Stimmung ein. 4000 Bäume wurden hier in den 50er Jahren gepflanzt. Mit den alten Geschichten scheint dieser Friedhof keine Berührung mehr zu haben. Hier gibt Urnenstelen; eine "Armenabteilung" und seit 1956 auch eine Abteilung für islamische Glaubensangehörige. Der neue Friedhof macht auch bewusst, wie sehr sich die Einstellung zum Tod verändert hat.

Manche lassen sich unter Bäumen, manche anonym begraben. Und manche scheinen eigene Riten zu pflegen. Klaus Fößel weist auf das Grab einer Großfamilie hin. Es sei immer prächtig und blumenreich geschmückt. Am Rand des Grabes ist ein kleiner Weihwasserkessel in den Stein eingelassen. Unter dem Deckel des Kessels ist eine Zigarette eingeklemmt. Sie werde, hat Klaus Fößel beobachtet, immerzu erneuert.