Die Forchheimer Stadträte wollten am Montag die Fehler bei der Rathaussanierung klären. Das gelang nur teilweise.
Der Stadtrat hatte am Montag bereits zweieinhalb Stunden debattiert, als Sabine Dittrich (FGL) etwas ratlos darauf hinwies, dass die entscheidende Frage noch immer nicht beantwortet sei: "Warum gab es einen Planungsstopp?"
Auch am Tag nach der "Sondersitzung zur Rathaussanierung" war diese Frage für den Architekten Gregor Fischer (Kronach) ohne Antwort geblieben. Dennoch war Fischer erleichtert. Denn der Stadtrat hatte nach viereinhalb turbulenten Stunden und drei Sitzungsunterbrechungen einen Fünf-Punkte-Plan beschlossen. Darin werde der Planungsstopp aufgehoben und das "uneingeschränkte Vertrauen" zum Planungsteam betont, freut sich Fischer, "es werden jetzt alle unsere Forderungen umgesetzt."
Auch Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) war am Dienstag erleichtert über den "positiven" Verlauf der Sondersitzung: Das "Info-Defizit" sei nun ausgeglichen: "Wir haben jetzt alle Fakten auf dem Tisch."
Die Wiedereinbindung des Planungsteams in die Projektsteuerungsgruppe der Verwaltung sei der "absolut logische nächste Schritt". Der "springende Punkt" laut Kirschstein: Um bis Mitte Juni eine "verbindliche Entscheidung der Rathausnutzung" (so der einstimmige Beschluss des Rates) treffen zu können, müsse der Stadtrat auch die Nutzung des Kolpingshauses klären und den Isek-Prozess vorantreiben: "All diese Fakten müssen verknüpft werden", sagt Kirschstein.
Katalog mit 20 Fragen
Am Montag war der OB kurz vor der Sitzung mit einem Katalog von 20 Fragen konfrontiert worden. Sämtliche Gruppierungen des Stadtrates (außer der SPD) hatten den Katalog unterzeichnet, weil sie der Auffassung waren, dass "die Tagesordnung nicht dem Antrag der Sondersitzung entspricht", wie es Ulrich Schürr (JB) formulierte. Kirschstein konnte die meisten der 20 Fragen (zum Zeitplan der Sanierung, zur Finanzierung, zu Haftungsfragen und Ähnliches mehr) allerdings spontan gar nicht beantworten.
Eine Stunde wurde allein über das Prozedere gestritten. "Relativ erbärmlich" fand das Sebastian Körber (FDP). Dann berichtete Architekt Gregor Fischer über die Folgen des Planungsstopps seit Dezember 2016: "Ich bin noch immer überrascht. Es ist bedauerlich, dass wir kaltgestellt wurden. Die Ursachen kenne ich bis heute nicht." Er habe ein halbes Jahr Zeit verloren, Mitarbeiter entlassen und sich neue Aufträge suchen müssen. Ähnliches berichtet Tragwerksingenieur Bernd Mittnacht.
Der Oberbürgermeister räumte ein, die Dinge "vielleicht zu defensiv und zu zögerlich hinterfragt" zu haben. Er habe sich und seinen Mitarbeitern die Chance geben wollen, die Kompetenzen verwaltungsintern abzufragen. Dabei, so warf Manfred Hümmer (FW) dem OB vor, sei so viel Zeit vergeudet worden, dass sich die Sanierung um mindestens 600 000 Euro pro Jahr verteuern werde.
"Sehr betroffen und sprachlos" zeigte sich Annette Prechtel (FGL): "Es wird jetzt offensichtlich, wie viel am Stadtrat vorbeigelaufen ist. Ich bin schockiert über das, was heute auf den Tisch kommt."
Uwe Kirschstein verteidigte sich: "Wir befinden uns mitten in einem Verfahren, das wir nicht begonnen haben." Damit spielte er darauf an, dass noch unter Alt-OB Franz Stumpf Parameter der Rathaussanierung festgelegt wurden (etwa die Nutzung als Verwaltungsgebäude), die überholt seien.
Plan ohne Ziel
"Die Zeitverzögerung hat nichts mit der Nutzung zu tun", kritisierte FDP-Rat Sebastian Körber. Der OB dürfe sich nicht hinter dem Argument der Nutzung "verstecken". Auch Manfred Hümmer betonte: Die Fachplaner hätten trotzt fehlenden Nutzungskonzeptes "parallel" weiterarbeiten können. Dem widersprach Kirschstein: Es stünden keine Fördermittel für den Bau bereit, solange die Nutzung nicht geklärt sei: "Wenn ich kein Ziel habe, kann ich nichts beplanen."
Heike Schade (FGL) sah den wunden Punkt in einem ungeklärten Konflikt zwischen der Forchheimer Bauverwaltung und den Experten des externen Planungsteams. "Ich sehe die Verwaltung schäumen", registrierte Heike Schade. Die "gesamte Kommunikation" passe offensichtlich nicht. Wobei die FGL-Rätin auch appellierte, die "Rechthaberei" der Kirschstein-Kritiker aufzugeben.
"Super-Arbeit" wird fortgesetzt
René Franz, der Chef des Bauamtes, betonte am Dienstag nochmals die "Super-Arbeit" der Experten vom Planungsteam. Sie hätten die Bedeutung des Forchheimer Rathauses als Denkmal nationalen Ranges herausgearbeitet.
Dennoch, so Bauamtsleiter Franz, könne die Sanierung nicht weitergehen, solange die Nutzung nicht geklärte sei: ohne Nutzungskonzept keine Fördergelder. Das Projektteam betone die historische Bedeutung und Schönheit des Rathauses, sagt Franz. Doch der Stadtrat habe die schwierige Frage zu beantworten, wie aus dem Rathaus ein "Magnet für die Stadt" werden könne - "ein Bürgerhaus mit Strahlkraft nach außen und kein totes Haus."
Kommentar: Wo bleibt die Sondersitzung "Vertrauen"?
Nach der Sondersitzung zur Rathaussanierung hatten einige Beobachter den Eindruck, eine "surreale" Inszenierung miterlebt zu haben. Wohl deshalb, weil der Streit um den Planungsstopp auch mit verwaltungsinternen Querelen zu tun hat, über die keiner sprechen will. Einige Experten im externen Planungsteam wünschen sich Sigrun Wagner als Projektleiterin zurück. Doch OB Uwe Kirschstein hat sie nun mal ausgewechselt und muss sich dafür nicht öffentlich rechtfertigen. Dennoch hat die Sondersitzung zur Aufklärung beigetragen: Wir wissen nun, dass die Rathaus-Sanierung ein halbes Jahr brach lag, weil OB Kirschstein den Informationsaustausch scheute und verzögerte. Der fruchtbare Streit vom Montag hätte ohne weiteres Monate früher stattfinden können. Den Vorwurf, die Stadträte in diesem Sanierungsprozess nicht mitgenommen zu haben, muss sich Uwe Kirschstein gefallen lassen. Mit anderen Worten: Das zuletzt so oft beschworene fehlende Vertrauen zwischen ihm und der Stadtratsmehrheit fehlt nach wie vor.
Beinahe rührend wirkt es da, dass die Stadträte einstimmig beschließen, den externen Planern von nun an "uneingeschränktes Vertrauen" entgegenzubringen. Zwischen OB und Stadtrat fehlt es aber an Vertrauen und transparenter Kommunikation. Eine Sondersitzung zu diesem Thema wäre aufschlussreich.