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Genervte Pendler, schlechte Organisation: So läuft der Schienenersatzverkehr zwischen Nürnberg und Forchheim


Autor: Ronald Heck

Forchheim, Mittwoch, 24. Oktober 2018

Noch bis Freitagnacht fahren keine Züge mehr zwischen Fürth und Bamberg. Unser Reporter hat den SEV nach Forchheim getestet und genervte Pendler getroffen.
Am Nürnberger Hauptbahnhof suchen die Zugreisenden den richtigen  Schienenersatzverkehr: Die Bahnstrecke zwischen Bamberg und Fürth ist derzeit voll gesperrt. Die Busfahrt nach Forchheim entpuppt sich als Geduldsprobe. Foto: Ronald Heck


Mein Abenteuer beginnt morgens am Nürnberger Hauptbahnhof: Um 8.05 Uhr startet der Bus, der mich zur Arbeit nach Forchheim bringen soll. Seit Samstag fahren wegen umfangreicher Bauarbeiten keine Züge mehr auf der wichtigen Pendlerstrecke Fürth-Bamberg. Die Bahnreisenden müssen auf Busse umsteigen. Anfang der Woche ist es zu teils chaotischen Zuständen gekommen, weil zu wenig Busse bereit standen. Wie läuft der Schienenersatzverkehr jetzt?

Ein Blick in die Online-Fahrplanauskunft verrät: Mein Arbeitsweg wird während der Vollsperrung viel länger dauern. Statt wie sonst 25 Minuten im Regionalexpress, rechnet die Deutsche Bahn bis Forchheim mit 52 Minuten Busfahrt. Vorneweg: Mein Ersatzbus wird deutlich später ankommen. Zumindest den richtigen Bus zu finden, war in Nürnberg kein Problem. Zwei Bahnmitarbeiterinnen halfen den suchenden Pendlern am Südausgang des Bahnhofs. Innerhalb weniger Minuten war der Reisebusse bis auf den letzten Platz besetzt. Fünf Pendler müssen während der Fahrt stehen, aber keiner geht leer aus.

Zu wenig Plätze und Gedränge

Das war Anfang der Woche nicht der Fall: Am Montag räumte die Deutsche Bahn ein, dass auf der Strecke zu wenig Busse eingesetzt wurden. Die Pendlerin Julia Grohganz erzählt, wie in Hirschaid und Forchheim am frühen Dienstagmorgen Fahrgäste nicht mehr einsteigen konnten, weil die Busse überfüllt waren. "Sowohl Jüngere als auch Ältere mussten teilweise von Bamberg bis Erlangen eng aneinander gedrängt stehen", klagt Grohganz.

Der Schienenersatzverkehr sei "nicht zufriedenstellend angelaufen", räumt auf Nachfrage ein Bahnsprecher ein. Deshalb habe die Deutsche Bahn nachgebessert. "Derzeit fahren über 20 Busse mehr als zu Beginn der Streckensperrung. Nach unseren Erkenntnissen kommt es aktuell zu keinen Kapazitätsengpässen mehr", erklärt der Sprecher.

Beim Schienenersatz für den Regionalexpress reichen die Plätze. Mein Bus fährt pünktlich in Nürnberg los. Doch wegen des Berufsverkehrs braucht er allein eine Viertelstunde bis auf die Autobahn.

Wie zu erwarten stockt der Verkehr auch auf der A 73. Im Bus werden die Gäste sichtlich nervöser. Viele Pendler sind offensichtlich wegen der Streckensperrung von den Gleisen ins Auto umgestiegen. Zum Vergleich: Eine Bekannte braucht mit dem Pkw an diesem Tag von Nürnberg nach Forchheim auch rund 20 Minuten länger. Hinzu kommt: Auch auf der A 73 gibt es zur Zeit Behinderungen wegen Bauarbeiten.

Anschlusszug verpasst

Der SEV-Bus fährt erst kurz vor 9 Uhr auf den Erlanger Busbahnhof - eigentlich sollte ich jetzt bereits in Forchheim sein. In Erlangen steigen viele Reisende aus, kurz darauf fährt der Bus nur halb voll weiter. Wir sind fast 20 Minuten zu spät dran, einige Fahrgäste sind genervt. Eine Pendlerin klagt: "Jetzt verpasse ich sicher meinen Anschlusszug in Bamberg!" Um 9.21 Uhr kommt der Reisebus dann endlich in Forchheim an. Dutzende Menschen warten bereits vor dem Bahnhof und wollen in Richtung Bamberg.

Das Fazit meines Abenteuers Schienenersatzverkehr: Der Ersatzbus verspätete sich um 20 Minuten und ich brauchte fast dreimal solange von Nürnberg nach Forchheim.

Kommentar von Ronald Heck: "Kein Ersatz für die Bahn"

"Kein Ersatz für die Schiene! Das sind die Busse des Schienenersatzverkehrs, die seit Samstag zwischen Bamberg und Nürnberg unterwegs ist. Mit einem zwinkernden Auge könnte man jedoch auch sagen: Ein Gutes hat das momentane Verkehrschaos in Franken - der Wunsch nach einem gut funktionierenden und ausgebauten Bahnverkehr nimmt zu.

An Tag fünf der Vollsperrung der Zugstrecke Bamberg-Fürth wird klar, dass die Deutsche Bahn besser werden muss. Peinlich genug, dass sie am Montag zu wenig Ersatzbusse eingeplant hat. Offensichtlich wissen die Verantwortlichen bei der DB selbst nicht, wie viele Franken gerne mit dem Zug zur Arbeit oder in die Schule fahren möchte. Der ohnehin schon "schlechte Ruf" der Deutschen Bahn leidet zurecht, wenn das Unternehmen ihre zahlende Kunden morgens am Bahnhof stehen lässt oder die Pendler sich in Busse quetschen müssen.

Doch deswegen nie wieder Zugfahren oder die Deutsche Bahn boykottieren? Das ist auch keine Alternative. Der Verkehrskollaps auf der vollgestopften A 73 zeigt auch, wie dringend wir einen guten öffentlichen Bahnverkehr brauchen. Wer statt einer halbstündigen Zugfahrt, eineinhalb Stunden im Bus oder über eine Stunde im Auto fahren muss, der sehnt sich nach der Bahn."