Constanze Pott sitzt im Kirchenvorstand der evangelischen Kirche in Neunkirchen am Brand. Als Synodale vertritt sie zudem die Interessen der Christen in Gräfenberg und Erlangen. Seit Kurzem lebt sie öffentlich als Frau und berichtet, wie sie ihr Outing erlebt hat.
- Neunkirchen am Brand: Transfrau outet sich bei Landessynode der evangelischen Kirche
- "Macht kein Mensch aus Spaß": Constanze Pott äußert sich zum Hintergrund
- "Ist viele Jahre in mir": So erlebt die 52-Jährige ihr Coming-out in der Kirche
Constanze Pott spielt Orgel in der evangelisch-lutherischen Christuskirche in Neunkirchen am Brand (Landkreis Forchheim). Dort sitzt sie auch im Kirchenvorstand und vertritt als Synodale die Interessen der Christen in den Dekanaten Gräfenberg und Erlangen. Vor wenigen Wochen, bei der Synode der bayerischen Landeskirche, gab Pott ihre Geschlechtsangleichung zur Frau bekannt. Viele kannten sie bis zu diesem Zeitpunkt noch als Philipp.
"Lange Leidensgeschichte": Constanze Pott outet sich bei Synode der Kirche als Transfrau
"Es ist ja schon viele, viele Jahre in mir. Man muss wissen, dass das kein Mensch aus Spaß macht, sondern dass da eine lange Leidensgeschichte dahinter steckt", erklärt Pott ihr Outing gegenüber inFranken.de. "Es wird sich keiner aus freien Stücken outen", da damit auch die medizinischen Behandlungen einhergingen. Sie selbst habe den Schritt des Outings "in der Kirche sehr positiv erlebt", viele junge Christen seien beeindruckt gewesen, "dass die Kirche da so offen ist". Zuvor habe es bereits ein "stilles Outing" gegeben: "Ich war schon im Rock oder im Spitzenoberteil auf zwei Veranstaltungen und habe beobachtet, wer kritisch schaut und Gespräche gesucht", so die 52-Jährige. Zudem habe der Landesbischof hinter ihrer Entscheidung gestanden.
"Innerhalb der Kirche gibt es immer einen positiven Dialog, die Gespräche waren manchmal Verständnis suchend, doch niemals ablehnend oder kritisch", beschreibt Pott die Reaktionen. Ihr Leben habe sich durch diesen Schritt "fundamental" geändert: "In der Kirche ist es so, dass ich als Frau wirken kann, ich kann anders wirken. Die ganze Perspektive verschiebt sich."
Auch ihr Arbeitgeber Siemens, bei dem Pott als Beraterin für Künstliche Intelligenz arbeitet, habe positiv auf ihr Outing reagiert. Ihr neuer Arbeitsausweis mit angepasstem Namen sei bereits geliefert worden. Die 52-Jährige werde den medizinischen Weg, unter anderem in Form von notwendigen Operationen, weitergehen, betont aber: "Ich stehe jetzt ganz am Anfang." Eine Umwandlung sei sehr "komplex" und dauere mehrere Jahre.
52-Jährige Fränkin engagiert sich auch bei Pride-Bewegung
Im theologischen Sinne habe ihr Coming-out die "befreiende Wirkung eines Sündenbekenntnisses" gehabt, so Pott. "Es ist ein sehr großer Stein, der einem vom Herzen fällt. Ich hätte den Schritt nicht gemacht, wenn ich nicht der Meinung gewesen wäre, dass ich danach glücklicher bin." Als Synodale sei man eine Person der Öffentlichkeit, da die Synoden beispielsweise auch überall - unter anderem auf YouTube - veröffentlicht werden.
So erklärt sich die 52-Jährige aus Neunkirchen am Brand die große mediale Aufmerksamkeit ihres Outings. Viele Menschen seien neugierig, doch es gebe auch kritische Stimmen zu ihrem öffentlichen Bekenntnis, so Pott. Sie engagiere sich zusätzlich in der Pride-Bewegung, bei der die Sichtbarkeit lesbischer, schwuler, bisexueller und transsexueller Menschen gefördert werden soll. Zudem werde sie im Juni 2023 auch am Evangelischen Kirchentag in Nürnberg mitwirken.