Ab 1. Juli zahlen die Krankenkassen den deutschen Dialysezentren weniger Zuschüsse. Das Forchheimer Nierenzentrum ringt nun mit der Frage, wie es die Einbußen kompensieren kann, ohne seine Patienten zu gefährden.
                           
          
           
   
          Drei Mal in der Woche kommen Artur Gärtner und Erwin Metzner zur Nachmittagsschicht nach Forchheim in das KfH (Kuratorium für Dialyse- und Nierentransplantation). Die Dialyse ist eine anstrengende und auch unangenehme Prozedur, die aber lebensnotwendig ist. Ohne Dialyse würden alle nierenkranken Patienten je nach Schweregrad innerhalb von fünf Tagen bis drei Wochen sterben. 
Zwei oder drei Tage Pause liegen zwischen den Dialysebehandlungen. Bei manchen Patienten ist nach dieser Zeit schon eine kritische Phase erreicht, weiß Dr. Gunther Heß. 
Ein weiterer Tag ohne Blutwäsche wäre in diesen Fällen nicht denkbar. Etwa viereinhalb Stunden dauert die reine Dialysebehandlung.
Bislang haben die Krankenkassen für drei Dialysebehandlungen in der Woche im Schnitt 520 Euro bezahlt. Zum 1. Juli soll diese Wochenpauschale nun gesenkt werden. "Das betrifft jeden Patienten", warnt Heß, der mit Dr. 
Ingrid Oltsch die ärztliche Leitung im Forchheimer Dialysezentrum innehat. Die Pauschale für die Blutwäsche hat sich in der Vergangenheit am Alter der Patienten und deren Zusatzerkrankungen orientiert. "Für Patienten bis 60 Jahre wurden 504 Euro, für Patienten über 60 Jahre 520 Euro Wochenpauschale bezahlt", sagt Werner Griebel. Er ist Verwaltungsleiter des KfH. Für ältere Patienten mit Diabetes wurden 530 Euro bezahlt. 
  
  Mehr Geld als eigentlich nötig? Mit der Neuregelung berechnet sich die Pauschale nun an der Anzahl der Patienten. So wird für die Behandlung der ersten 50 Patienten künftig nur noch 485,80 Euro entrichtet, für den 51. bis 100. Patienten 466,30 Euro und von den 101. bis 150. Patienten 417,50 Euro. 
Damit müssen die Dialyseeinrichtungen künftig die Vor- und Nachbereitung ebenso bezahlen wie Miete, Reinigung oder die Bezahlung eines Technikers, um Geräte zu reparieren. 
 "Die Analyse der Dialyse-Sachkosten hatte ergeben, dass die gesetzliche Krankenversicherung für die Dialyse-Sachkosten mehr Geld überweist, als die Ärzte dafür benötigen", erläuert Ann Marini die Entscheidung. Sie ist stellvertretende Pressesprecherin des GKV-Spitzenverbands in Berlin. 
Die Kürzungen beziehen sich laut Marini allerdings nur auf Zentrums- und Praxisdialysen oder die zentralisierten Heimdialysen. Nicht betroffen seien unter anderem Kinder- und Feriendialysen. Mit etwa 40 Prozent sind Diabetiker die Hauptgruppe unter den Dialysepatienten, und alleine in Forchheim machen sie etwa 30 bis 35 Prozent der wöchentlich 80 behandelten Patienten aus. 
Dennoch sollen die Zentren künftig bei gleichbleibender Behandlung mit durchschnittlich 100 Euro weniger pro Woche pro Patient auskommen. "Wir müssen diese Absenkung kompensieren. Wir versuchen sie aber vom Patienten fernzuhalten", sagt Verwaltungschef Griebel. Materialkosten können nach seiner Ansicht allerdings kaum eingespart werden. Bleibt das Personal. Allerdings sagt Griebel auch: "Wir wollen und dürfen den Patienten nicht gefährden." Denn eine Dialysebehandlung ist mit den viereinhalb Stunden Blutwäsche nicht getan. Das Gerät wird vorbereitet, desinfiziert, der Katheder wird ans System angeschlossen, und das Gerät muss wieder abgebaut werden. 
 Das KfH will erst nach der ersten Absenkung des Zuschusses überprüfen, wie und wo die Einrichtung künftig Geld einsparen kann. Eine weitere Absenkung ist schon für das Jahr 2015 geplant. 
"Kann ich das bisherige Angebot aufrecht erhalten?", nennt Werner Griebel eine der Fragen, die es dann zu beantworten gilt. 
  
  Aus dem ganzen Landkreis  Definitiv auf den Prüfstand kommen die verschiedenen Schichten einer Dialysebehandlung. Die Einheiten am Nachmittag oder in der Nacht nutzen vor allen Dingen Berufstätige. 
 80 Patienten behandelt das KfH pro Woche. Je mehr Patienten ein Dialysezentrum aber künftig hat, desto weniger Pauschale fließt.
Die Einrichtung in Forchheim ist das einzige Dialysezentrum im Landkreis. "Die Patienten kommen hier aus dem gesamten Landkreis Forchheim", erklärt Heß. Die nächsten Zentren liegen in Erlangen, Bamberg, Höchstadt, Pegnitz oder Lauf. Eine denkbare Zusammenlegung einzelner Zentren oder von Behandlungsschichten wäre aber für die Patienten mit erheblichen Nachteilen verbunden. 
 
Für Artur Gärtner, der aufgrund genetisch bedingter Zystennieren seit sechs Jahren zur Dialyse muss, ist sein Nachmittagstermin wichtig. Er ist für ihn praktisch, da ihn seine Frau auf dem Weg zur Arbeit einfach im Dialysezentrum absetzt. "Nach der Dialyse braucht man eine Erholungsphase", sagt der schwerkranke Patient. Die Abendstunden verbringt er dann gerne mit seiner Frau. "Man sagt, eine Dialyse ist für den Körper wie ein Marathonlauf", sagt Gärtner. 
"Nach der Dialyse fühlt man sich gleich wohler, fast wie ein normaler Mensch", meint auch Erwin Metzner. Er ist erst seit vier Wochen im Forchheimer KfH in Behandlung. In der Nachmittagsschicht. Das KfH in Forchheim bietet Dialysebehandlungen montags, mittwochs und freitags von 7 Uhr bis 22 Uhr und dienstags, donnerstags und samstags von 7 Uhr bis 13 Uhr an. 
  
  Förderung der Heimdialyse  Auch der 47-jährige Erwin Metzner hat die Nachmittagsschicht bewusst gewählt. "Ich möchte wieder stundenweise bei meinem früheren Arbeitgeber arbeiten", erklärt er. Das würde viel schwieriger werden, wenn Schichten wegfallen oder nur an einem anderen Standort angeboten werden. 
Eine andere Möglichkeit wäre, die Heimdialyse zu fördern. "Von 20 Patienten kommt ein Patient infrage, der das umsetzen kann und will", lässt Griebel aber keine allzu große Erwartungen zu.
Die Entscheidung der Kassen bedeutet eine große Umverteilung. Denn die eingesparten Gelder sollen für die ambulante Betreuung nierenkranker Menschen, die noch keine Dialyse benötigen, verwendet werden. Das vermutet zumindest Heß. 
So oder so. Gekürzt wird künftig bei schwerkranken Menschen. Doch ohne Dialyse droht Patienten wie Erwin Metzner und Artur Gärtner aber der sichere Tod.