Musik-Pädagogen rütteln an der im Landkreis Forchheim vorherrschenden Überzeugung, dass jedes Kind ein Instrument spielen müsste.
"Das kann keine Kommune bezahlen", sagt Wolfgang Greth. Der Geschäftsführer des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM) äußerte sich am Dienstag am Rande der Sitzung der oberfränkischen Musikschulleiterinnen und Leiter in Forchheim kritisch über das Projekt Jeki.
Die Abkürzung Jeki steht für: Jedem Kind ein Instrument. Wie berichtet, ist das 2011 im Landkreis gestartete Projekt in die Schieflage geraten: Die Idee, auch Kinder wenig betuchter Eltern in den Genuss einer zweijährigen kostenlosen Musikausbildung kommen zu lassen, überfordert mittlerweile die Stadt Forchheim. Denn der Unterricht wird über die städtische Musikschule finanziert. Der Stadtrat hat zuletzt mehrheitlich gegen die hohen Personalkosten (70 000 Euro) opponiert. Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) forderte eine "Optimierung" des Jeki-Konzeptes.
Wie Wolfgang Greth am Dienstag erinnerte, hätten die Jeki-Initiatoren im Landkreis (federführend waren das Schulamt und die Bildungsinitiative FOrsprung) vor sechs Jahren nicht auf seine Warnung gehört. "Das Grundkonzept war falsch. Man kann nicht sagen, liebe Stadt, mach mal. Keine Kommune kann das stemmen." Richtig wäre stattdessen ein Grundkonzept gewesen, meint Greth, das verstärkt auf eine Chor-Ausbildung und vor allem auf das sogenannte Instrumenten-Karussell setzt.
Das heißt, Kinder erproben acht Wochen ein Instrument. Wie Martin Erzfeld (Leiter der Städtischen Musikschule Bamberg und Beisitzer im VBSM-Vorstand) anmerkte: Nach acht Wochen "Probieren in Echtzeit" sei für Schüler und Musiklehrer offensichtlich, ob ein Kind Talent habe und wenn ja, für welches Instrument.
Die flächendeckende Instrumenten-Versorgung durch Jeki habe dagegen zu viele Musikschüler hervorgebracht, "denen die Motivation fehlt", erzählte Jürgen Hiltl, der Leiter der Forchheimer Musikschule. Das Hauptproblem seien die Großgruppen im Instrumental-Unterricht, kritisiert Hiltl.
Kiss statt Ki
Ja, bestätigt Wolfgang Greth, der nicht nur VBSM-Geschäftsführer ist, sondern auch seit 20 Jahren die Musikschule in Unterhaching leitet. Nur in Zweier- oder Dreier-Gruppen könnten die Musikschüler sinnvoll gefördert werden. "In Unterhaching klappt die Förderung - auch der sozial Schwachen. Ich hab kein Jeki."
Und dann zählt Greth auf, wo Jeki überall gescheitert ist: In Hamburg etwa oder in ganz NRW. Das Konzept klappe nur an einzelnen Orten, in Münster zum Beispiel. "Überall dort, wo Jeki in Jekiss verwandelt wurde."
Statt Jeki also Jekiss: Jedem Kind seine Stimme. Das sei ein durchschlagendes Konzept, sagt Martin Erzfeld. Er berichtet von seinen Erfahrungen aus Bamberg: Solmisation (Verfahrensweise, die Tonstufen eines Gesanges auf bestimmte Silben zu singen) heißt das entscheidende Stichwort. Geschult werde dabei "die innere Tonvorstellung", erläutert Martin Erzfeld. "Geringer Aufwand, hohe Musikalität", das sei der Vorteil dieser Herangehensweise.
Auch Katja Browarzik (Kulturbeauftragte der Stadt Forchheim), die am Dienstag die Musik-Pädagogen im Gewölbekeller der Kaiserpfalz begrüßte, äußerte sich am Rande dieser Arbeitssitzung zu Jeki: Bisher verteile sich die Förderung auf drei Säulen - Musikschulen, Vereine und Sponsoren. "Doch bei Jeki handelt es sich um Kulturförderung", betont Katja Browarzik. Daher schlägt die Kulturbeauftragte vor, künftig auf zwei Säulen zu setzen. "Die Jeki-Mittel der Sponsoren sollten wir zur Musikschule rüberziehen."
Nicht die Musikschule, sondern die Kinder sollen gefördert werden, Frau Browarzik!
Interessanterweise funktioniert das System JEKI an anderen Orten im Landkreis Forchheim.
Liegt es daran, dass sich die Musikschule Forchheim von Anfang an gegen das Projekt gesträubt hat, während andernorts Musikschule (Ebs) oder Musikverein (Heroldsbach) JEKI richtig "leben"?
Der frühere Leiter der Musikschule, Herr Wilhelm hat JEKI eher als Konkurrenz anstatt als zusätzliches Angebot verstanden. Die musikpädagogischen Höhepunkte mit ihm sind eher flach ausgefallen, ist er doch im tatsächlich erlernten Beruf Chemiker.