Das Improvisations-Theater "Holterdiepolter" schraubte im Kolpinghaus die Ansprüche an sich selbst immer mehr in die Höhe durch Verschachtelungen.
"Muh, ich bin die Kuh" - im leichten Mozart-Ton zu singen, stünde in der Regieanweisung, gäbe es beim Impro-Theater so etwas. So war diese "Arie", dargeboten von Peter Rech, ein ganz kleines Stückchen des Abends mit "Holterdiepolter" in der Veranstaltungsreihe "Kulturpuls".
Die vier Schauspieler und ihr Pianist Moritz Nüßlein sind keine Unbekannten in
Forchheim, ist doch Lorenz Deutsch, der künstlerische Leiter des Jungen Theaters, Ensemblemitglied. "Impro hoch drei" nannten sie ihr Angebot, das von so vielen - darunter auffallend vielen jungen Leuten - angenommen wurde, dass der den Kolpingsaal unterteilende Vorhang beiseitegeschoben werden musste.
Zugeworfene Sprichwörter
Ist es keineswegs einfach, zugeworfene Stichwörter spontan zu einer Szene zu verarbeiten, schraubte "Holterdiepolter" die Ansprüche an sich selbst immer mehr in die Höhe durch Verschachtelungen vom improvisierten Szenen - oder durch Wechsel der Darstellungsform. "Replay der höheren Künste" nennen sie eine solche Methode, bei der zuerst auf Zuruf aus dem Publikum ein Spielort festgelegt wird, auf dem sich dann ein Dramolett entwickelt, das dann in den folgenden Stufen als Reimpoesie, als Oper und gar als Tanztheater daherkommt.
"Auf der Alm" - bei dieser Vorgabe muss als erstes ein Rindvieh in Erscheinung treten; eifrig muhend wird es für den Almabtrieb hergerichtet, als Katharina Mock und Franziska Rachinsky auftauchen und die idyllische Szenerie für Fotos mit einem Naschriegel gebrauchen. "Wir sind Influencer", bringen sie eine modische Werbevariante ins Spiel, werden aber von Senner Lorenz Deutsch missverstanden, der eine Influenza-Infektion seiner Leitkuh "Berta" befürchtet. Und irgendwann in dieser Hirnstrapaze hat er auch noch Luft für einen gereimten Schlenker über die Tourismusförderung.
Unsinnige Trippelschritte
Die Ballettversion mit unsinnigen Trippelschritten und theatralischen Posen reizt dann auf ganz andere Weise die Lachmuskeln. Kurzweil, hohes Tempo und eine beachtliche Gedächtnisleistung muss man den Akteuren bescheinigen, besonders bei der Schlussnummer, als sie kreuz und quer die gespielten Szenen wieder aufgreifen und zu einem neuen Ende führen, selbst das Liebesleben der Austern. Mit ihm ging es los, als Deutsch um einen Heimtiernamen gebeten hatte und Auster verstehen wollte.
Ohne das Publikum geht gar nichts, und wenn es nur ein Lippenstift ist, der pantomimisch umfunktioniert wird. Die Darstellung mit dem ganzen Körper nimmt im Wechsel zu schlagfertigen Dialogen breiten Raum ein, vor allem dann, wenn durch Abklatschen die anderen Akteure eine Szene unterbrechen und die quasi eingefrorene letzte Geste in einen ganz anderen Kontext stellen.