Fränkischer Theatersommer fasziniert mit der Aufführung von "Cabaret" in der Kaiserpfalz.
"Und dann hat's die Nazis einfach weggeschwemmt." So lautete der trockene Kommentar eines pitschnassen Martin Steinlein. Er war an diesem Freitagabend im Pfalzhof der Pianist des Cit Cat Clubs im Musical "Cabaret", bei dem die letzten zwei Szenen einem kurzem Wolkenbruch zum Opfer fielen.
Tropfnasse Bühnentechnik
In diesen Minuten galt die Sorge des Ensembles vom Fränkischen Theatersommer der Technik, standen doch die meisten Scheinwerfer ohne Schutz im Freien und die Plane reichte auch nicht zum Schutz des Mischpults, als binnen Sekunden der Himmel die sprichwörtlichen Schleusen öffnete.
"Jetzt haben wir uns alle gefreut, dass wir zweimal hintereinander am selben Ort spielen können. Und nun das", klagte Stefanie Rüdell, die die Rolle der Sally Bowles, der gefeierten Sängerin des Clubs übernommen hat. Aus der erhofften Annehmlichkeit war die Sorge geworden, was alles bis zur Aufführung am Samstagnachmittag gerichtet werden muss.
Politischer Hintergrund
Das Musical "Cabaret" ist zwar in der Welt des Glitzers und des Glamours angesiedelt, aber es ist keineswegs ein unpolitisches Stück, spielt es doch im Berlin zum Jahreswechsel 1929/1930. Die braune Brühe schwappte da schon hoch. Im Stück - nach Vorlagen von John van Druten und Christopher Isherwood - ist es der Herr Ludwig (Martin Rosenberg), Stammgast von Fräulein Kost (Julia Alsheimer) und eifriger Leser von "Mein Kampf". Den Spott des Conferenciers und die Ablehnung durch den amerikanischen Schriftstellers Clifford Bradshaw (Johannes Leichtmann) nimmt er nur scheinbar gelassen hin.
Vielsprachig heißt der Conferencier (David Caravaggio) die Gäste willkommen und muss als erster die Faust der Nazis spüren. Freilich reduzierte sich das in der Inszenierung von Jan Burdinski, dem spiritus rector des Fränkischen Theatersommers, auf einen Schrei im Off und einem blutigen Verband beim nächsten Auftritt auf der Cabaret-Bühne.
Weitere Folge der rechten Umtriebe ist eine gelöste Verlobung. Tändeln die Damen vom Ballett (Carina Poleschinski, Theresa Lichtenberg, Anna-Lena Haeunke, Julie Griebau und Melanie Day) mit dem Conferencier, entwickeln sich im Hintergrund zwei Beziehungen. Einmal die des Schriftstellers mit der Starsängerin Sally Bowles; auf der anderen Seite die des schüchternen Obsthändlers Schultz (Paul Kühn) mit Fräulein Schneider (Melanie Day). Die etwas ältliche Zimmerwirtin hat seinen Antrag angenommen und löst dann die Verbindung, weil sie Herr Ludwig für "nicht ratsam" hielt. Schultz ist Jude.
Pointiertes Ende
Just in dem Moment setzte der Regenguss abrupt ein und gab dem Stück durch den zwangsweisen Wegfall des Schlusses ein pointierteres Ende als vorgegeben: Hinter all den kecken Posen der Showgirls baut sich ein menschenverachtender Dämon auf.