Fränkische Schweiz: Kommune will wegen Corona-Pandemie nicht in Panik verfallen

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Abstand ist das Gebot der Stunde auch bei den Sitzungen des Wiesenttaler Rats im Streitberger Bürgerhaus. Foto: Pauline Lindner
Abstand ist das Gebot der Stunde auch bei den Sitzungen des Wiesenttaler Rats im Streitberger Bürgerhaus. Foto: Pauline Lindner

Der scheidende Marktgemeinderat von Wiesenttal hat einen Rekordhaushalt verabschiedet. Die Corona-Krise schlug sich im Sitzungssaal, aber noch nicht im Zahlenwerk nieder.

"Dass die Legislaturperiode so endet, so auf Distanz, habe ich nicht erwartet", so begrüßte Bürgermeister Helmut Taut (FWW) den Marktgemeinderat im Bürgerhaus zu Streitberg, dessen Saal genügend Platz für lockere Bestuhlung bietet. Die Haushaltssitzung war um drei Wochen verschoben worden. Kämmerer Hans Müller hat dennoch sein Zahlenwerk nicht an mögliche wirtschaftliche Einbrüche in Folge der Corona-Krise abgeändert. Nach 24 Jahren ist es der letzte Haushalt, den Müller vorlegt.

Mit über zwölf Millionen ist es ein Rekordhaushalt, den der Rat einstimmig beschloss. "Rekordsumme bedeutet Arbeit für uns; es geht tüchtig vorwärts, aber wir sind gefordert", gab der scheidende Bürgermeister dem Gremium mit auf den Weg. Der Sprung im Haushaltsvolumen beträgt über 47 Prozent: Es steigt von 8,7 Millionen Euro 2019 um 4,1 Millionen an. Der Vermögenshaushalt, der Investitionsbereich der Kommune, hat sich mehr als verdoppelt.

"Fast 13 Millionen Euro, das hätten wir vor etlichen Jahren nicht einmal zu denken gewagt. Wir haben überall geknabbert und den Rotstift angesetzt und vor der Genehmigung durchs Landratsamt gebibbert", sagte rückblickend auch Oppositionsführer Konrad Rosenzweig (CSU). 2017, so erinnerte sich Taut, überschrieb er seine Haushaltsvorstellung mit "auf einem guten Weg". In jenem Jahr trugen die Konsolidierungsvereinbarungen von 2014 deutlich Früchte. 2018 sprach er von einem "sehr guten Weg" und heuer: "Die Richtung passt, die Zahlen passen."

Der Geldmarkt

Zu Hilfe kam Wiesenttal auch die Entwicklung auf dem Geldmarkt. Entrichtete der Markt 390.000 Euro an Zinsen 2012, liegt er jetzt bei 180.000 Euro bei einer Tilgung von 325.000 Euro. Insgesamt beträgt die Schuldenlast noch 4,85 Millionen Euro - das sind pro Kopf 1951 Euro. Damit unterschritt die Verschuldung zum ersten Mal seit 2004 die Marge von 2000 Euro.

Erfreulich ist für den Kämmerer auch die Steuerentwicklung der letzten Jahre. Die zu erwartende Einkommensteuerbeteiligung von rund 1,4 Millionen Euro übersteigt die Kreisumlage um 300.000 Euro. "Früher musste ich immer sagen, dass wir 100.000 drauflegen müssen", beschrieb Taut die vergangene Situation. Nun aber hat Müller einen Überschuss aus dem Verwaltungshaushalt von 700.000 Euro (ohne Kredittilgung) errechnet.

Ohne neue Kredite

Der Markt Wiesenttal kommt trotz der geplanten Investitionen in Wasser und Abwasser sowie der Erschließung eines Neubaugebiets ohne neue Kredite aus. Hier spielt die Stabilisierungshilfe eine große Rolle. Sie hat vorliegend das in sie gesetzte Ziel erreicht und die Kommune wieder voll handlungsfähig gemacht. So kann sie 180.000 Euro bei den Etatposten für Schulen ansetzen.

Nicht nur Müller hofft, dass staatliche Mittel auch für die Abwasserbeseitigung fließen werden. Das Thema beschäftigt Wiesenttal schon seit Jahren, wurden doch in zehn Bergorten Kleinkläranlagen geschaffen. "Vielleicht sind wir in 20 Jahren froh, dass das Regen- und Brauchwasser hier bleibt", wagte Taut eine Prognose zum Klimawandel.

Lob für den Kämmerer

Für Müller gab es anschließend Lob von allen Seiten. Zweiter Bürgermeister Gerhard Kraus (BGS) sieht auf den Nachfolger keine leichte Aufgabe zukommen, aber den Ansporn, da weiterzumachen, wo Müller aufgehört hat. Er attestierte ihm hohe Sachkenntnis und gute Ratschläge: "Eine Kapazität, die nicht mehr die schlechtesten Zahlen im Landkreis hat, wird gehen." Rosenzweig hob hervor, dass er nach Müllers Ausführungen "manchmal einen Ruck mitgenommen" habe in andere Gremien.

Der neue Bürgermeister

Der neu gewählte Bürgermeister Marco Trautner (FWW) warnte davor, wegen der Corona-Pandemie "in Panik zu verfallen". Er erwartet allein schon wegen der eingereichten Stundungsanträge "weniger Steuern", hofft aber, der Einbruch sei nicht so heftig, dass die geplanten Projekte eingeschränkt werden müssten. Im Herbst werde es sich zeigen.

Haushaltseckdaten

Gesamtvolumen 12, 9 Mio. Euro

Verwaltungshaushalt 5,6 Mio. Euro

Vermögenshaushalt 7,26 Mio. Euro

Größte Investitionen:

Wasserversorgung 2,87 Mio. Euro

Neubaugebiet "Wirtsäcker II" 1,35 Mio. Euro

Abwasserbeseitigung 0,92 Mio. Euro

Größte Einnahmen:

Einkommensteuer 1,4 Mio. Euro

Schlüsselzuweisungen 1,0 Mio. Euro

Stabilisierungshilfe 0,5 Mio. Euro

Straßenausbaupauschale 15.000 Euro

Größte Ausgabe:

Kreisumlage 1,01 Mio. Euro.