Der Forchheimer Stadtrat fühlt sich im Anhörungsverfahren zum ICE Streckenausbau wie im Kampf gegen einen Riesen - und lehnt die Planungen der Deutschen Bahn durch die Stadt in seiner aktuellen Form ab.
An der Wand des Rathaus-Saales hingen die Pläne. Bürger und Politiker versammelten sich davor und Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU/WUO) gab aktuelle Einblicke in die Planung des ICE-Ausbaus. Die akustischen und ästhetischen Folgen des Projektes waren bereits in einer Bürgerversammlung erörtert worden. Am Donnerstag lag nun ein Bündel (69 Seiten) auf dem Tisch: Stellungnahmen, die die Stadt Forchheim im Anhörungsverfahren formuliert hat.
Roland Eismann und Brigitte Fuchs hatten diese "Sisyphusarbeit" (Stumpf) in den vergangenen Monaten geschultert; der Stadtrat dankte mit dickem Lob. Erstmals wurde auch die finanzielle Belastung des ICE-Ausbaus für die Stadt spürbar. "Dieses kleine Eck kann uns ein paar Millionen kosten", sagte Stumpf etwa, als er über das Verlegen eines Kanals sprach. Oder: "3,3 Millionen Euro kostet die Unterführung an der Adalbert-Stifter-Schule. Mit 1,3 Millionen ist die Stadt dabei.
Da kommt einiges auf uns zu." Stumpf hob hervor: Die Stadt werde immer dann zur Kasse gebeten, "wenn das Eisenbahn-Kreuzungsgesetz greift".
Welche Gesetze beim Ausbau greifen werden und welche beeinflussbar sind? Die Befürchtung, dass die Antwort darauf wenig befriedigend für Forchheim ausfallen könnte, prägte die Debatte am Donnerstag. "Es ist wie bei David gegen Goliath", sagte Sabine Dittrich (FGL). "Da laufen Dinge, die sind mit Geld nicht ausgleichbar." Daher forderte die FGL-Fraktionssprecherin Annette Prechtel die Stadt auf, "den Klageweg gegen diese Planung vorzubereiten".
Von "Brechstangenplanung" sprach Prechtel, von einem "Irrsinnsprojekt" und davon, dass die Grünen "die einzigen waren, die vor unabsehbaren und auch finanziell unberechenbaren Kosten gewarnt und die Planung vollinhaltlich abgelehnt haben".
"Klagen hilft nicht" Einem "grundlegenden
Irrtum" aufzusitzen, hielt OB Stumpf der FGL-Sprecherin vor: "Es war der Stadtrat in seiner Mehrheit, der 1996 grundsätzlich gegen die ICE-Ausbau-Planung zur Wehr gesetzt hat. Und seitdem gab es keinen Beschluss mehr." Es sei "ärgerlich", dass die Bahn 15 Jahre nichts unternommen habe, meinte Stumpf; aber es sei juristisch einwandfrei, selbst nach 30 Jahren so ein Verfahren fortzusetzen.
Eine Klage sei frühestens nach der Anhörung möglich, wenn das Eisenbahn-Bundesamt in das Planfeststellungsverfahren eingreife, sagte der Oberbürgermeister. Und fragte schon mal vorsorglich: "Wogegen sollen wir klagen? Gegen den Lärm, wo doch alle Berechnungen beweisen, dass er geringer wird? Klagen hilft nicht."
Aufschrei Auch SPD und Freie Wähler schrien auf, als die Grünen für sich reklamierten, entschiedener als alle anderen gegen die ICE-Planung vorgegangen zu sein.
SPD-Fraktionssprecher Reinhold Otzelberger erinnerte an die SPD-Ablehnung im Jahr 1996.
Zum jetzigen Zeitpunkt gehe es darum, "das Beste für Forchheim rauszuholen". Auf Kreisebene hätten die Grünen den ICE-Beschluss mitgetragen, sagte Otzelberger. Er unterstellte der FGL ein "fundamentalistisches" Vorgehen. Und Manfred Hümmer (FW) schäumte geradezu vor Ärger: Er sei "entsetzt", wie die Grünen "alle anderen Fraktionen abwatschen und sich hinstellen, als wüssten nur sie es". Prechtel warf er eine "Betroffenheits- und Heulsusen-Politik" im Stil einer Claudia Roth vor.
In einem Punkt waren sich Hümmer und Prechtel aber einig: Als "absurd" bezeichneten beide die Planung am Bahnhof Kersbach. Die FGL-Rätin attackierte die Bahn, weil sie "Absprachen ignoriert" - und der FW-Rat protestierte, weil die S-Bahn-Schienen außen liegen sollen.
Das würde den Kersbachern, die nach Nürnberg wollen, einen Fußweg über die Brücke zum Bahnsteig abnötigen.
Die jüngste Debatte um den ICE-Ausbau zeigte: Viele DB-Überlegungen sind für die Politik nicht nachvollziehbar. Anita Kern (SPD) etwa konnte nicht verstehen, warum der "überdimensionierte Forchheimer Bahnhof" acht Gleise (davon ein Überholgleis) benötigt.
Udo Schönfelder (CSU) erneuerte seinen Vorwurf einer "Bahn ohne Mitleid", die sich nur an "Minimal-Prinzipien" orientiere. Edith Fießer (FGL) stellte fest, dass den "übergeordneten Belangen" der Planer wohl nicht beizukommen sei: "Die Natur ist der Verlierer." Und Ulrich Schürr (JB) deutete auf die "Fülle" der Einwendungen.
Er bezweifelte, dass das weitere Prozedere befriedigend sein werde: "Wie soll das alles abgearbeitet werden? Was findet Gehör?"
Kein Tal ohne Lärm Die Deutsche Bahn erhielt nun den Auftrag des Stadtrates, beim ICE-Ausbau "schädliche Umwelteinwirkungen" von der Stadt fernzuhalten. Der Rat beschloss zudem, das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit in der momentanen Form der Planung abzulehnen - "wegen nachteiligster Beeinträchtigungen der städtischen Funktionen".
Nur Franz Noffke stimmte gegen diesen Beschluss. "Die Einwendungen werden verpuffen", sagte der Republikaner-Rat. Er hatte einen Tunnel unter Forchheim gefordert und von einem "Tal ohne Lärm" geträumt.