Diese alte "Feindesliste" scheint aktuell wieder vermehrt online geteilt zu werden - wohl auch, weil der US-Präsident Donald Trump "die Antifa" für die Unruhen in den Vereinigten Staaten verantwortlich macht.
Polizei: Erst bei erhöhter Gefahr
Wie schätzt die oberfränkische Polizei die Gefahr der im Netz verbreiteten Fake-Liste ein? In dem Dokument stehen unter anderem auch 27 Bamberger und 15 Bayreuther Adressen. "Das Phänomen der im Internet kursierenden sogenannten ,Feindeslisten' ist bei der oberfränkischen Polizei bekannt", sagt Alexander Czech, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken.
Die Polizei werde allerdings selbst nur dann aktiv, wenn sie "gefahrenerhöhende Aspekte" bei gelisteten Personen feststellt. "Wenn bislang nicht über eine Listung informiert wurde, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass nach Kenntnis der bayerischen Polizei keine Gefährdung angenommen wird", erläutert Czech.
Jeder Bürger und jede Bürgerin könne sich aber an die Polizei wenden, um zu erfahren, ob er auf einer der "Feindeslisten" steht. Dafür sollten die Betroffenen persönlich bei einer Polizeidienststelle vorbeikommen und einen Ausweis zu Überprüfung mitbringen.
Klaus Meier weiß, dass es diese "Feindeslisten" gibt. Angst um sich hat er wegen der Erwähnung nicht. Vielmehr sorgt er sich, um Personen, die in der Öffentlichkeit aktiv gegen Extremismus vorgehen und so eine potenzielle Zielscheibe werden könnten. Trotzdem hatte die Familie aus Forchheim keinen Schimmer, dass ihr Name samt richtiger Adresse auf solch einer Liste steht, die noch immer regelmäßig in anonymen Chats herumgeschickt wird.
*Richtige Namen sind der Redaktion bekannt.
Kommentar: Findet Freunde statt Feinde im Netz!
von FT-Reporter Ronald Heck
Ein Fingertipp auf dem Smartphone, ein Klick mit der Computermaus. In wenigen Sekunden landet die Falschinformation auf dem Bildschirm eines anderen. Vielen scheint gar nicht bewusst, dass sie sich im Handumdrehen an einer potenziell gefährlichen Hetzjagd beteiligen. Jeder sollte wissen: Wer "Feindeslisten" oder Hasstiraden gegen andere online teilt, kann sich unter Umständen auch juristisch strafbar machen. Vor allem zeigt der Fall der Forchheimer Familie, die ohne ihr Wissen und Zutun zum "Feind" von Extremisten gemacht wurde, aber:
Gerade in unruhigen und polarisierten Zeiten (eines Donald Trump) braucht es Menschen, die sich gegenüber Fremden wie Freunde verhalten. So wie es der aufmerksame FT-Leser getan hat: Er war misstrauisch angesichts einfacher Feindbilder. Er wollte Aufklärung statt aufrührerischen Hetze; echte Recherche statt fragwürdig anonymer Quellen. Und er sorgte sich um die Forchheimer, die durch den Fake gefährdet sein könnten.
Genauso vorbildlich wie der überraschte Ex-Forchheimer, der plötzlich auf einer Feindesliste landete. Er sorgt sich vor allem um diejenigen - zum Beispiel engagierte Politiker oder Journalisten - die tatsächlich tagtäglich als vermeintliche "Feinde" im Visier von Extremisten stehen. Gerade im Netz, wo mitunter verbitterte Fehden ausgetragen werden, ist es gut zu wissen, dass es solche Freunde gibt.
Glossar: Das steckt hinter Antifa, Telegram und (rechts)extremen Chatgruppen
Antifa Heutzutage werden mit dem Begriff Antifa meist autonome Strömungen in der linken bis linksextremen Szene bezeichnet. Die Antifa ist keine Organisation. Die Kurzform kommt von "Antifaschistische Aktion". Rechte sehen "die Antifa" als ein Feindbild an. Antifaschismus ist eine Ideologie sowie gesellschaftliche Bewegungen, die sich als Gegner des Faschismus begreifen. Antifaschistische Strömungen gibt es seit dem Aufkommen des Faschismus in den 20er Jahren.
Telegram Mit Telegram können Nutzer Texte, Fotos, Videos, Audios oder Dokumente auf ihrem Smartphone, Computer oder Tablet austauschen. Telegram gilt als verschlüsselt und sicher, die eigene Telefonnummer kann verborgen werden. Viele Nutzer geben sich Pseudonyme und wollen anonym bleiben. 200 Millionen Nutzer hat Telegram weltweit.
Gruppenchats Auf dem verschlüsselten Dienst kann jeder Gruppen und Kanäle erstellen. Inhalte werden kaum kontrolliert oder gelöscht. Der Zugang zu geschlossenen Gruppen ist schwierig. Deshalb ist Telegram auch unter extremistischen Gruppen wie IS-Anhängern beliebt. Zuletzt nutzen vermehrt auch Rechtsextreme Telegram.