Forchheimer Abgeordnete Badum kämpft gegen männlich-dominante Strukturen

Feminismus und der Kampf für die Gleichstellung der Frau in unserer Gesellschaft sei "kein Relikt der Vergangenheit", sagt Lisa Badum, Abgeordnete für Bamberg und Forchheim von Bündnis 90/Die Grünen. Im Interview mit unserer Zeitung erklärt Badum, warum Feminismus "notwendig und aktueller denn je ist"; warum Frauen der Weg in Führungspositionen gesetzlich geebnet werden müsse und warum dieser Kampf nicht alleine von Individuen ausgefochten werden könne.
21 Prozent weniger Gehalt für Frauen bei gleicher Arbeit: Gilt die von Ihnen genannte Zahl auch im Kreis Forchheim? Oder ist das ein bundesweiter Durchschnittswert, der in der Region möglicherweise noch höher ausfällt?
Lisa Badum: 21 Prozent weniger Gehalt beziehen sich auf den bundesweiten Durschnitt des Bruttostundenverdienstes, was allgemein als Gender Pay Gap, die geschlechtsspezifische Lohnlücke, bezeichnet. Aber egal ob wenige Prozentpunkte mehr oder weniger: Dass Frauen im Vergleich zu Männern weniger verdienen und deshalb im Prinzip einige Wochen im Jahr umsonst arbeiten, ist ein himmelschreiender Skandal, den es endlich zu beseitigen gilt.
Ist die von Ihnen angeprangerte fehlende Wertschätzung der Frauen eine typisch männliche Haltung? Fehlt es auch an wertschätzenden Frauen?
Es geht nicht allein um typisch männliche oder weibliche Haltungen. Unsere Gesellschaft ist aus männlich-dominanten Strukturen gewachsen, die jahrzehntelang von allen durch Verhalten und Erziehung reproduziert wurden und werden. Diese Muster aufzubrechen ist die große Herausforderung, die wir nur gemeinsam schaffen können. Da in der Wirtschaft in Führungspositionen immer noch Männer im mittleren und fortgeschrittenen Alter dominieren, bleibt besonders dort die Tendenz bestehen, ihnen gleiche Menschen zu fördern. Deswegen brauchen wir mehr weibliche Vorbilder im öffentlichen Raum, die Frauen den Mut geben, selbst stark aufzutreten.Sollte der Weg für mehr Frauen in Führungspositionen gesetzlich geebnet werden?
Hundert Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechtes sind nur 30 Prozent aller Abgeordneten im Bundestag Frauen: Führen Sie mit Ihren männlichen Kollegen Debatten über diesen Zustand?
Ich sehe mich nicht in der Pflicht, diese Diskussion allein anzustoßen. Ich erwarte von allen Fraktionsvorsitzenden, dass sie sich vehement dafür einsetzen, das zu beenden, was Elisabeth Selbert den Verfassungsbruch in Permanenz genannt hat.
Sie fordern, "den Genderaspekt in allen Lebensbereichen mitzudenken". Können Sie uns ein Beispiel geben, wie das funktioniert und was es konkret bewirken könnte.
Betrachten wir beispielsweise die Gestaltung des öffentlichen Raumes. Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse, ein Mensch mit Gehbeeinträchtigung hat deshalb andere Ansprüche an den öffentlichen Raum als eine Fahrradfahrerin oder ein Vater mit seinem Kind. Und so bewegen sich auch Männer und Frauen völlig unterschiedlich, nutzen Dinge und Räume anders. Je nachdem, wie der öffentliche Raum nun ausgestaltet ist, entstehen dann Bedingungen, die dem einen mehr und der anderen weniger gerecht werden. Für diese Art der geschlechterspezifischen Wahrnehmung gilt es unser Bewusstsein zu schulen, sodass Strukturen im öffentlichen Raum geschaffen werden, die weiblichen Bedürfnissen ebenso gerecht werden wie männlichen.
Seit Ihrer Jugend engagieren Sie sich für die Gleichstellung der Frau. Wenn Sie sich jetzt im Bundestag als Exotin wahrnehmen, haben Sie dann das Gefühl, dass der Feminismus gescheitert ist?
All diejenigen sind Feministinnen, die sich für Fortschritt, Demokratie und gleiche Chancen für Alle einsetzen. Dieses Engagement wird nie aufhören. Feminismus gibt es seit Jahrhunderten, ich bin erst seit zwei Jahrzehnten dabei und werde es auch immer weiterverfolgen. Die Fragen stellte Ekkehard Roepert