Forchheim verliert ein Stück Lebensqualität: Metzgerei Höhn schließt nach über 117 Jahren

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Heinrich Höhn sagt am Samstag leise Servus: Dann schließt er die Türen der Traditionsmetzgerei in der Nürnberger Straße. Foto: Andreas Schmitt
Heinrich Höhn sagt am Samstag leise Servus: Dann schließt er die Türen der Traditionsmetzgerei in der Nürnberger Straße.  Foto: Andreas Schmitt
Nach über 17 Jahren ist Schluss: Mit der Metzgerei Höhn verschwindet ein Traditionsbetrieb aus dem Forchheimer Stadtbild. Foto: Andreas Schmitt
Nach über 17 Jahren ist Schluss: Mit der Metzgerei Höhn verschwindet ein Traditionsbetrieb aus dem Forchheimer Stadtbild.  Foto: Andreas Schmitt
 
Heinrich Höhn mit einer seiner Verkäuferinnen. Foto: Andreas Schmitt
Heinrich Höhn mit einer seiner Verkäuferinnen.  Foto: Andreas Schmitt
 
Der Kutter bleibt ab Samstag kalt. Foto: Andreas Schmitt
Der Kutter bleibt ab Samstag kalt.  Foto: Andreas Schmitt
 
Hans Derbfuß
Hans Derbfuß
 
Hermann Hölzlein
Hermann Hölzlein
 
Uwe Kirschstein
Uwe Kirschstein
 
Christian Frank
Christian Frank
 

Forchheim verliert eine Institution: Die Traditionsmetzgerei Höhn in der Nürnberger Straße schließt ihre Türen - nach vier Generation Familienbetrieb.

Es war der 27. Juli 1899: Bürgermeister Eduard Strecker erteilte im Namen des Forchheimer Stadtmagistrats Konrad Höhn die "Bewilligung zur Errichtung einer Kleinschlächterei". Ein formaler Akt, der den Grundstein legte für einen Familienbetrieb, dessen Fleisch- und Wurstwaren für Generationen von Forchheimern zur Lebensqualität dazugehörten. Zwei Weltkriege, Wirtschaftswunder, Mauerfall - und die Metzgerei Höhn war immer da. 117 Jahre, neun Monate und zwei Tage werden es seit der Streckerschen Bewilligung genau sein. Dann wird die Traditionsmetzgerei am Samstag ihre Türen schließen.

"Der letzte Tag wird sicher emotional", sagt Heinrich Höhn, der rund 40 verschiedenen Wurstsorten in eigener Produktion hergestellt hat. "Zu vielen Kunden habe ich ein freundschaftliches Verhältnis und werde mich persönlich von ihnen verabschieden. Oft haben schon die Großeltern hier eingekauft", sagt der 58-Jährige. "Bei manchen wusste ich schon genau, was sie einkaufen werden."


Investitionen waren fällig

Man merkt Heinrich Höhn an: Einfach fällt ihm der Schritt, das zu beenden, was er und seine Vorfahren aufgebaut haben, nicht. "Hauptgrund ist, dass es keinen familieneigenen Nachfolger gibt", sagt Höhn. "Und dann überlegt man sich eben, ob man mit 58 nochmals investiert." Der Laden hätte erneuert werden müssen und auch einige Maschinen kamen in die Jahre. "Ein Kutter kostet 60 000 Euro, ein Wolf 30 000", schildert Höhn die Situation, die ihn nach reiflicher Überlegung den Entschluss fassen ließ, den Laden zu schließen - obwohl dieser ganz offensichtlich bis zuletzt gut angenommen wurde.


Immer zwei Söhne

"Meine Vorfahren hatten viel Glück", blickt Heinrich Höhn auf die Geschichte der Metzgerei zurück. "Es gab immer zwei Söhne, die jeweils beide heil durch die Kriege kamen." Einer von beiden, so berichtet er beim Blick auf Schwarz-Weiß-Aufnahmen, habe studiert, der andere die Metzgerei übernommen, die nie geschlossen war. "Fleisch und Wurst waren kriegswichtige Produktion." 1989 stieg Heinrich Höhn bei seinem Vater mit ein, seit 1995 hat er den Betrieb dann selbstständig geleitet und Unmengen an Zeit in den Produktions- und Verkaufsräumen verbracht.


Ein Privatleben entwickeln

Bald wird das anders sein: Nach den letzten Verkaufstagen gilt es, die Metzgerei aufzuräumen. Wie es danach weitergeht, weiß Höhn noch nicht genau. "Es freut mich, dass die meisten der zuletzt zwölf Beschäftigten bereits eine andere Anstellung bekommen haben. Ich selbst muss mein Privatleben erst einmal entwickeln. Das gab es bislang ja fast nicht."

Er könne sich, so Heinrich Höhn, durchaus vorstellen, in der Branche noch ein paar Jahre woanders zu arbeiten. "Ohne den Druck", sagt er. Wann und in welcher Form, sei jedoch noch vollkommen offen.
Bis es soweit ist, freut sich Höhn vor allem darauf, seinem Hobby, der klassischen bayerischen Philatelie, nachzugehen. "Am 6. Mai ist ein Treffen der Briefmarkenfreunde in Berching. Da kann ich dann mal vollkommen ohne Stress hinfahren."



Reaktionen: "Verlust für die Stadt ist groß"


Hans Derbfuß (Vorsitzender der Fleischerinnung Kreis Forchheim): Ein Schlag für Forchheim und die Region! Gerade die ruhigen Geschäfte ohne Wirbel haben die Nahversorgung jahrelang gesichert. Jedes Fachgeschäft, das wegfällt, schmerzt sehr. Jetzt gibt es in Forchheim nur noch sechs Metzgereien, im Landkreis rund 30. Der Einheitsbrei der Supermärkte kann die Vielfalt unserer Metzger nicht ersetzen. Bei der Metzgerei Höhn war es letztlich eine private Entscheidung, generell leiden aber alle Handwerksbetriebe unter Nachwuchsmangel. Wurden früher im Landkreis Forchheim in allen Gewerken zusammen bei der Freisprechungsfeier noch 120 bis 130 Lehrlinge zu Gesellen, sind es heutzutage noch etwa 70.

Hermann Hölzlein (stellvertretender Vorsitzender Kreishandwerkerschaft Forchheim): Schade, dass schon wieder ein Handwerksbetrieb zumacht. Gerade im Lebensmittelgewerbe ist es derzeit schwer. Oft sind die Betriebe durch hohe Auflagen zu großen Investitionen gezwungen. Gerade die Metzgereien spüren das. Wer auf Dauer bestehen möchte, muss sich seine Nische mit speziellen Angeboten suchen.

Uwe Kirschstein (Oberbürgermeister Forchheim): Der Verlust für die Stadt ist groß. Mit der Metzgerei Höhn verschwindet ein guter Name vom Markt. Der Laden war ein großer Anlaufpunkt und damit auch ein Beispiel dafür, dass viele Menschen qualitativ gute Produkte schätzen und zum Einkauf derer auch gerne in die Innenstadt gehen. Auch schätzen viele die Chance, die Portionsgröße selbst zu bestimmen. Wir tun alles dafür tun, die Angebotsvielfalt in Forchheim zu sichern.

Christian Frank (Forchheimer Metzger und stellvertretender Vorsitzender der Fleischerinnung): Ich werde Herrn Höhn als Kollegen sehr vermissen und vielen seiner Kunden wird das richtig schwer fallen. Sein Entschluss symbolisiert den Trend der Zeit. Die Politik unterstützt Bauern und Großbetriebe, wir Metzger haben viel mit Bürokratie und Vorschriften zu kämpfen. Ich befürchte, in ein paar Jahrzehnten wird es in Forchheim keinen Metzger mehr geben.