Die Stadträte im Finanzausschuss wagten eine Vorschau auf die Haushaltsberatungen - und sie sahen schwarz.
Als "Vorschau auf die Haushaltsberatungen" wollte Kämmerer Detlef Winkler seine Hinweise im Finanzausschuss verstanden wissen. Im März müssen sich die Stadträte überlegen, was sie mit den knappen Mitteln im Etat 2017 überhaupt gestalten können. Die geplanten Investitionen - etwa für Schul- und Brückensanierungen - werden die Stadt zwingen, neue Kredite aufzunehmen.
Der Kämmerer sprach am Mittwoch von einer Neuverschuldung von 7,6 Millionen Euro. Wobei mit dem Geld gar nicht viel Neues erreicht werde, deutete Winkler an: Vielmehr gehe es vor allem darum, Projekte umzusetzen, "die schon 2016 gewollt waren".
Die Stadträte beklagten im Finanzausschuss, dass ihnen der Überblick fehle, um qualifiziert zu entscheiden. Annette Prechtel (FGL) sagte: "Wie haben das Insiderwissen der Finanzverwaltung nicht und kommen bei diesen bedrückenden Zusammenhängen nicht mit."
Politik hat wenig Handlungsspielraum
Problematisch aus Sicht der Finanzpolitiker ist, dass gewisse Parameter der Etat-Gestaltung zu lange in der Schwebe gehalten werden müssen und daher die Eckwerte des Haushalts keine Aussagekraft haben. So fiel beispielsweise der kommunale Finanzausgleich viel geringer aus als erwartet - und auch die Kreisumlage sei immer wieder verändert worden, sagte der Kämmerer. Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) bezifferte das zu erwartende städtische Defizit auf 38 Millionen Euro. Der Handlungsspielraum der Politik sei dadurch "extrem überschaubar", räumte Kirschstein ein. Und antwortete damit auf die vorwurfsvolle Frage von Annette Prechtel: "Worüber unterhalten wir uns eigentlich noch? Wie soll es weitergehen?"
Die FGL-Rätin forderte eine "inhaltliche Auseinandersetzung über die Anträge" der Stadträte. Diese Auseinandersetzung wiederum sei nur möglich, "wenn wir bei der Priorisierung mitgenommen werden", mahnte Prechtel.
Mit Priorisierung ist gemeint, dass die Politiker frühzeitig wissen müssten, für welche Themen vorzugsweise Geld auszugeben ist. Annette Prechtel vermisste die Priorisierung, während Uwe Kirschstein darauf hinwies, dass er etwa durch den Brücken-Bericht zu dieser Priorisierung beigetragen habe. Auch Günther Hammer (SPD) beklagte Informationsdefizite. Ihm sei beispielsweise nicht klar, warum die Rathaussanierung nicht verschoben werde, wo doch selbst für wichtigere Projekte wie Schulsanierungen das Geld fehle. Architektin Sigrun Wagner (bei der Stadt für Neubau- und Sonderprojekte zuständig) betonte, dass die 750 000 Euro für die Rathaussanierung auf jeden Fall benötigt würden. Andernfalls könnten Förderanträge nicht bearbeitet werden. Zudem habe die Stadt einige Planungsaufträge erteilt und die Verträge dafür müssten eingehalten werden.
Kersbach muss bis 2018 warten
Sigrun Wagner deutete an, dass auch das Hochbauamt unter der Mittelknappheit zu leiden hat. Für die Volksschule Kersbach sollen 3,7 Millionen Euro ausgegeben werden. "Ich hätte mehr gebraucht", sagte Wagner. Weil aber nicht mehr zu haben ist, wird die Schule erst Ostern 2018 fertig werden.
Ludwig Preusch (FW) wies darauf hin, dass auch die Investitionssummen, die für die Adalbert-Stifter- und für die Anna-Schule vorgesehen waren, in der Planung nicht mehr auftauchten. Ja, bedauerte Sigrun Wagner, die Investitionen bei den beiden Schulen würden "unter 500 000 Euro" bleiben müssen.
Oberbürgermeister Kirschstein räumte ein, dass der am Mittwoch vorgelegte Eckwerte-Beschluss, der idealerweise im November vorliegen könnte, seine Funktion als Instrument der Orientierung nicht erfülle.
Über die Verspätung waren viele Kommentare des Unmuts zu hören. "Das sind keine Eckwerte, sondern nur Mitteilungen", sagte Ulrich Schürr (JB). Am deutlichsten wurde Udo Schönfelder (CSU): "Das ist kein Eckwerte-Beschluss, das ist eine Zumutung."