Aus dem Aquarium des Fischladens in der Hornschuchallee glotzen die Karpfen und Saiblinge auf die Passanten.
Ein Paar betritt den Laden und verlangt zwei Saiblinge. "Die muss ich schnell rausfischen und schlachten, das dauert ein paar Minuten", sagt die Verkäuferin und holt das Netz. Schon zappeln die Saiblinge in den Maschen. "Die arma Kerl", entfährt es dem Kunden.
Wenig später kehrt die Verkäuferin aus dem hinteren Teil des Ladens zurück und legt die Fische auf die Waage. Der Käufer der Fische scheint von deren Regungslosigkeit beeindruckt, schaut zwei Mal hin.
"Ich hab alles dafür getan, dass sie nicht mehr zappeln", sagt die Verkäuferin lachend, aber der Mann kann seine Nachdenklichkeit nicht ganz ablegen. Mit den Fischen in der Tüte verlässt er den Laden, geht am Aquarium vorbei. Das scheinbar ausdruckslose Glotzen der Fische mag er jetzt mit anderen Augen sehen.
Wer weiß schon etwas über das Leben der Fische. Haben sie eine Seele? Werden sie wiedergeboren? Gibt es gar eine Auferstehung der Saiblinge? Der Mann blickt an seinem Arm herunter auf die Tüte. Und für einen Moment stellt sich die Frage: Bewegt sich die Tüte am Arm des Mannes oder bewegen die Fische die Tüte?
Vorallem in der Fastenzeit ist der Fisch für die, die noch alle Tassen im Schrank haben, kein Fleisch. Und wenn die armen Saiblinge noch aus nachhaltiger Zucht kommen ist das Schlachten aktzeptabel.
Die Nachhaltigkeitsfanatiker übersehen aber das die Natur überhaupt nicht "nachhaltig ist", weil sie keine Betriebswirtschaft studiert hat. Sie setzt stattdessen auf das Erfolgsprinzip permanenter Veränderung, auch Evolution genannt.
Für verträumte Zeitgenossen ist Natur das Gute auf dieser Welt.. Die Natur besteht aus Schmetterlingen, Blumenwiesen und Robbenbabys und kitschigen Sonnenuntergänge. Alles in der Natur ist ein ewiger Kreislauf, wie im Buddhismus oder in der Lindenstraße.
Das muß man den Fischen in Karnbaums Aquarium auch mal sagen.