Fast verdurstet und ertrunken: Zekarias Kebraeb beschreibt seine Flucht aus Eritrea

2 Min
Zekarias Kebraeb (l.) und seine Co-Autorin Marianne Moesle lesen in Forchheim.Foto: Lindner
Zekarias Kebraeb (l.) und seine Co-Autorin Marianne Moesle lesen in Forchheim.Foto: Lindner

Auf seiner Flucht aus Eritrea wollte Zekarias Kebraeb mehrmals am liebsten einfach sterben. Im Herder-Gymnasium liest er mit seiner Co-Autorin aus seinem Fluchtbuch vor.

Mitten in der Sahara, Tag sechs. Die zusammengepferchten Menschen auf dem Lastwagen haben kaum mehr Wasser. "Durst, Durst, Durst. Warum habe ich das Glas Wasser bei meiner Mutter nicht ausgetrunken?" schießt es Zekarias Kebraeb durch den Kopf.

Was er in den dramatischen Stunden damals dachte, hat er später in seinem Buch "Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn" festgehalten. Vor Schülern des Forchheimer Herder-Gymnasiums hat er nun daraus vorgelesen. Der 29-Jährige war bei seiner Flucht im Jahr 2002 aus Asmara in Eritrea genauso alt wie seine Zuhörer: 17 Jahre.
Zwei Wochen wurde er von Schleppern mit 80 anderen durch die Wüste gekarrt. "Das war ganz schrecklich. Ich wurde krank und ganz müde und bat nur noch, mich sterben zu lassen. Ich habe dort meinen Glauben verloren", sagt der Katholik.
48 Stunden auf dem stürmischen Mittelmeer, obdachlos in Italien, zum Nichtstun verurteilt in einem Schweizer und einem deutschen Flüchtlingsheim. Ein Schüler fragt Kebraeb, ob er die Flucht nochmals auf sich nehmen würde. "Es war richtig, aber ich könnte es nicht nochmal machen", sagt er. Ein anderer Schüler fragt, ob er geahnt habe, was auf ihn zukomme.

"Vom Schießbefehl an der eriträisch-sudanesischen Grenze wusste ich. Im Sudan, so glaubte ich, hätte ich es geschafft. Aber ich wusste nicht, dass in Europa so viele Probleme auf Flüchtlinge zukommen." Am meisten belastete Kebraeb, der seit zwei Jahren Deutscher ist, das verordnete Nichtstun. So wollte er zum Beispiel unbedingt Deutsch lernen. Dafür setzte sich Kebraeb über die Regeln für die aus humanitären Gründen Geduldeten hinweg: Er fuhr von Solnhofen, wo er untergebracht war, nach Nürnberg - und besuchte dort einem Deutschkurs.

70 Euro Strafe

Weil er auf diese Weise die sogenannte Residenzpflicht verletzte, wurden ihm 70 Euro Strafe auferlegt. Hartnäckig sprach Kebraeb anschließend bei der Ausländerbehörde vor. Ausnahmsweise gestattete ihm der Behördenleiter für 14 Tage den Schulbesuch.

Kebraeb liest seiner Geschichte im Wechsel mit der Journalistin Marianne Moesle vor. Sie hat ihm als Co-Autorin bei seinem Buch geholfen. Die beiden haben sich durch einen lokalen Zeitungsbericht gefunden. "Ich habe gleichaltrige Kinder und war vorher schon in Flüchtlingsunterkünften. Ich wollte mehr wissen", begründet die Tübingerin ihr Engagement.
Im Klappentext des Buchs erschien das Wort "Asyl" auf Bitten des Verlags nicht. Das sei nicht verkaufsfördernd, hieß es. Heute gibt es Kebraeb sogar in englischer Übersetzung.

Schüler wollen helfen

Kebraebs eindringliche Schilderungen haben die Forchheimer Schüler nachdenklich und betroffen gemacht. Das merkte man ihnen deutlich an.

Todtraurig ging es dennoch nicht zu. So lachten viele befreit aus, als Kebraeb berichtete, wie er sich das Deutsch beigebracht habe: durch die eingehende Lektüre einer berühmten Boulevardzeitung mit vier Buchstaben. "Die Zeitung verwendet einfache Wörter", sagte Kebraeb.

Verena Marchl ist seit ihrem Studium in Passau darin engagiert, Flüchtlingen zu helfen. Sie arbeitet beispielsweise im Montagscafé mit und hat schon mit vielen Asylsuchenden gesprochen. "Die Flucht durch Afrika kennt man eher. Was hier in Deutschland mit den Flüchtlingen passiert, ist nicht eher unbekannt", glaubt sie.
Marchl wird von mehreren Schülern angesprochen, wo und wie sie selbst den Flüchtlingen helfen könnten. Tobias Gellenthien ist Leichtathlet, er würde gern was mit Sport machen. Justus Sprott klettert an der Magnesia-Kletterwand und er weiß, dass nebenan jetzt ein große Gruppe Flüchtlinge untergebracht wurde. Marchl rät ihnen, den Kontakt zu Flüchtlingen im Montagscafé zu suchen.