Der Aufruf war eine Kopie des Erlanger Wortlauts, enthielt aber Unwahrheiten. Weder hatte sich in Forchheim ein Arbeiterrat konstituiert, noch die Behörden sich willig der Revolution angeschlossen. Erst am darauf folgenden Tag, Sonntag, 10. November, kam es vor dem Rathaus unter Leitung von Max Ludewig (1863-1958) von den Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) zu einer großen Versammlung, die aus ihrer Mitte aber keine Räte wählte, sondern erst für Dienstag, 12. November, "alle männlichen Einwohner von Forchheim und Umgebung vom 21. Lebensjahre ab zur Wahl eines Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrates abends 6 Uhr" einlud.
Tags darauf wählten dann nicht nur Arbeiter, Soldaten und Bauern, sondern "alle männlichen Einwohner von Forchheim und Umgebung" einen örtlichen "Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrat". Das unterscheidet die Forchheimer Vorgänge von den in anderen Städten. Übernahmen dort revolutionär aus Gewerkschaft und Sozialdemokraten gebildete Räte die politische Macht, konstituierte sich hier durch eine öffentliche und allgemeine Wahl ein Gremium, das die christliche Arbeiterbewegung mit einbezog. Die im Rathaus gewählten zwölf Räte setzen sich zusammen aus sieben von der sozialistischen Seite, zwei von der christlichen Seite und drei Bauernräten.
Schwerwiegende politische Entscheidungen hat der Forchheimer ASB-Rat nicht getroffen. Seine Aufgabe wäre gewesen - so wie es der Rat der Volksbeauftragten und des Vollzugsrates in Berlin am 22. November 1918 vereinbarten, die Errungenschaften der Revolution zu behaupten und auszubauen sowie die Gegenrevolution zu verhindern. Davon konnte in Forchheim nicht die Rede sein. Der Magistrat tagte kontinuierlich weiter - ohne von dem neuen Gremium Druck zu bekommen.
Für Ruhe und Ordnung
Nicht zu Unrecht teilte Bürgermeister Reinhard am 16. November in seinem Wochenbericht an die Regierung in Bayreuth mit: "Der Umsturz vollzog sich dahier in aller Ruhe. Am letzten Sonntag Vormittag [10.11.] fand dahier auf dem Rathausplatz eine sehr wenig besuchte Volksversammlung statt. Unruhen oder Störungen irgend welcher Art ergaben sich weder bei dieser Gelegenheit noch auch seit dieser Zeit. Die städtischen Kollegien und die gesamte Bürgerschaft stellt sich auf den Boden der gegebenen Verhältnisse und ist sich ihrer Pflicht vollauf bewusst, alles dazu beitragen zu lassen, um die Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und die geordnete Fortentwicklung der Dinge zu erleichtern." Den ASB-Rat hielt er nicht einmal für erwähnenswert.
Das sah auch der Vorstand des Bezirksamts Forchheim, Josef Völker, so, der sonst sehr detaillierte Berichte nach Bayreuth lieferte und seine eigene Meinung meist in Volkes Stimme kleidete. Kein Wort vom Forchheimer ASB-Rat, größere Bedeutung maß er der Beobachtung zu, "daß in der Nacht vom letztverflossenen Samstag auf Sonntag [9./10.11.] junge Burschen aus Nürnberg in der Stadt Gräfenberg johlend und schreiend Hochrufe auf Freiheit und Republik ausbrachten." Eine Woche zuvor hatte er geschrieben: "Allein wenn auch früher schon von Unzufriedenen mit dem Worte Revolution gespielt wurde, glaube ich doch, daß die Bevölkerung den Umsturz, wie er in einer Reihe von Städten unternommen wurde, nicht billigt und insbesondere die baldige Wiederherstellung der gestörten Ordnung in der Bayer. Hauptstadt aufrichtig wünscht."
"Teilweise ganz teilnahmslos"
Von einer Revolution war auch in Ebermannstadt nichts zu spüren. Nach den Zeitungsmeldungen gab es in Amtsbezirk nur in Hollfeld einen ASB-Rat und in Aufseß einen Arbeiter- und Bauernrat. Große Aufregung scheinten beide nicht hervorgerufen zu haben. "Die ländliche Bevölkerung steht der Umwälzung teilweise ganz teilnahmslos gegenüber", fasste der Vorstand des Bezirksamts Kulmbach die Situation Mitte November 1918 in der Fränkischen Schweiz zusammen. "Im ganzen Amtsbezirke kam es nirgends zu Unruhen oder Ausschreitungen."