Ein abgemeldetes Wohnmobil sorgt in Forchheim für viel Aufregung

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In der Lichteneiche lebt eine Frau seit Jahren im alten Wohnmobil am Straßenrand. Fotos: Andreas Schmitt
In der Lichteneiche lebt eine Frau seit Jahren im alten Wohnmobil am Straßenrand.  Fotos: Andreas Schmitt
Die Lichteneiche ist eine schmale Straße. Auf der einen Seite stehen die Häuser, auf der anderen ist ein Parkstreifen, auf dem das Wohnmobil steht. Foto: Andreas Schmitt
Die Lichteneiche ist eine schmale Straße. Auf der einen Seite stehen die Häuser, auf der anderen ist ein Parkstreifen, auf dem das Wohnmobil steht.  Foto: Andreas Schmitt
 

In der Lichteneiche lebt eine Frau im abgemeldeten und abgedunkelten Fahrzeug am Straßenrand. Wenige Meter neben Anwohnern, die der Stadt Vorwürfe machen.

Eigentlich hat in der "Lichteneiche" in Forchheim alles seine Ordnung. Die Häuser sind gepflegt, in den Vorgärten wird gewerkelt, die Autos stehen in Garagen oder unter Carports. Doch eine Sache sorgt unter den Anwohnern der Siedlungsstraße für Unfrieden.

"Wir kommen uns veräppelt vor. Bei den Ämtern sagt jeder Ja, ja, ja - aber es passiert nichts", klagt Renate Drummer. Grund ihres Ärgers ist ein Wohnmobil, das seit fast drei Jahren auf der öffentlichen Parkfläche neben der schmalen Straße steht - wenige Meter von ihrem Gartenzaun entfernt. "Die Zulassung ist seit einem Jahr abgelaufen, die Fenster sind komplett mit Sichtbarrieren verhängt", erzählt Drummer.


Frau wohnt im alten Peugeot

Der alte Peugeot ist die Wohnung einer Frau, deren Name in der Nachbarschaft in aller Munde ist; zu sehen ist sie aber nur selten. Auch der FT hatte kein Glück. Als er am Wohnmobil klopfte und mit ihr sprechen wollte, gab es keine Reaktion. "Sie geht immer oben durch das Gebüsch raus", sagt Drummer, die seit September 2016 in der Straße lebt und sich beim Blick aus dem Fenster wie in einem schlechten Film vorkommt. "Wir zahlen viel Geld für unser Haus und müssen ständig rangieren, um aus unserem Grundstück zu kommen. Außerdem fühle ich mich beobachtet", schildert sie ihre Gefühlswelt.


Anwohner sind genervt

Und sie ist kein Einzelfall. Eine Nachbarin, die namentlich nicht genannt werden möchte, wohnt schon länger in der Lichteneiche und hat gesehen wie die Frau im Juli 2014 angekommen ist. "Anfangs war sie gesprächig und erzählte, ihre Wohnung sei überisoliert. Wir dachten, sie will nur für den Übergang hier sein. Dann zog sie nicht mehr weg", schildert die Anwohnerin, die auch von Drohbriefen berichtet. "Als es Beschwerden gab, wollte sie die Nachbarschaft wegen versuchter gemeinschaftlicher Erpressung anzeigen."

Doch nicht nur deswegen liegen die Nerven der Anwohner, die vor etwa fünf Jahren teilweise fünfstellige Beträge für die Sanierung der Straße berappen mussten, blank. Es geht ihnen um rechtliche Gleichbehandlung. Die Anwohnerin: "Wir mussten ein Carport für unseren Wohnwagen bauen, und die steht da immer."


Stadt seit einem Jahr informiert

Bei der Stadtverwaltung ist das Problem bestens bekannt. "Wir haben schon im April 2016, als die Zulassung des Wohnmobils abgelaufen war, Briefe an das Straßenverkehrs- und das Ordnungsamt geschrieben", sagt Klaus Reichardt, dessen Frau das mittlerweile von Renate Drummer bewohnte Haus im Frühjahr 2016 geerbt hatte. "Beim Ausräumen kamen die Lkws mit den Mulden nicht herein", erinnert sich Reichardt, der der Stadt Vorwürfe macht. "Es kann nicht sein, dass die einfach nichts unternehmen."

Roland Brütting, Leiter des Straßenverkehrsamtes, erklärt: "Die Straßenverkehrsordnung bietet außer einer Verwarnung keine geeigneten Möglichkeiten." Er verweist auf das Bauverwaltungsamt. Dessen Leiter Roland Eismann: "Wir können sie nicht von heute auf morgen auf die Straße setzen. Das empfinden wir aus Gründen der Mitmenschlichkeit nicht als angemessen. Deshalb nutzen wir einen Ermessensspielraum und möchten ihr die Chance geben, sich etwas Eigenes zu suchen."

Britta Kaiser, Pressesprecherin der Stadt, betont ebenfalls, dass der soziale Aspekt nicht vergessen werden sollte. Nichtsdestotrotz sei einiges versucht worden, um die Situation zu lösen. So habe man der Frau mehrfach gesagt, dass sie nicht an der Straße wohnen könne. Ferner sei schriftlich mitgeteilt worden, dass das Abstellen des Wohnmobils ohne Sondernutzungserlaubnis verboten ist. Kaiser: "Sie wurde auch schon aufgefordert,, das Wohnmobil zu entfernen." Außerdem habe es Vorschläge für Plätze in einer Obdachlosenunterkunft oder alternative Stellflächen gegeben. Die Frau habe dies aber abgelehnt.

Renate Drummer, die auch ein persönliches Gespräch mit Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) hatte, kann das nicht nachvollziehen. "Warum geht es immer nach ihren Wünschen? Warum gelten nicht für alle gleiche Rechte? "


Entscheid mittlerweile erteilt

Britta Kaiser bedauert, dass der Zustand den Anwohnern viel Geduld abverlange. Das Thema sei in mehreren Sitzungen des OB mit Referatsleitern auf der Tagesordnung gewesen.

Zwischen FT-Anfrage und dem Erscheinen des Artikels meldet sich Kaiser nochmal: "Ein Bescheid wurde erteilt. Sie hat jetzt eine Frist von drei Monaten, sonst ist zwangsweises Abschleppen angedroht." Weiterhin, so Kaiser, bestünden aber unbürokratische Angebote, beim Abschleppen und der Unterbringungs-Suche zu helfen.



Experten bewerten die rechtlichen Grundlagen

Vorschriften "Ein abgemeldetes Fahrzeug auf öffentlichen Flächen ist ein permanenter Rechtsverstoß", sagt Christian Mulzer, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Würzburg. Das bayerische Innenministerium schreibt: "Das längerfristige Wohnen ist eine unerlaubte Sondernutzung, für die es eine besondere Erlaubnis der Kommune bräuchte."

Sanktionen Markus Hauser aus dem Ministerium: "Die Behörde kann Anordnungen treffen oder den Zustand auf Kosten des Pflichtigen beseitigen (lassen). Außerdem können Gebühren erhoben werden." Fachanwalt Mulzer: "Das Abschleppen ist nicht erlaubt, wenn jemand im Fahrzeug ist. Nach einer Frist ist jedoch Zwang möglich." asch




Ein Kommentar von Redaktionsmitglied Andreas Schmitt


Glaubwürdigkeit in Gefahr

Ein Wohnmobil steht an einem Ort, an dem es nicht stehen darf. Ja, auf den ersten Blick wirkt das wie eine Bagatelle. Aber es geht um mehr. Der nicht geahndete permanente Rechtsverstoß ist ein Angriff auf einen Grundkonsens unserer Gesellschaft. Dass Regeln und Gesetze für alle gleichermaßen gelten.

Wie bitte soll man einem Falschparker, der in der Innenstadt ein Knöllchen bekommen hat, erklären, warum die Verkehrsregeln dort gelten und im Nordosten der Stadt nicht? Warum soll sich ein Anwohner in der Lichteneiche an die Einbahnstraßenregelung halten, wenn einige Meter das abgemeldete Wohnmobil steht?

Nur wer das Nichteinhalten von Regeln konsequent sanktioniert, kann mit Akzeptanz rechnen. Wenn die Stadt das Wohnmobil nun entfernen will, ist das der richtige Weg. Geschieht dies nicht, machen sich die Behörden mit jedem weiteren Tag, an dem es dort steht, ein wenig unglaubwürdiger.