Jürgen Pöhlmann aus Ebermannstadt radelte im Sommer von Jekaterinburg nach Irkutsk. Er erlebte dabei das "Chicago" und das "Paris" von Russland.
Wenn der 58-jährige Jürgen Pöhlmann aus Ebermannstadt auf seine Weltkarte schaut, kann er voller Stolz zeigen, wo er schon überall mit dem Fahrrad unterwegs gewesen ist. Alleine in diesem Sommer legte er 3820 Kilometer auf dem Drahtesel zurück - und zwar in Russland.
Seit 15 Jahren fährt der begeisterte Radler als Rad- und Kulturführer quer durch Franken und seit neun Jahren durch die ganze Welt. Im Juni flog Pöhlmann von Nürnberg über Paris und Moskau nach Jekaterinburg. "Und das startete gar nicht gut, denn ich musste zwei Tage im Flughafen übernachten, denn mein Gepäck war nicht da", erzählt der Ebermannstadter. Das brachte dann gleich mal seinen Zeitplan durcheinander und er musste statt 160 Kilometer 200 am Tag schaffen.
Einst Fort der Kosaken
Von Jekaterinburg ging es per Rad los nach Tyumen, einer Stadt mit 590 000 Einwohnern, die 1568 als Fort von Kosaken gegründet worden war. "Nach dem schlechten Start hatte ich aber Glück, denn auf der Strecke gab es einen Sturm und ich hatte Rückenwind, so dass ich in nur vier Tagen 1000 Kilometer geschafft habe", freut sich Pöhlmann. Die Fahrt durch die russische Tiefebene begeisterte den Ebermannstadter: "Das ist eine tolle Landschaft. Und am Straßenrand wird so ziemlich alles verkauft." Allerdings konnte er nur wenige Pausen machen, da er sonst von Mücken zerstochen worden wäre.
Von Zar Peter dem Großen
In Omsk gab es dann allerdings Regen. In der 1716 von Zar Peter dem Großen gegründeten Stadt besuchte der Radler die Maria-Himmelfahrts-Kirche. Von dort aus ging es nach der Überquerung des Ob weiter nach Nowosibirsk. "Das ist geografisch gesehen der Mittelpunkt Russlands. Die Stadt wird auch Chicago von Russland genannt", erzählt Pöhlmann. Und wieder erwartete ihn eine Situation, mit der er nicht gerechnet hatte: Smog. Auf etwa 800 Kilometern fuhr der Ebermannstadter durch Qualm und konnte nicht mehr sehr weit sehen. Verheerende Waldbrände hatten in Sibirien eine Fläche von der Größe Brandenburgs erfasst und sorgten für Smog in der Region um Krasnojarsk. Das schlug sich nicht nur aufs Gemüt, sondern war auch belastend für den Körper, und Pöhlmann dachte über ein Aufgeben nach. Doch er hielt durch.
Lange Eisenbahnbrücke
Begeistert war der Radler von den Hügeln um Krasnojarsk herum und der fast einen Kilometer langen Eisenbahnbrücke über den Jenissei. Sie war für die transsibirische Eisenbahn errichtet worden. Auf dieser Strecke traf er auch japanische Tourenradler, die von Tokio nach Helsinki unterwegs waren. Von Krasnojarsk machte sich der Ebermannstadter weiter auf Richtung Irkutsk und den Baikalsee. Doch auch hier erwartete ihn eine Überraschung.
Im Juni war in Sibirien ein Staudamm gebrochen und hatte die Stadt Tulun und die Region überschwemmt. "Da stand ich dann mit dem Fahrrad auf der Straße, auf der ich fahren wollte, vor einer Sperre und sah nur noch Wasser vor mir - und keine Straße mehr", berichtet Pöhlmann. Von einem Fernseh-Team bekam er den Tipp, dass noch eine Eisenbahnbrücke heil sei. So machte er sich auf zum Bahnhof. Doch dort hätte er sich mit seinem Fahrrad gar nicht aufhalten dürfen. "Zum Glück half mir eine russische Familie und ich konnte ein Stück mit der Eisenbahn zurücklegen", erzählt der Ebermannstadter. Doch dann erreichte er die Stadt Irkutsk, die auch Russlands Paris genannt wird. "Hier hatte ich traumhaftes Wetter", blickt Pöhlmann zurück. Er schwärmt von den Sehenswürdigkeiten und seinen Ausflügen an den Baikalsee, dem tiefsten und ältesten Süßwassersee der Erde. "Es heißt, wer in dem eiskalten See einmal gebadet hat, wird ein anderer Mensch. Ich bin jetzt ein anderer", sagt Jürgen Pöhlmann und lacht. Vergessen sind alle Strapazen. Mittlerweile plant er seine nächste Tour: von Irkutsk über die Mongolei nach Peking. Allerdings gibt es noch Probleme mit den Visa. Aber auch hier bleibt Jürgen Pöhlmann dran.