Dienstältester Wirt Forchheims schließt Lokal

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Legendär: Das "Schnitzel spezial", das Otto Habranke als Tagesgericht für fünf Euro servierte. Foto: Oswald
Legendär: Das "Schnitzel spezial", das Otto Habranke als Tagesgericht für fünf Euro servierte.  Foto: Oswald
Asbach uralt: Ein Bild aus den Achtzigern.
Asbach uralt: Ein Bild aus den Achtzigern.
 
In der Küche: Die flotte Liselotte.
In der Küche: Die flotte Liselotte.
 
Alles Otto oder was: mit 25.
Alles Otto oder was: mit 25.
 

Nach 43 Jahren hinterm Tresen schließt Otto Habranke seine Gaststätte "Fränkische Schweiz". Mit seiner Frau Liselotte hinterlässt er eine Lücke für seine Gäste. Vor allem bei Senioren beliebt war sein Erfolgsrezept: Das Fünf-Euro-Tagesgericht.

Schon vor Jahren hatte sich ein hochbetagter Gast gesorgt: "Wer kocht einmal für mich, wenn's den Otto nicht mehr gibt." Damals war die Sorge noch verfrüht. Doch wer sich heute nach einem "Knusperschnitzel spezial" sehnt, der wird enttäuscht sein: Gestern war Zapfenstreich bei Otto. Forchheims dienstältester Wirt hat sein 1971 eröffnetes Gasthaus "Fränkische Schweiz" am Forchheimer Marktplatz für immer geschlossen . Der 68-Jährige, der erst im vergangenen Jahr mit der Ehrennadel der Stadt gewürdigt wurde, resümiert: "Die 43 Jahre als Gastwirt waren eine schöne Zeit - aber alles hat einmal ein Ende."

1958 "rüber gemacht"

Der Anfang in Forchheim steht für Otto Habranke rückblickend unter einem besonderen Datum: "Ich kam am 13. August 1958 aus der DDR rüber - am genau gleichen Tag, nur drei Jahre später, ist die Mauer gebaut worden!" Seine Familie stammt aus dem Sudetenland und war durch die Vertreibung nach dem Kriege in alle Richtungen verschlagen worden. "Wir haben uns in Forchheim wiedergetroffen", erklärt Otto.
Habranke kann auf ein bewegtes Berufsleben zurückblicken: Zunächst lernte er bei Radio Mose Fernsehtechniker. Ab 1967 arbeitete er bei der Post in Erlangen und bald danach bei dem Fertighaushersteller Heinlein. Nebenbei war er beim VfB engagiert - sportlich in der Handballabteilung und bei den Judoka und gastronomisch als Bedienung im Vereinslokal. Das war die Initialzündung für seine Karriere als Wirt. Die Schwiegermutter war Köchin - und was lag da näher, als die VfB-Halle zu bewirten. Dies tat er von 1968 bis '71.

Treffpunkt der Berufsschüler

Als Otto erfuhr, dass das Gasthaus "Fränkische Schweiz" zu pachten war, griff er zu. Man glaubt es kaum, wenn man den heutige Gästestamm kennt, dessen Altersdurchschnitt jenseits der 60 liegt: Am Anfang war Ottos Wirtschaft Treffpunkt der Jugend. " Vor allem die Schüler der damals nahe gelegenen Berufsschule sind zu mir zum Essen gekommen", erzählt der altgediente Wirt. Mit der Verlagerung der Berufsschule in den Achtziger Jahren - die über 2000 Schüler mussten aus Raumnot zeitweise auf über zehn Schulhäuser verteilt werden - erlebte das Gasthaus einen deutlichen Geschäftseinbruch. Die jungen Gäste blieben aus - und Ottos Küche blieb fortan kalt. Es lief nur noch der Bierausschank. Seine Frau Liselotte, eine gelernte Schneiderin, war gezwungen, wieder mit der Arbeit bei Weber&Ott zu beginnen. Doch Otto gab nicht auf. Mit einer Küchenhilfe und einem kleinen Speisenangebot gelang es ihm, wieder Fuß zu fassen. Seine Erfolgsidee: Das wechselnde Tagesgericht - für nicht mehr als acht Mark! "Das hat eingeschlagen", berichtet Otto - vor allem bei Senioren. "Das war eine Art Essens-Abonnement - jeden Tag etwas abwechslungsreiches auf dem Teller, zu einem günstigen Preis." Nach der Abschaffung der D-Mark stellte er um: auf ehrliche vier Euro! "Erst vier Jahre später habe ich dann wegen der steigenden Kosten auf fünf Euro erhöht", betont er.

Gut und günstig

Erna Freund gehörte zu den Stammgästen. "Ich geh' schon seit über 30 Jahren zum Otto", erzählt sie am letzten Öffnungstag. Was sie an ihm und seinem Lokal geschätzt hat, das ist "der persönliche Kontakt, das Beständige und die Hausmannskost: gut und günstig." Erna Freund gesteht: "Schade, dass der Otto zumacht - wo sollen wir denn jetzt hingehen?"
Otto Habranke und seine Frau Liselotte, die tagtäglich die Küche führte, scheiden mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Alles hat sei' Zeit", sagt sie - und er sagt seinen Gästen "Danke", auch für die vielen Abschiedsgeschenke, mit denen die beiden überhäuft worden sind.
43 Jahre lang wohnten und arbeiteten die Wirtsleute in der "Fränkischen Schweiz". Jetzt, wo der Schlüssel herumgedreht worden ist, leben sie - in der "Fränkischen"!