Warum ist diese Europa-Wahl ihrer Meinung nach wichtig?
Es ist erst das zweite Mal, dass der Chef der Kommission aus den Reihen des EU-Parlaments, das jetzt gewählt wird, berufen wird. Das ist eine wichtige Position. Er kann zum Beispiel in der EU-Außen- und Wirtschaftspolitik eine ganz eigene Politik fahren, da er den ganzen Ministerial-Apparat unter sich hat.
Und wie stark sind die Interessen der Kommunen in der EU aktuell vertreten?
Kaum. Der Einfluss ist noch relativ gering. Es ist schade, dass die europäischen Kommunen an den Gesetzgebungsverfahren wenig beteiligt sind. Wir sollten an den Gesetzen mehr mitreden und uns institutionell mehr beteiligen können. Wir als Kommunen müssen uns auch organisieren, damit unsere Stimme mehr gehört wird. Brüssel ist die wichtigste Stadt in Europa, da müsste das besser laufen.
Wie viel Zeit investieren sie selbst in diese Arbeit?
Das sind ungefähr zwei Arbeitswochen im Jahr, dafür nehme ich auch ein Stück meiner Freizeit. In Brüssel war ich aber schon eine Zeit lang nicht mehr. Das letzte Mal vor zwei oder drei Jahren, als ich mit europäischen Vertretern über die TTIP-Verhandlungen gesprochen habe.
Wie bewerten sie den Brüsseler Polit-Betrieb?
Da arbeiten hoch qualifizierte Fachleute, die berichten einem auch das, was wir zu Hause vor Ort feststellen. Wenn nationale Politiker nach Brüssel fahren, arbeiten sie dort auch konstruktiv mit. Die gleichen Politiker sagen aber am nächsten Tag dann im Heimatland: Die in Brüssel sind alle doof. Wenn es nicht in der Öffentlichkeit steht, arbeiten sie gut mit der Europäischen Kommission zusammen, wenn es aber an die Öffentlichkeit geht, deuten sie mit dem Finger nach Brüssel.
Europa und Franken - passt das überhaupt zusammen?
Wir Franken denken schon immer europäisch. Seit Karl dem Großen haben wir Europa mitgeprägt. Auch das Heilige römische Reich deutscher Nation war ja ungefähr Europa. Sprachlich sind uns zum Beispiel die Luxemburger auch näher als die Oberbayern. Sprich, wir Franken waren immer Europäer.
Das Interview führte Ronald Heck