Fränkische Langstreckenwanderin: Christine Thürmer über ihre Liebe zur Region - und ihren Trail-Namen
Autor: Julian Löhner
Forchheim, Donnerstag, 04. Mai 2023
Rund 5000 Kilometer trennen Langstreckenwanderin Christine Thürmer regelmäßig von ihrem Start- und Endpunkt. Dazwischen liegen etwa fünf bis sechs Monate zu Fuß, spannende Erlebnisse und abwechslungsreiche Wanderwege. Welche Bedeutung Franken für sie hat, was sie gegen Einsamkeit tut und warum man für eine längere Wanderung nicht trainieren muss, erzählt sie im Gespräch mit inFranken.de.
- Langstreckenwanderin Christine Thürmer im Gespräch mit inFranken.de
- "Bei den Bratwürsten bin ich wählerisch"
- Alleine wandern: zwischen röhrenden Hirschen und gescheiterten Ehen
- Tipps für Einsteiger: "Ich trenne mir die Etiketten aus der Kleidung und säge mir die Zahnbürste ab."
- Der Hintergrund eines Trail-Namens: Diese und weitere Anekdoten und Tipps von Christine Thürmer live in Erlangen erleben
Wandern ist für Christine Thürmer in den meisten Monaten im Jahr ihr Tagesinhalt, sie gilt sogar als meistgewanderte Frau der Welt. Die 55-jährige Forchheimerin hat den festen Wohnort mit ihrem Zelt eingetauscht und ist schon so oft durch Deutschland gewandert, sodass sie sich zu keiner bestimmten Region als dauerhaften Wohnort hingezogen fühlt. Besonders Franken hat es ihr aber nach wie vor angetan, auch wenn sie ihre Basis mittlerweile in Berlin hat und nur noch zu Familienbesuchen, zu besonderen Ereignissen oder natürlich zum Wandern zurückkommt. In ihrem aktuellen Buch "Auf 25 Wegen um die Welt" befasst sich ein eigenes Kapitel mit dem Frankenweg. Welche Erlebnisse sie dort beschreibt und was sie sonst auf ihren Wegen erlebt, liest du hier.
Gewicht des Rucksacks und besonderes Schuhwerk: Tipps für Wandereinsteiger
"Trainieren würde ich jetzt nicht unbedingt raten, weil man unterwegs ja sowieso fit wird", stattdessen setzt die 55-jährige Wanderin vor allem auf das richtige Schuhwerk. "Ein robuster Wanderstiefel wirkt auf den Fuß wie ein Korsett und begünstigt schnelles Ermüden oder Blasenbildung durch die repetitive Wanderbewegung. In Outdoor-Läden wird häufig zu Wanderstiefeln geraten, um den Fuß zu schützen, doch das ist grundlegend falsch." Stattdessen nutzt Thürmer leichte Trail-Running-Schuhe, die mit einer 90° biegbaren Sohle ausgestattet sind und bei jedem Schritt einen anderen Teil des Fußes belasten. Auf diese Weise ermüdet man langsamer. Außerdem sind diese Modelle leichter und trocknen bei Nässe schneller als herkömmliche Wanderstiefel. "Ich bin mit den Trail-Running-Schuhen sogar ins Hochgebirge und immer auf Wanderwegen unterwegs und nicht etwa auf Klettersteigen. "
Der entscheidende Faktor für eine Langstreckenwanderung ist ein möglichst niedriges Gewicht des Rucksacks. Die Zielmarke liegt bei fünf Kilogramm, ausgenommen Proviant und Wasser. Der Weg dahin: Wiegen, Weglassen, Abschneiden und Austauschen. Jeder einzelne Ausrüstungsgegenstand wird auf das Gramm genau erfasst und in eine Excel-Tabelle eingetragen. Als Nächstes wägt sie ab, ob sie den Gegenstand weglassen kann und sich so Gewicht sparen kann. "Ich persönlich wandere ohne Unterhose, das hat auch den Vorteil der besseren Belüftung. Es gibt kein überlebensnotwendiges Problem, wenn man die Unterhose zu Hause lässt."
Christine Thürmer präpariert ihr Equipment nach dem Prinzip der Gewichtsreduktion: "Nur weil der Hersteller jetzt fünf Schnallen an den Rucksack genäht hat, heißt es ja nicht, dass ich die brauche. Ich trenne mir die Etiketten aus der Kleidung und säge mir die Zahnbürste ab." Wenn das alles nichts hilft, bleibt der letzte Schritt des Austauschens, bevor der Zyklus wieder beim Wiegen beginnt und die Summe in der Excel-Tabelle schließlich irgendwann bei fünf Kilogramm liegt. Auch wenn das heißt, dass auf Gegenstände wie Handtücher oder ein Kamm verzichtet werden muss, oder der Rucksack mit einem ultraleichten Modell getauscht werden muss.
"Beim fränkischen R geht mir das Herz auf": Christine Thürmer über ihre Heimat und Franken als Wandergebiet
Im Gespräch kommt sie aus dem Schwärmen über ihre Heimatregion nicht mehr raus: "Ich stehe auf Gegenden, wo keiner hin will und damit meine ich, dass Franken eine unterschätzte Region ist und unglaublich viel zu bieten hat. In Franken gibt es jetzt kein zweites Neuschwanstein, aber immer wieder kleine, schöne Orte am Wegesrand, wie die Burgruine hier oder das Barockschloss dort. Bei Bayern denkt man immer direkt an die Alpen, aber Alpen kann jeder. Das ist alles ganz nett, ich finde Franken um Welten schöner, ursprünglicher und vor allem sparsamer." Besonders letzteres liegt ihr als Minimalistin besonders am Herzen und ist auch deshalb von der Region begeistert.
Den Frankenweg und 24 andere entdecken - Auf 25 Wegen um die Welt - das Buch auf Amazon ansehen"Mein Vater war überhaupt nicht outdooraffin, aber Ausflüge in die Fränkische Schweiz oder das Bamberger Umland standen trotzdem regelmäßig an, und zwar, um dann auf einen Keller zu gehen und zum Beispiel eine gute Brotzeit zu genießen. Ich persönlich trinke nicht mal Bier, das ist ja fast eine Schande. Ich weiß nicht, wie das eigentlich passieren konnte, aber es ist passiert." Stattdessen hat die Forchheimerin in der fränkischen Kulinarik ihre Erfüllung gefunden, zumindest was die Verpflegung unterwegs angeht: "Sobald ich in die Nähe komme, kaufe ich als Erstes ein Bamberger Hörnla. Auch die ausgezogenen Krapfen sind ein absolutes Highlight für mich. Das Schöne an Franken ist, dass man sich am Wegesrand gut verpflegen kann und fast überall ein gutes Leberkäs- oder Bratwurstbrödla bekommt. Besonders bei den Bratwürsten bin ich wählerisch geworden und freue mich immer, wenn ich wieder in Franken bin."