Wie kommt Forchheim aus Ihrer Sicht durch die Corona-Krise?
Ich habe den Eindruck, es wird umsichtig, aber mutig regiert. Forchheims OB Uwe Kirschstein ist einer, der abwägt, nicht in Panik verfällt. Forchheim, und auch Bamberg, bewegen sich in einem ruhigen Fahrwasser. Das ist auch dem geschuldet, dass es eine wirtschaftlich starke Region ist. Daher kann man mit Krisen sicher besser umgehen, als es eine wirtschaftlich gebeutelte könnte. Bei all den Problemen und Schwierigkeiten, die es gibt, leben wir im Vergleich zu anderen Region noch fast in einer Oase der Glückseligkeit.
Liegt das nur an der wirtschaftlichen Stärke oder vielleicht auch an der Mentalität der Menschen hier?
Mit Sicherheit: Hier wird nicht gejammert, hier wird gemacht. Gemotzt ja, aber nicht gejammert. (
lacht) Das merken wir jetzt in ganz Deutschland. Es ist ein starkes Land - das ist unsere Chance. Die Krise beutelt die ganze Welt und da wird es am Ende auch wieder ein paar Gewinner geben. Ich würde mir wünschen, dass Deutschland nicht als Verlierer aus dieser Krise herausgeht.
Sie haben das Konjunkturpaket der Bundesregierung bereits angesprochen. Es soll 130 Milliarden Euro sein und mit vielen Maßnahmen Verbraucher und Kommunen entlasten. Werden Sie im Bundestag dafür stimmen?
Mein erster Gedanke war, wow. Es sind 57 Maßnahmen, da ist an jeden gedacht worden. Aber Geld bereitstellen, ist das eine. Das ist einfach. Die Kunst wird der Abfluss sein und das Land damit zukunftsfähig zu machen.
Kommunen erstellen Konzepte, Unternehmer sind kreativ - jetzt ist die Politik gefragt und hat mit dem Paket bereits ein Signal gesendet. Was steht auf Ihrer Agenda ganz oben?
Einmal sind es die Bereiche Tourismus und Gastronomie, die unsere Region stark prägen. Wir müssen schauen, dass sich große Veranstalter wie Tui nicht auf Kosten der kleinen Reisebüros versuchen, gesund zu stoßen. Dann müssen wir im Blick haben, dass in dem Konjunkturpaket ein großes Wasserstoffpaket geschnürt worden ist, auch ein Elektropaket. Wir haben hier viele Automobilzulieferer - die sollen ihren Teil des Kuchens abbekommen. Von den Geldern des Paketes müssen wir einiges in die Region umleiten.
Dass der Verbrennermotor aus der Förderung herausgefallen ist, wird bei manchen in der Region wohl keine Jubelstürme auslösen...
Ich glaube nicht, dass der Autokauf bei den Menschen gerade ganz oben auf ihrer Liste steht. Familienbonus, Umsatzsteuer - das wird mehr greifen. Und die Automobilindustrie wird ja auch gefördert. Nur nicht durch Kaufanreize für Autos. Sie soll sich Gedanken machen, wie die Motorentechnik und die Mobilität der Zukunft aussehen sollen. Hier werden Milliarden zur Verfügung gestellt und dort ist das Geld auch sinnvoller angelegt.
Sie haben Mobilität angesprochen. In Forchheim schwelt ein Streit zwischen Kreis und Kreisstadt über den ÖPNV wegen der Zuständigkeiten. Wenn die Angebote sich vor allem in den ländlichen Gebieten nicht verbessern, wird das Auto in der Region wohl nie an Bedeutung verlieren. Haben Sie eine Idee, das zu lösen?
Das geht nur gemeinsam. ÖPNV kostet Geld, da dürfen wir uns nichts vormachen. Und er wird nur funktionieren, wenn er vernünftig bezahlbar ist für den Kunden und wenn es eine gute Taktung gibt. Im Konjunkturpaket ist dafür Geld enthalten. Dann müssen sich Landrat und Oberbürgermeister an einen Tisch setzen und eine Lösung finden. Wir könnten sogar großflächiger denken: Bamberg wäre ein weiterer Kooperationspartner oder Erlangen.
Also brauchen wir einen Regionalen Omnibusbahnhof (ROB) auch in Forchheim, wie er etwa in Bamberg gerade zur Debatte steht?
Das ist für mich eine Frage der Qualität. An einem ROB kann ich mehr als Züge und Busse andocken - Carsharing, Bikesharing. Ein ROB verteilt und lenkte Verkehr, daher macht er Sinn.
Sie sind nun stellv. Haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. "[...] werde ich, gerade in Zeiten der Corona-Krise, Projekte und Gesetzesinitiativen unterstützen, die den Menschen und Unternehmen in unserer Region helfen, diese Krise besser bewältigen zu können", sagen sie. Was meinen Sie genau?
Zum einen die Transformation der Wirtschaft, was Innovationen betrifft. Wir müssen die Bedarfe unserer Sport- und Kulturstätten anschauen. Es gibt einen Fonds für Denkmalschutz, von dem etwa das Forchheimer Rathaus mit mehr als sieben Millionen Euro profitiert hat. Wir müssen uns mit den Menschen und Unternehmen vor Ort zusammensetzen und fragen: Habt ihr eine pfiffige Idee in Sachen ÖPNV oder Umwelt- und Klimaschutz, für die wir einmal einen Modellversuch mit Bundesgeldern anlaufen lassen können. Da ist vieles möglich im Moment.
Glauben Sie ernsthaft, dass die aufgenommenen Schuldenberge uns nicht über Generationen hinaus in den Ruin stürzt?
Geld kostet im Moment nichts. (
lacht) Sicher sind da auch Wirtschaftsabläufe im Moment auf den Kopf gestellt. Wenn wir das Geld aber vernünftig investieren und eine gute Verzinsung bekommen, um das Land moderner sowie wettbewerbs- und zukunftsfähiger gestalten, dann ist das gut angelegt. Wir haben halt erst eine Krise gebraucht, um diesen Schritt zu gehen. Denn es ist nicht gerade deutsche Mentalität, in Schulden zu rennen.
Das geschnürte Paket soll ja vor allem Kommunen finanziell helfen. Können wir davon ausgehen, dass in heuer wegen Corona sogar mehr geschafft wird als gedacht?
Diese Regierung war sowieso schon die kommunalfreundlichste, die Deutschland je hatte. Es ist wichtig, dass die Kommunen handlungsfähig sind und bleiben. Hier findet das Leben statt. Ich gehe davon aus, dass wir das vernünftig hinbekommen. An der Gewerbesteuer kann es nicht liegen, dass eine Kommune nicht investiert - die wird ausgeglichen. Zudem gibt es Investitionspakete für Kitas sowie Sport- und Kulturstätten.
Als Bürger können wir uns sicher darauf freuen, dass in den kommenden Monaten einiges umgesetzt wird - mit Blick auf die Wahl...
Dass 2021 Bundestagswahlen sind, macht die Sache für die Menschen nicht schlechter. (
lacht) Im Wahlkampf sind manche gesprächsbereiter und sicher geht auch manches etwas schneller.