Bevor die Brüder Adi und Rudolf Dassler sich zerstritten und als Gründer von Adidas und Puma ihre eigenen Wege gingen, gab es eine gemeinsame Schuhfabrik.
                           
          
           
   
          von Klaus-Peter Gäbelein "Die Stadt des gesenkten Blicks" - so hat man vor 30 oder 40 Jahren die Stadt Herzogenaurach einmal genannt. Gesenkter Blick deswegen, weil die "Eingeborenen" streng auf die Schuhe der Menschen gesehen haben, die an ihnen vorbeiliefen. Trugen die etwa Treter mit drei Streifen oder etwa mit dem seitlichen Längsstreifen, dem "formstrip"? 
Adidas oder Puma, das war die Frage, als das Städtchen noch gespalten war in "Adianer" und "Pumaner". Als es eine Todsünde war, wenn jemand, der bei Adidas arbeitete, den geheiratet hat, der bei der Firma mit der Raubkatze beschäftigt war.
Am Karfreitag werden die Herzogenauracher gespannten Blicks das 120 Minuten lange "Geschichtsdrama" und als TV-Biografie in den Programmzeitschriften angekündigte "Duell der Brüder" bei RTL ansehen. 
Was werden die aus dem Konkurrenzkampf der beiden Brüder, aus dem oftmals als "Bruderkrieg" bezeichneten Wettstreit zwischen den Brüdern Adolf und Rudolf Dassler, gemacht haben? 
  
  Addas und Ruda
 
Man muss schon vor 1940 geboren sein, wenn man bei diesem brisanten Thema mitreden will. Denn just am Tag nach der Währunsgreform in Deutschland, am 21. Juni 1948, eskalierten die Meinungsverschiedenheiten zwischen Adolf und Rudolf Dassler. Die bis zum zweiten Weltkrieg in der Sportschuhbranche erfolgreichen Brüder trennten sich. In den folgenden Jahren ging man getrennte Wege: die einen, die "Größeren", drüben an der Bahn (Adidas), die anderen am nördlichen Ufer der Aurach (Puma). Die "einen" sollten erst "addas" heißen, doch da intervenierte eine Kinderschuhfabrik namens "ada ada" wegen der Namensgleichheit. 
Und die "anderen" hießen zuerst "Ruda" (aus Rudolf Dassler), bevor der werbewirksamere Name "Puma" kreiert wurde. Ob der Name wirklich wegen der Eleganz des Firmengründers gewählt wurde, ist und bleibt sicherlich ein Geheimnis, es sei denn, die Filmemacher fanden eine andere Erklärung.
Fakt ist, dass am 1. Juli 1924 in das Firmenregister eine Schuhfabrik namens Geda eingetragen worden ist. Geda, das bedeutete nichts anderes als "Gebrüder Dassler". Adolf Dassler (Jahrgang 1900), in der Bäckerei Weiß in der Bamberger Straße als Bäcker ausgebildet, sagte nach dem Kriegseinsatz von 1917/18 dem erlernten und anstrengenden Beruf "ade" und ließ sich von Vater Christoph, einem gelernten Weber, aber später tüchtigen Schuhfacharbeiter, zeigen, wie man Schuhe fertigt. Der smarte Adolf, begeisterter Sportler, wollte für jede Sportart einen geeigneten Schuh entwickeln. 
Schließlich braucht ein Rennläufer anderes Material als ein Fußballspieler.
  
  Vater Christoph war der Kopf
 
Unter Anleitung des Vaters fabrizierte er in der gerade einmal 20 Quadratmeter großen Waschküche der Mutter im Elternhaus am Hirtengraben die ersten Schuhe. Und weil Bruder Rudolf (Jahrgang 1898), kaufmännisch vorgebildet, die Idee nicht übel fand, ließ er sich von der Idee einer Schuhfabrik überzeugen und mit Vater Christoph als praktischem Kopf gründete man die genannte Firma.
Erfolge blieben nicht aus. Bei den Olympischen Spielen 1928 und 1932 eroberten Sportler erste Medaillen mit Geda-Schuhen und 1936 in Berlin sprintete und sprang der US-Amerikaner Jesse Owens zu vier Goldmedaillen in Dassler-Schuhen. 
Ob das spätere Zerwürfnis nur auf der unterschiedlichen Philosophie der Brüder beruhte, ob die Entnazifizierung eine Rolle gespielt hat (Adi war nach kurzer Zeit bei der Wehrmacht "uk", also "unabkömmlich" gestellt, während Rudolf von den Amis in ein Internierungslager gesteckt worden war) und ob wirklich die Ehefrauen der beiden eine Rolle gespielt haben (hier die in die Firma integrierte Pfälzerin Käthe, dort die mütterliche Friedl), wird vielleicht auch die Dokumentation im Anschluss an den Film auflösen. Fakt ist, dass noch heute im Städtchen - vor allem unter der Damenwelt - die Meinung vorherrscht, die da auf gut fränkisch lautet: "Die Weiber woärn schuld!" 
Der Fernsehabend:
Film: RTL zeigt "Duell der Brüder - Die Geschichte von Adidas und Puma" am Karfreitag um 20.15 Uhr. 
Erzählt wird über 30 Jahre hinweg (bis zur WM 1954) die Geschichte zweier Brüder: Adolf (Ken Duken) und Rudolf Dassler (Torben Liebrecht).
Doku: Im Anschluss an den Spielfilm läuft die Dokumentation "Adidas vs. Puma - Die Geschichte des Dassler-Clans".
Reaktionen: Helmut Fischer (Puma): "Vieles wird im Film verfälscht"von Bernhard PanzerEr ist ein Puma-Urgestein und eng verwurzelt mit seiner Heimatstadt Herzogenaurach. Und er kennt sich aus mit der Entwicklung der Sportschuh-Unternehmen an der Aurach und der Familiengeschichte der Dasslers. Deshalb war Helmut Fischer auch sehr interessiert, als ein Kamerateam im Auftrag von RTL einen Film über den Streit der Brüder drehte. 
Als er das Ergebnis mit Kollegen von Puma aber vorab gesehen hat, "da waren wir enttäuscht". Vieles sei nicht nur verdreht, sondern verfälscht worden, klagt der Herzogenauracher. Vor allem sei die wahre Person des Puma-Gründers Rudolf Dassler nicht richtig dargestellt worden. 
  
  Historische Ungenauigkeiten
 
Es gehe ihm nicht darum, beleidigt zu sein oder in irgendeiner Form nachzutreten, sagt Fischer. Natürlich sei Adidas letztlich das größere Unternehmen geworden, und "Puma" Rudolf habe sicherlich auch nicht immer alles richtig gemacht. Aber man könne eine Geschichte nicht so hindrehen, wie sie dem Regisseur gefällt. Zumal es ja nicht um erfundene Personen geht, sondern eben um das Duell der beiden Brüder Adolf und Rudolf. 
Fischer: "Man sollte historische Wahrheiten nicht verfälschen." 
Und historische Ungenauigkeiten sind nach Fischers Meinung vielfach enthalten in einem Film, der sicher unterhaltsam sei, aber eben auch nicht echt. Dieser Film stelle das Verhältnis der Brüder einseitig dar, es sei das beliebte Spiel "good boy - bad boy" und Rudolf — flapsig Rudi genannt — werde zum Verlierer abgestempelt. Fischer sei schon nach den ersten Minuten klar geworden: "Das wird ein Film über Adi Dassler."
Im Pressegespräch nennt der Herzogenauracher "Puma" Beispiele für verzerrte Darstellungen. "Beide Brüder waren sportlich, nicht nur der Adi", sagt er. Im Film sehe man Rudolf aber als Lebemann im Cabrio. Auch eine Szene mit Jesse Owens ärgert den Herzogenauracher. Der Olympiasieger sei nicht in Schuhen von Adi Dassler gelaufen, sondern der Gebrüder Dassler. 
Rudolf habe die Gespräche geführt, nicht Adi, wie im Film dargestellt. Fischer: "Der hat sein ganzes Leben lang nicht ein Wort englisch gesprochen." 
  
  Fischers Tipp zur Doku
 
Sicherlich gehöre es zu einer Soap einfach hinzu, manches dazu zu erfinden, sagt Fischer. Die Wahrheit sollte aber dennoch Wahrheit bleiben, und außerdem gebe es Grenzen. So werde Rudolf einmal gar als Rassist gezeigt. "Das ist richtig falsch", echauffiert sich Fischer. "Das hat Rudolf Dassler nicht verdient." Natürlich sei Adi ein genialer Schuster gewesen, doch ohne Rudolfs Vermarktungsgeschick hätte es in der gemeinsamen Anfangszeit keinen Erfolg gegeben. Teilweise aber verdrehe der Film historische Wahrheiten ins Gegenteil, behauptet Helmut Fischer. Beispielsweise auch die beliebte Schraubstollen-Geschichte. Eine sensationelle Erfindung, die mit Adidas in Verbindung gebracht werde. 
Aber: Die Brüder hätten diese getrennt voneinander entwickelt und Rudolf habe 1954 als erster solche Schuhe zur Marktreife gebracht. Das habe Puma 2006 schon nachgewiesen, erinnert Fischer. 
Dem Film am Karfreitagabend schließt sich eine Dokumentation an. Die hat Fischer noch nicht zu Gesicht bekommen, sie soll aber zutreffend sein. Jetzt hofft der Herzogenauracher, dass sich die Fernsehzuschauer nicht mit Kino zufrieden geben, sondern auch die sachliche Information schätzen.