Vom Bäcker zum Millionär

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Die Räume der Bäckerei existierennicht mehr. Es wurde Platz für neuen Wohnraum geschaffen. Foto: Gäbelein
Die Räume der Bäckerei existierennicht mehr. Es wurde Platz für neuen Wohnraum geschaffen.  Foto: Gäbelein
Die Bäckerei war bei Führungen immer ein Anlaufpunkt. Fotos: Michael Busch
Die Bäckerei war bei Führungen immer ein Anlaufpunkt.  Fotos: Michael Busch
 
Durch die Scheiben schaute man in die alten Backräume.
Durch die Scheiben schaute man in die alten Backräume.
 
 
 

Unbemerkt von der Öffentlichkeit verschwand ein Gebäude, das ein Stück Herzogenauracher Geschichte beinhaltete.

Es ist vielleicht ein ungewöhnlicher Zeitsprung. Liegen sonst Jahrzehnte zwischen zwei Bildern, sind es in diesem Fall "lediglich" acht Monate. Das liegt daran, dass es in diesem Fall um einen ungewöhnlichen Ort, noch mehr aber um eine ungewöhnliche Karriere geht.
Aber erst einmal der Ort. Auf dem einen Foto sieht man das ehemalige Gebäude der Bäckerei Weiß in Herzogenaurach. Über die Bäckerei weiß man wenig. Sie wurde 1912 errichtet und als Bäckerei angemeldet, aber bereits im Zweiten Weltkrieg stillgelegt. Danach war dort ein kleiner Laden mit wenig Anziehungskraft. Der Verkaufsraum und einige Büros dienten lange Zeit als Bürgerbüro der SPD.


Erst einmal die Bäckerlehre

Doch nun geht es um die Person. Wir schauen auf die Geschichte der Familie Dassler.
Vater Christoph Dassler verfolgte Anfang des 20. Jahrhunderts besorgt, wie es in den Kriegswirren des 1. Weltkriegs mit der einheimischen Schuhbranche bergab ging, die Hälfte der gut 30 Schuhfabriken in Herzogenaurach schlossen ihre Tore. Sein älterer Sohn Rudolf harrte seit Anfang des Krieges in den Schützengräben Flanderns aus. Im November 1914 vermittelte er seinem jüngsten Sohn, Adi, eine Lehrstelle bei der Bäckerei Weiß in der Bamberger Straße. "Damit wenigstens einer der Familie einen sicheren Arbeitsplatz hat", heißt es in diversen historischen Berichten.
Diese Zeit stellte kein Zuckerschlecken für den 14 Jahre alten Adi dar. Lange vor Sonnenaufgang aufstehen, 18 Stunden täglich bei brütender Hitze schuften - ein beschwerlicher Weg. Dort in dem Gebäude in der Bamberger Straße erhielt er den Gesellenbrief, machte sich aber nicht selbstständig, denn Anfang 1918 ging es auch für ihn an die belgische Front. Nach Rückkehr arbeitete er noch einmal in der Bäckerei, 1921 wechselte er in den elterlichen Betrieb und gab das Backen auf.


Anlaufpunkt bei Touristen

Das Gebäude wurde bei Führungen gerne besucht. Heimatvereinschef und Stadtführer Klaus-Peter Gäbelein führte seine Gäste gerne in den Hinterhof. "Das war greifbare Geschichte", erklärt der Experte. Gerne schauten die Gäste durch die verstaubten Fenster in die alte Backstube und staunten über die Erkenntnis, dass einer der "Großen" der deutschen Wirtschaftsgeschichte dort seine ersten beruflichen Schritte vollzogen hat. "Vom Bäckerlehrling zum Millionär" taucht bei vielen in Abwandlung des "Tellerwäschers" in den Gedanken an Adi Dassler auf.
Nun werden historisch interessierte Besucher an dieser Stelle nicht mehr haltmachen. Ein Team um Redakteurin Martine Delumeau und Kameramann Stefan Saporito waren zum Beispiel in Herzogenaurach, um auch dieses Gebäude im Rahmen einer Dokumentation für France5 aufzunehmen. Nun sind diese Bilder ein Beleg der Vergangenheit. Und was kommt? Das Gebäude stand seit langem leer. Der jetzige Besitzer möchte neue Wohneinheiten und Garagen einrichten. In den vorderen Räumen soll die Möglichkeit für Verkaufs- oder Praxisräume geschaffen werden.