Veranstaltung zu Kinderhospiz in Forchheim

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Die Kinderärztin Chara Gravou sprach beim Hospizverein in Forchheim. Fotos: Pauline Lindner
Die Kinderärztin Chara Gravou sprach beim Hospizverein in Forchheim.   Fotos: Pauline Lindner
Christine Eibert
Christine Eibert
 
Bärbel Scherer
Bärbel Scherer
 

Selina aus Neuhaus bei Adelsdorf starb kurz nach ihrem fünften Geburtstag an einem Gehirntumor, Harald war sechs, als er an der selben Krankheit starb. Niko war 19, als er nach langen Jahren immer größerer körperlicher Hinfälligkeit infolge einer Muskelatrophie verstarb. Alle drei hinterließen trauernde Eltern und Geschwister.

Die beiden Kinder konnten ihre letzte Lebenszeit zu Hause bei ihrer Familie verbringen. Selina dank der Kenntnisse ihre Mutter als Krankenschwester, Harald dank der spezialisierten ambulanten pädiatrischen Palliativversorgung (SAPPV), deren nordbayrischer Sitz in Erlangen ist.

Selinas Mutter, Christine Eibert, stellte beim Hospizverein für den Landkreis Forchheim die Situation im Jahr 2004 vor. Als sie den Mut hatte, ihre Tochter, die nach einem äußerst schweren epileptischen Anfall ins Koma gefallen war, aus der Klinik in die Familie zurückzuholen. Elf Monate vor Selinas Tod war die Diagnose gestellt worden: inoperabler Gehirntumor.

Es folgten Bestrahlungen; der Tumor schrumpfte. Selina besuchte sogar noch teilweise den Kindergarten. Doch die Hoffnung auf Gesundung sank auf Null. Auch eine Chemotherapie schlug nicht mehr an.
Viele, viele Stunden verbrachte die Familie bei Selina in der Klinik, bis sich die Mutter entschloss: "Ich will heim mit ihr." Einen Entschluss, den sie nicht bereut. Denn die ganze Familie saß bis zuletzt an Selinas Pflegebett.

"Völlig irritiert", so Eibert, "reagierte unsere jüngste Tochter, damals ein Kleinkind, als Selina dann auf den Friedhof gebracht wurde. Sie verstand den Unterschied zwischen Koma und Tod noch nicht." Die Mutter selbst ließ sich "als Teil meines Trauerwegs" zur Hospizhelferin ausbilden. Der Bruder Julian besuchte eine Kindertrauergruppe und schrieb sich vor Kurzem seine Erfahrungen mit dem Tod in Buchform von der Seele.

600 sterben jährlich

Die Kinderärztin Chara Gravou leitet die SAPPV in Erlangen. Ihr Fachgebiet sind die Kinder und Jugendlichen, die an einer lebensverkürzenden Erkrankung leiden, die also keine realistische Aussicht auf Heilung haben und deren Tod vor dem Erwachsenenalter eintritt. 2700 leben in Bayern, 600 sterben jährlich.

Ein "annehmbarer Tod, frei von vermeidbarem Stress und Leiden" (Gravou) ist das Ziel, das der ambulante Dienst ihnen im Einvernehmen mit der Familie bieten will. "Ein Auftrag ist dabei, den Eltern die Angst vor dem Falschmachen zu nehmen", erläuterte Gravou.

Seit 2007 ist die Kinder-Palliativ-Versorgung per Gesetz geregelt. In enger Anbindung an Kinderkliniken - im hiesigen Raum an die Cnopf'sche Kinderklinik in Nürnberg und die Kinderonkologie in Erlangen - wurden in Bayern sechs ambulante Kinder-Palliativ-Teams eingerichtet.

Rufdienst und Trauerbegleitung

Das Team aus Ärzten, Krankenschwestern, Psychologen und Sozialpädagogen erstellt einen Betreuungsplan für das Kind und seine Familie, organisiert die Betreuung samt 24-Stunden-Rufdienst und bietet Trauerbegleitung an.

Drei Monate wurde Harald betreut. 24 Hausbesuche machte das Spezialistenteam und in 56 Telefonaten beriet man die Eltern in Notsituationen.
Seit 2009 verstarben 44 von den betreuten Kindern in Mittel- und Oberfranken; 13 Kindern werden aktuell betreut. Überdurchschnittlich hoch ist dabei die Zahl der Erkrankungen an bösartigen Tumoren. "Wegen der Erlanger Kinderonkologie", erläuterte Gravou diese Besonderheit.

Ihre nüchterne Auflistung von Todesursachen schließt sie: "Man braucht Empathie" für diese Arbeit.
Diese Ansicht teilt mit ihr Bärbel Scherer aus Olpe. In der sauerländischen Kleinstadt wurde 1998 das erste Kinderhospiz Deutschlands gegründet. Es dient der Begleitung der ganzen Familie, um "das Kind bis zuletzt Kind sein zu lassen". Die pflegenden Familien können dort ein zweites Zuhause finden - bis zum Tod. Patienten mit langdauernden, fortschreitenden Leiden verbringen dort "Urlaubswochen". Bis zu 28 Tage im Jahr werden als Entlastung der Eltern von den Kassen übernommen.

Scherer beschrieb die Angebote für die Kranken, betonte aber immer wieder, wie wichtig dem Haus die Trauerarbeit ist. Vom Eintritt des Todes, über das Abschiednehmen und in den Monaten danach. Die als Kinderhospizhelfer ausgebildeten Mitarbeiter des Forchheimer Hospizvereins betreuen derzeit zwei schwersterkrankte Kinder.