Übersetzer und Expeditionsleiter: "Klima ist Glaubenskrieg"

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In seinem Büro in Diespeck plant Dietmar Schäffer seine Expeditionen. Foto: Andreas Scheuerer
In seinem Büro in Diespeck plant Dietmar Schäffer seine Expeditionen. Foto: Andreas Scheuerer
 

Als Expeditionsleiter reiste Dietmar Schäffer nach Grönland, Spitzbergen und Island. Vor Kurzem hat der Biologe aus dem Aischgrund ein Buch über den Klimawandel herausgegeben. Es ist ein Abriss zum Stand der Wissenschaft - und ein Versuch zu vermitteln.

Es ist ein sonniger Vormittag. An Bord der MS "Polarstar", die an diesem Morgen ruhig durch ein Fjord an der grönländischen Ostküste steuert, herrscht noch wenig Betrieb. Dietmar Schäffer steht an Deck und blickt in die arktische Landschaft. Dunkle Geröllhänge ziehen am Bug vorbei, darauf sieht man rote Häuser mit weißen Fensterrahmen stehen, dahinter ragen mächtige Gletscher in die Höhe. Ein paar Wissenschaftler bereiten sich auf einen Landgang vor. Und wie immer beobachtet Schäffer das ganze haargenau. So erzählt er es.

Es gibt wohl nicht viele Menschen, die von einer Kreuzfahrt so unaufgeregt berichten wie Dietmar Schäffer. Was auch daran liegt, dass der 52-Jährige keinen Urlaub macht, sondern auf den Schiffen arbeitet: Seit fast fünfzehn Jahren leitet der gebürtige Diespecker wissenschaftliche Expeditionen in den nördlichen Atlantik, nach Grönland, Spitzbergen und Island. Er betreut die Passagiere, übersetzt für sie ins Isländische, meist jedoch ins Englische. Vor allem aber ist der Diplombiologe mit dem blonden Kurzhaarschnitt und der fein gerahmten Brille ein Mittelsmann zwischen Wissenschaftlern und den Touristen, die die Expeditionen finanzieren. "Ich bewege mich zwischen zwei Welten. Das ist manchmal anstrengend", sagt er.

Leidenschaft für Island

Dass das Leiten von Expeditionen dennoch ein Traumberuf für Schäffer ist, hat er schon früh bemerkt. Angefangen hat er als Reiseleiter auf Touristentouren in Island kurz nach dem Abitur. Nach einer Islandreise, auf der er sich, wie er sagt, "mit dem Islandvirus infiziert habe", heuerte er bei Studiosus Reisen an. Das war in den 90ern. Island war damals ein exotisches Reiseziel, auch deshalb sei das Land so interessant für ihn gewesen, sagt er. Hinzukam, dass der Inselstaat geologisch viel zu bieten hatte, und weil Schäffer hauptsächlich Mikrobiologie in Erlangen studierte, interessierte er sich bald nicht mehr nur für touristische Führungen, sondern auch für wissenschaftliche.

An Bord der "Polarstar" befinden sich zwischen 50 und 100 Personen, für die Schäffer verantwortlich ist. Zwar gehe es bei den meisten Expeditionen nicht um bahnbrechende Entdeckungen, erzählt er. Vieles drehe sich um solide Umweltforschung, zum Beispiel um die Bestandszählungen von Walen; oder um das Messen des Schadstoffgehalts im Meerwasser. Um die Schiffstouristen dennoch über Forschungsinhalte zu informieren, hält Dietmar Schäffer Vorträge. Darin bricht er wissenschaftliche Zusammenhänge auf das Wesentliche herunter und übersetzt sie in Laiensprache. Doch das erfordere zunehmend mediatorische Fähigkeiten, sagt er, schließlich sei die Klimadebatte inzwischen zum Glaubenskrieg geworden.

Schäffer hat die Grabenkämpfe miterlebt, als seine Vorträge auf den Expeditionsschiffen zu Ende gingen und er im Foyer mit den Zuhörern debattierte. Dann standen auf der einen Seite die Besorgten, diejenigen, die an den menschgemachten Klimawandel glauben. Und auf der anderen die Leugner. Jene Männer und Frauen, die sich gegen die Vorstellung wehren, der Mensch sei selbst schuld an der Klimakrise. Schäffer sagt: "Es gibt für beide Seiten gute Argumente."

Klimamodelle sind ungenau

So sagen die meisten Klimamodelle nur sehr ungenau vorher, was tatsächlich vor sich geht, sagt er. Wissenschaftler haben erst vor Kurzem herausgefunden, dass ozeanische Zyklen enormen Einfluss auf das Klima haben. Sonnenzyklen und Erd- bahnparameter verstärken bei- spielsweise Meeresströmungen, die wiederum das Klima verändern. Dass solche Fakten bislang nicht in die Modelle eingeflossen sind, zeige deutlich, wie viel Forschungsbedarf noch bestehe.

Trotzdem gebe es genau so viele Hinweise dafür, dass der Klimawandel hauptsächlich von Menschen gemacht ist, sagt Schäffer. Wie etwa den Schadstoffgehalt im Meerwasser, der sich bei Spitzbergen wegen der vielen Kreuzfahrtschiffe Jahr um Jahr erhöht und Tieren die Lebensgrundlage raubt. Problematisch werde die Klimadiskussion dann, wenn man nachgewiesene Theorien nicht anerkennt, sagt Schäffer. "Manche ignorieren einfach jene Fakten, die nicht ins eigene Konzept passen." Einen Konsens gebe es nicht. Stattdessen beharre man auf Extrempositionen, die der Wissenschaftsdebatte nicht gut zu Gesicht stünden, sagt er.

Deshalb hat Schäffer vor Kurzem ein Buch geschrieben, in dem er den wissenschaftlichen Stand zur Klimaforschung resümiert. Er hat darin Studien aus renommierten Fachzeitschriften ausgewertet. Herausgefunden hat er zum Beispiel, dass Versicherungsschäden durch Extremwetterereignisse seit Beginn der Wetteraufzeichnungen kaum zugenommen haben, wenn man die Steigerung der Inflation und des Versicherungswertes mit einrechnet. "Wer über solche Fakten redet, steht allerdings schnell in der Klimaleugnerecke", sagt Schäffer. Und in dieser sieht er sich keinesfalls.

Audioguide für Island

Meistens kann er die Debatten an Bord der "Polarstar" beruhigen, sodass sich die Passagiere wieder der sagenhaften schönen Aussicht widmen können. Manchmal aber zieht er sich in seine Koje zurück, weil die Diskussion festgefahren ist. Was ist so faszinierend an solchen Reisen? Schäffer beantwortet die Frage mit einem breiten Lachen und erzählt von seiner neuste Erfindung: Für Islandtouristen hat er kürzlich einen GPS gestützten Audioguide entwickelt, der ohne Internet auskommt. Wer die App auf dem Smartphone installiert hat, kann im Auto den von ihm eingesprochenen Kommentaren lauschen und so den Inselstaat entdecken. "Nicht schlecht oder?"

Nächste Expedition geplant

Wann die nächste Expedition ansteht, weiß Schäffer nicht genau. Geplant sei eine im Mai - mal wieder durch die Fjorde von Grönland. Aber wegen der Corona-Pandemie könne man derzeit in der Schifffahrt kaum etwas vorhersagen. In der Zwischenzeit werde er noch eine rein touristische Tour über die Kanarischen Inseln nach Hawaii betreuen. Schließlich habe die Wärme auch ihre angenehmen Seiten, sagt Dietmar Schäffer.

Über sein neuestes Buch "Klimawandel und Energiewende - Fakten für Klimaleugner und Klimagläubige" hält Dietmar Schäffer am 13.10. um 19 Uhr einen Vortrag an der VHS Höchstadt. Anmeldung und Infos unter vhs@fortuna-kulturfabrik.de.