Michael Kammerer stand mitten im Leben - bis eine Gehirnblutung alles änderte. Den Kampf zurück in den Alltag hat der damals 48-Jährige in einem Buch festgehalten.
                           
          
           
   
          Den 7. Februar 2012 wird Michael Kammerer nicht mehr vergessen. Denn an jenem Dienstagabend veränderte sich sein gesamtes Leben. Noch am Morgen ging der damals 48-Jährige wie üblich zur Arbeit. Als operativer Leiter eines großen Cateringunternehmens ist er für diverse Betriebsrestaurants und Mensen in ganz Nordbayern zuständig. Auch die Betreuung der Schaeffler-Kantinen in Herzogenaurach, Höchstadt und Hirschaid fallen unter anderem in seinen Aufgabenbereich. 
In seinem Büro in Herzogenaurach leitete er die Geschicke, sorgte sich um den täglichen reibungslosen Ablauf der Essensausgaben, verhandelte neue, hochdotierte Verträge oder organisierte und plante Firmenfeiern. Auch ein gigantisches Mitarbeiterfest des Schaeffler-Konzerns, das 2011 etwa 35.000 Besucher auf das Herzogenauracher Firmengelände lockte, lag in seiner Verantwortung. Stress ist daher kein Fremdwort für Kammerer. In hitzigen Phasen ging er sogar so weit und übernachtete in der Firma, um früh am Morgen gleich weiterarbeiten zu können. 
"Bei einem Fest der Firma Schaeffler vor etwas weniger als zehn Jahren habe ich von Donnerstag bis Sonntag auf einem Feldbett in der Umkleidekabine geschlafen. Sonntagnacht war ich um 3 Uhr der Letzte auf dem Gelände, fünf Stunden später stand ich dann wieder im Büro", erzählt der gebürtige Schwabacher.
  
  Kein Workaholic   Trotzdem, seine Arbeit machte ihm Spaß. Als ein "Workaholic" würde sich Michael Kammerer selbst nicht bezeichnen. Denn sonderbar gestresst fühlte er sich zu keinem Zeitpunkt. Während Arbeitskollegen zeitgleich sogar mit dem Burnout-Syndrom kämpften, übernahm er als Vorstand seines Handballvereines, dem HC Cadolzburg, sogar noch eine weitere Führungsposition in seiner Freizeit. Gemeinsam mit seiner Frau Renate trieb er den Cadolzburger Damenhandball zum Erfolg. Seinem letzten Großprojekt, dem geplanten Bau einer vereinseigenen Sporthalle, widmete Kammerer seine volle Aufmerksamkeit. Bis zum 7. Februar 2012. Denn von da an veränderten sich die Prioritäten des 49-Jährigen.
Gegen 16 Uhr war Michael Kammerer von der Arbeit nach Hause gekommen. "Ich fühlte mich einfach nur grippegeschwächt und war ein bisschen platt. Die Nase ist gelaufen und ich habe mich einfach nicht wohl gefühlt. Also bin ich schon früher von der Arbeit heim", erinnert sich der dreifache Vater. Ein heißes Bad sollte zur Entspannung dienen. Doch bereits nach einigen wenigen Minuten bemerkte Kammerer erste heftige Kreislaufprobleme. Von einem starken Schwindelgefühl, Schweißausbrüchen und "exorbitanten Kopfschmerzen" begleitet, schleppte er sich auf das Sofa. Es wurde schlimmer. Sowohl Ehefrau Renate als auch die drei Kinder Kai (14), Maren (18) und Sebastian (20) waren zu diesem Zeitpunkt unterwegs.
 Kammerer ging es schlechter. Besonders die starken Kopfschmerzen waren für ihn kaum noch zu ertragen. Erst als seine Ehefrau wenige Minuten später das Wohnzimmer betrat, begann der Wettlauf mit der Zeit. "Michael war kreidebleich und hat über höllische Kopfschmerzen geklagt. Also habe ich sofort reagiert und den Notdienst alarmiert", erzählt Renate Kammerer. Die Helfer vor Ort reagierten am schnellsten, nach ungefähr 20 Minuten eilten auch der Notarzt und der Rettungswagen zu Hilfe.
  
  Diagnose: Hirnblutung   Die Diagnose wurde früh gestellt: Ein starke Blutung in der rechten Hirnhälfte versetzte Michael Kammerer in Trance. Von da an enden die Erinnerungen des Betroffenen. Die Rettungskräfte versetzten ihn sofort in eine Art künstliches Koma. "Gott sei Dank habe ich die Fahrt im Rettungswagen nicht mehr mitbekommen. Ich wäre verrückt geworden", meint der Familienvater heute. Denn die vermeintliche Rettungsfahrt entpuppte sich zunehmend als Odyssee. Sämtliche umliegenden Krankenhäuser lehnten den Notfall telefonisch ab. Der Notarzt geriet ebenfalls zunehmend unter Druck. Für Ehefrau Renate, die ebenfalls im Rettungswagen saß, ein Schreckenserlebnis: "Da geht es um Minuten, und keiner nimmt dich an. In dem Moment denkst du, du bist im falschen Film." Letztlich endete die Irrfahrt mit einer vierstündigen Notoperation im Nürnberger Südklinikum.
Heute blickt Michael Kammerer auf anstrengende Monate zurück. Mehrere Therapien liegen hinter ihm. Der Kampf zurück ins Leben hat begonnen. Neben unzähligen Physio- und Ergotherapien wurde der gelernte Kellner mehrmals in einer Spezialklinik in Kipfenberg und in der Herzogenauracher Rehaklinik behandelt. Fest an seiner Seite ist Ehefrau Renate, die ihn täglich besucht. "Ohne sie und die Kinder hätte ich das nie geschafft. Sie gibt mir unheimlich viel Kraft", sagt der 49-Jährige, der sämtliche Fertigkeiten mit seiner linken Körperhälfte erst wieder erlernen musste.
Um jedoch auch selbst mit der neuen Situation zurecht zu kommen, ließ sich Kammerer etwas ganz Besonderes einfallen: So veröffentlichte er vor wenigen Monaten sein erstes Buch. "Von 100 auf 0 - Der Weg zurück!" heißt das Werk, in dem er auf über hundert Seiten seine Geschichte erzählt. Jeder Leidensweg, jeder bedeutende Fortschritt und sämtliche Eindrücke hat er darin festgehalten. Mithilfe seiner Mitarbeiterin und guten Freundin Conny Zschetzsche setzte er eine "anfängliche Schnapsidee" in die Realität um.
  
  Eigene Erfahrungen weitergeben   Kammerers Ziel: Seine Erfahrungen weitergeben und somit anderen Betroffenen helfen, mit einer solchen Krankheit umzugehen. Die Resonanz ist bislang durchaus positiv. Bereits mehrere hundert Exemplare wurden verkauft, der Verfasser wird regelmäßig von anderen Patienten um Rat gefragt.
Auf die eine oder andere Besonderheit des Buches weist der Autor hin: "Die Schrift ist bewusst ziemlich groß gewählt. Außerdem war das Buch in seiner Erstfassung ursprünglich nur auf den rechten Seiten bedruckt, da ich links ja sehr eingeschränkt war. Der Erlös wird zudem komplett gespendet. Das ist mir sehr wichtig." 
Ein zweites Buch ist bereits in Planung. Bis dahin will Kammerer allerdings weiterhin an seiner gesundheitlichen Verfassung arbeiten. Schließlich bereitet ihm derzeit noch das linke Bein Schwierigkeiten beim Laufen. Nichtsdestotrotz steckt er sich für die Zukunft hohe Ziele: So wartet er aktuell auf die Genehmigung der Rentenstelle für ein medizinisch-berufliches Wiedereingliederungsprogramm.
  
  Mitte Mai zurück in den Beruf  Damit möchte Kammerer bestenfalls bereits Mitte Mai wieder allmählich in seinem Beruf Fuß fassen und unter ärztlicher Betreuung sein Arbeitspensum kontinuierlich erhöhen. Des Weiteren arbeitet er bereits daran, den geplanten Hallenbau für den HC Cadolzburg zu verwirklichen. Doch trotz alledem steht die Gesundheit bei Michael Kammerer und dessen Familie nun an erster Stelle. 
Michael Kammerers Buch "Von 100 auf 0 - Der Weg zurück!" ist auch in Herzogenaurach erhältlich. Für 9,90 Euro kann das Selbsthilfebuch unter anderem im Getränkemarkt Wirth, Blumen Atelier Geiger oder im Kiosk der Reha-Klinik erworben werden. Zudem werden Buchbestellungen per 
E-Mail unter mckammerer@t-online.de entgegen genommen. Der Erlös des Buches wird vollends an gemeinnützige Zwecke gespendet.