Der vierte Höchstadter Poetry Slam im Jugendzentrum "Chill out" fand ohne lokale Schreiber und Vortragskünstler statt. Sieger des Wettbewerbs wurde Ben Bögelein aus Mannheim.
Fünf Tafeln mit Zahlen werden in die Höhe gereckt - die Poeten-Jury gibt ihre Wertung ab. "Eine Acht, dann geht es runter auf die Sechs, noch mal die Acht, zum ersten Mal eine Zehn und noch eine Acht", liest Moderator Michael Jakob ab. Nach den Slam-Regeln wird die höchste und die niedrigste Wertung eliminiert. So bleiben für diesen Vortragenden 24 von maximal 30 Punkten. Das altersgemischte Publikum klatscht kräftig Beifall.
Wird das für den Einzug ins Finale reichen? Abwarten, was die "Poeten" des Abends noch zu bieten haben. Sieben sind es, drei Frauen und vier Männer. "Der durchschnittliche Slammer ist zwischen 20 und 30", sagt Jakob, der regelmäßig Slam-Tourneen im Fränkischen veranstaltet. Für ihn ist Franken nicht nur das Land der höchsten Brauereidichte, sondern auch der größten Slamdichte.
"Mein bisher ältester Teilnehmer war 89. Über-80-Jährige waren schon öfter dabei", erteilt er der Vorstellung, Slam ist nur etwas für Jugendliche, eine Absage. Viele Teilnehmer wählen die Slams auch als Sprungbrett, vor allem zur Kleinkunst. Für manche ist es auch der Test, bevor sie eigene Texte - in Buchform - veröffentlichen.
Zum Einstieg in die zweite Runde stellt Jakob Frau Schlötterer vor, die "aufgrund eines Geburtsfehlers mit dem Türspion verwachsen ist". Die Figur gehört zu einer "albernen" (so die Eigenbezeichnung) und grotesken Geschichte über einen Elefanten als Haustier. Viel amüsiertes Gelächter belohnt Jakob. Danach hat es die jüngste Teilnehmerin, die 17-jährige Celine Petrenz aus Weißenburg, schwer, ist doch ihr Thema eine Selbstreflexion über die persönliche Freiheit unter dem Titel "Mein Gehirn ist eine Rumpelkammer". Da ist für befreiendes Gelächter wenig Raum.
Pointiert und lebhaft vorgetragen Teilnehmer Ingo Winter bekennt in seinem Beitrag in seinen ersten Sätzen, dass er Lehrer ist. "Neben mir ist der Hausmeister der einzige Mann an der Schule", verrät er. Was kommt da nun? Diese Frage ist etlichen Gesichtern abzulesen, als er fortfährt, die Mängel der Schüler an einer fiktiven Hauptschule aufzulisten. Recht realistisch. Dennoch wohnt in dieser Zusammenstellung eine gesunde Portion unfreiwilliger Komik. Immer wieder flammt Gelächter auf.
Winter streift die wirklichkeitsferne Lehrerausbildung und andere Punkte dessen, was als Bildungsmisere gehandelt wird. Sehr pointiert und sehr lebhaft vorgetragen. Seine Quintessenz nach einem Querschlag zur großen Politik samt Bundeswehreinsatz am Hindukusch: "Deutschland muss in den Schulen verteidigt werden." Die Jury gibt ihm 27 Punkte.
Diese Wertung hatte zuvor auch Ben Bögelein aus Mannheim erhalten. Er "traute" sich, ein Märchen vorzutragen. Diverse Märchenmotive und bekannte Wendungen hatte er mit dem Wortschatz aus Werbung und Wirtschaft verknüpft. Das Ergebnis war dementsprechend skurril, dass die spontanen Lacher nur so prasselten.
Mit 26 Punkten war Thomas Schmidt aus Schwabach die Endrunde versagt. Er hatte gnadenlos die Tendenz zu euphemistischer Sprache in Werbung und vor allem Politik auf die Schippe genommen. Zur Finalrunde kommen alle Vortragenden auf die Bühne: Neben den bereits Erwähnten noch Marie-Theres Schwinn aus Berlin, Sven Hörmann aus Postbauer-Heng, Denise (auf der Bühne ohne Nachnamen).
Bögelein beginnt mit seinem zweiten Text über die Gleichberechtigung erst nach der Vorwarnung: Nicht frauenfeindlich! und listet allerhand kuriose Vergleiche auf, bei denen die Männer einfach schlechter abschneiden. An Alice Schwarzer kam Bögelein dabei nicht vorbei.
Knappe Entscheidung Winter dagegen setzt auf Sparsamkeit, wortwörtlich. Streng mit der Einleitung "Sparsamkeit ist, wenn man..." strukturiert, reiht er ernsthafte und absurde Sparideen aneinander zu einer gewitzt gekoppelten Mischung bis ins Makabere und - ins Gesellschaftspolitische.
Bei diesen beiden Beiträgen fiel dem Publikum die Entscheidung per Applaus recht schwer. Ganz gering, so Jakob, sei die Zustimmung für Bögelein heftiger gewesen. In einem halben Jahr startet der nächste Poetry Slam in Höchstadt. Mit einheimischen Teilnehmern?