Das Familienunternehmen Breun aus Steinbach hat mit der Braugerste weltweiten Erfolg. Mahou San Miguel setzt auf die Zutat aus Franken.
Wer kennt sie nicht, Scarlett O'Hara, die Protagonistin des berühmten Romans und gleichnamigen Kinoklassikers "Vom Winde verweht"? Scarlett, die Mitte des 19. Jahrhunderts in den amerikanischen Südstaaten eher mit Baumwoll-Plantagen in Berührung kam, wurde Ende des 20. Jahrhunderts zur Namensgeberin einer ganz anderen Pflanze, nämlich einer Braugerste aus dem deutschen Süden, genauer aus Franken, noch genauer aus Steinbach, einem Ortsteil von
Herzogenaurach in Mittelfranken.
Weltberühmt geworden sind sie beide, und beide lassen sich vom Winde verwehen. Und genau deshalb hat sich Josef Breun entschlossen, Mitte der 90er Jahre seine neue Züchtung nach Scarlett zu benennen - eben, weil sie überall zurecht kommt und weltweit angebaut werden kann.
Längst ist Scarlett O'Hara aus Atlanta eine der bekanntesten Romanfigur aller Zeiten, und Scarlett aus Franken ist seit inzwischen 21 Jahren einer der bekanntesten Braugersten der Welt.
In 60 Ländern angebaut
Die Züchtung aus dem Steinbacher Familienunternehmen (31 Mitarbeiter am Standort) ist sogar schon als die größte Braugerste der Welt, gemessen nach der Anbaufläche, bewertet worden. Das sagt Sohn Martin Breun, der seit 2007 gemeinsam mit seinem Bruder Ulrich den Familienbetrieb in vierter Generation führt. Scarlett wird in 60 Ländern der Erde angebaut und bei den Mälzereien und Brauereien rund um den Globus verwendet. Martin Breun: "Jeder deutsche Biertrinker hat schon Malz aus einer unserer Braugersten-Sorten gekostet".
Im Ausland ist es ähnlich, denn zu besten Zeiten in den 80er und 90er Jahren hatte Breun bei der Braugerste in Europa 80 Prozent Marktanteil.
Und allein in Argentinien wurden in besten Scarlett-Jahren zwei Millionen Hektar Fläche angebaut.
Auch Spaniens größte Brauerei, Mahou San Miguel, setzt seit Mitte der 90er Jahre auf Scarlett aus Franken. Und obwohl es noch weitaus mehr Braugersten-Sorten gibt, darunter allein eine Handvoll weiterer erfolgreicher Züchtungen aus dem Hause Breun, setzen die Iberer nach wie vor auf den Klassiker. Und haben Scarlett auch für ihre neuste Kreation ausgewählt: Selecta, ein Bockbier nach fränkischer Tradition.
Dieser Tage war eine Delegation aus Madrid zu Besuch in Franken. Die Vertreter der Brauerei wurden von Ernst Loop, Produktmanager und Vertriebsverantwortlicher für Braugersten bei Breun weltweit, sowie einer Reihe von Fachjournalisten begleitet.
Geschäftsführer Martin Breun empfing sie im Herzogenauracher Gasthaus "Zum Roten Ochsen" zur Verköstigung des starken, goldgelben Biers (6,2 Prozent Alkohol).
Gewinn von 187 Millionen
Sie wollten wissen, wo der Rohstoff herkommt und wie es dort in Franken aussieht. Der Steinbacher Firmenchef nahm die Gelegenheit gern wahr, den Kontakt zu den Partnern aus Südeuropa zu festigen. Zählt das Unternehmen Mahou San Miguel in Europa doch zu den wirklichen Großen der Branche. 12,6 Millionen Hektoliter Bier betrug der Ausstoß im vergangenen Jahr, womit laut Bilanz ein Gewinn von 187 Millionen Euro erwirtschaftet wurde. Kürzlich hat der Gigant, der immer noch vorwiegend in Familienbesitz ist, eine Brauerei in Indien und in USA einen Craft-Brauer übernommen.
Apropos Craft-Bier: Diesem Trend gehört die Zukunft, meint Breun. Als erstes haben das die USA erkannt.
Dort haben diese Craft-Brauereien schon einen Marktanteil von zwölf Prozent. Inzwischen gibt es dort schon 4200 Betriebe. Auch die Bamberger Mälzerei Weyermann, ein enger Partner von Breun, ist dort im Geschäft, baut auch Getreide aus Steinbach an und verkauft das Malz vorwiegend an diese Mikrobrauereien.
Das Wort Craft beschreibt handwerklich gemachtes Bier, also eigentlich das, was Frankens Brauereien ohnehin schon immer tun. "Franken hatte schon immer die Biervielfalt", sagt Breun. Hierzulande kommen jetzt halt neue Sorten hinzu, mit verschiedenstem und reichhaltigem Geschmack. Der kommt vorwiegend über den Hopfen und kann durchaus fruchtige Noten haben. "So gelangen auch die Damen zum Bier", sagt Martin Breun. Er ist so angetan, dass er seinen Biersommelier machen möchte. Breun: "Ich trink das Bier zuhause aus dem Rotweinglas. Weil die Nase mittrinkt."
Amerikas Craft-Brauereien freilich sind ein paar Nummern größer.
Wer bis zu sechs Millionen Hektoliter Ausstoß hat, darf laut Breun in den USA die Bezeichnung Craft tragen. "Die sind alle schon vollautomatisiert". Was den deutschen Markt angeht, ist der 42-jährige Geschäftsmann davon überzeugt, dass sich die Qualität durchsetzen wird. Es gebe eine Überkapazität, weshalb kein Betrieb nur mehr noch auf Masse setzen könne, ohne Anteile zu verlieren. Breun: "Qualitätsbewusste Brauereien werden im Markt wachsen, wenn sie sich anpassen." Unter Anpassen versteht er eben auch die Experimente mit Craft-Bier. Für Breun ist das ein Erfolgsrezept: "Das sind Geschmackserlebnisse".
Neue Kreation
Aus dem Hause Breun kommt seit 2012 eine neue Braugerstensorte. Die nennt sich Avalon und besticht dadurch, dass sie beim Mälzen weniger Wasser benötigt.
Sieben Prozent könnten da eingespart werden, was wiederum 210 Kilowattstunden Strom pro Tonne entspreche. Wenn man sieht, dass Europas größte Mälzereien zwei Millionen Tonnen verarbeiten, dann kann man sich vorstellen, wie lukrativ das sein kann.
"Avalon hat schon 30 Prozent Marktanteil", sagt Breun. Allein in Deutschland seien das 500 000 Tonnen im Jahr. Das bringe eine Ersparnis von 105 Gigawattstunden. "Mein Elektroauto könnte damit 432 Millionen Kilometer fahren", hat Breun errechnet. Im kommenden Herbst feiert der Steinbacher Familienbetrieb seinen 111. Geburtstag. Die Feier zum 110-jährigen Bestehen fiel aus. Da war das Wetter unpassend, die Hitze sorgte für vertrocknete Felder. Heuer sollte es besser sein, wenn die Regenmassen endlich aufhören.
Mahou San Miguel Die Brauerei Mahou wurde 1890 in Spanien gegründet und befindet sich vorwiegend in Familienbesitz (5.
Generation). San Miguel wurde als unabhängige Tochter der San Miguel Manila (Philippinen) 1953 in Spanien gegründet und später zu 70 Prozent von Danone übernommen. 2000 kaufte Mahou diese Anteile und inzwischen auch die restlichen 30 Prozent und firmiert seither als Mahou San Miguel.
Saatzucht Breun Das Familienunternehmen wurde 1906 durch Ökonomierat Johann Baptist Breun gegründet und wird heute in der vierten Generation geführt. Man ist in der Züchtung der Getreidearten Winterweizen, Wintergerste und Sommergerste aktiv. Die Anbauflächen betragen 350 Hektar in Herzogenaurach und 1250 Hektar in Sachsen-Anhalt. Ferner gibt es Zuchtstationen im Ausland.