Anekdoten über Lotto-Schicksale werden in Höchstadt streng gehütet. Dass das Tippspiel, dessen erste Ziehung vor 60 Jahren war, im Landkreis Höchstadt aber immer wieder Erfolgsgeschichten schreibt, weiß Ute Schmidhuber.
Umgeben von Warnungen - "Raucher sterben früher" und "Glücksspiel kann süchtig machen" - geht es in typisch-charakteristischen Lotto-Annahmestellen oft um das ganz, ganz große Lebensglück. Oder zumindest um den kleinen Gewinn, der die Rente oder das Gehalt aufbessert.
So zum Beispiel im Zigarrenhaus Riegler bei Schmidhuber. In der Hauptstraße in Höchstadt - der gelbe Licht-Würfel über dem Eingang ist schon von Weitem erkennbar - werden Woche für Woche hoffnungsvoll rosarote Kästchen angekreuzt, Superzahlen telepathisch ausgeklügelt und erwartungsvoll über den Tresen geschoben.
Der Mitarbeiter scannt den Tippschein darauf hin direkt ein, dieser wird umgehend nach München übermittelt - alles läuft elektronisch ab: "Früher war die Annahme recht kompliziert", erinnert sich Ute Schmidhuber.
Neues Spiel, gleiche Zahl
Viele der Leute, die den Laden betreten, sind Stammkunden. Menschen, die "ihre Zahlen auswendig wissen", sagt die Chefin. Menschen, die 20, 30 Jahre und noch länger an einen großen Gewinn glauben. Und manche eben auch an den gleichen Glückszahlen festhalten.
Dabei hat eigentlich jede Ziffer die selbe Chance gezogen zu werden, sagt Petra Billhardt, Mitarbeiterin der Bezirksstelle 61 von Lotto Bayern, zu der auch der größte Teil vom Landkreis Höchstadt dazu gehört. Jede Ziehung unterliegt dem Zufallsprinzip.
Samstag oder Mittwoch?
Ute Schmidhuber selbst darf als Chefin der Lotto-Annahmestelle keine Tipps abgeben. Obwohl sich ja eigentlich sowieso nichts an der Ziehung beeinflussen ließe. Zwar kennt sie keine Zahlen im Voraus, dafür aber einige Gewinner danach.
Fünf Richtige, einen Gewinn zwischen zehn- und 20 000 Euro, gebe es in Höchstadt "mehrmals im Jahr", gibt sie auf Nachfrage preis. Mehr darf aber auf gar keinen Fall verraten werden.
Lotto-Mitarbeiter haben eine Schweigepflicht, hüten die Geschichten über neue Millionäre und andere Spielergeheimnisse wie ein heiliges Tuch.
"Wir dürfen auch nicht verraten, wenn irgendwo häufiger gewonnen wird als wo anders." Denn es dürfe nicht den Anschein haben, dass bestimmte Handlungen das Glück beeinflussen, führt Billhardt weiter aus. Denn genau das sei Lotto einfach: Ein Glücksspiel. Der Inhaber der für Höchstadt zuständigen Bezirksstelle 61, Hubert Hennes, weiß, dass gerade "dann, wenn der Jackpot hoch ist", der Ansturm auf die Tippscheine begeisterter ist, als bei kleineren Beträgen.
Wobei irgendwie keiner das ganz fette Los ziehen möchte. "Die Gewinne müssten viel besser auf die kleineren Klassen aufgeteilt werden", bekommt Ute Schmidhuber dann zum Beispiel immer wieder von ihrer Kundschaft zu hören.
Sie glaubt, dass es eine psychologische Sache ist, dass die Menschen bei einem gigantischen Jackpot häufiger in Versuchung geraten und sich denken: "Eigentlich will ich schon einen Teil davon abhaben." Wobei die meisten bereits mit einer Million zufrieden wären, fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu.
Kontrollen werden mehr
Eine andere Beobachtung, die sie immer wieder gemacht hat: "Am Samstag wird auf jeden Fall mehr als am Mittwoch gespielt." Ein bisschen ärgert sich die Inhaberin darüber, dass Lotto unters Glücksspiel fällt und immer mehr Kontrollen unterliegt. Ihrer Meinung nach habe das Spiel mit den Kugeln kein negatives Image.
Sie versteht, dass Leute mitmachen, ihr Glück probieren wollen: "Geld kann jeder gebrauchen", sagt sie. Wenn eine neue Lotto-Geschichte in ihrem Laden geschrieben wird - ganz heimlich, still und leise - beginnt auch in der regionalen Bezirksstelle in Bamberg das Rätselraten, wo und wer einem etwas sorgenfreieren Leben näher ist.
Was wäre für Sie ein Sechser im Lotto?
Prompt kommt die Gegenfrage: "Was ist für Sie ein hoher Gewinn?" Hubert Hennes hat als Lotto-Bezirksstellen-Inhaber ein anderes Empfinden, wenn es um mehrstellige Beträge geht. Ab 100.000 Euro würde er von einem großen Gewinn sprechen.
"Die meisten, die man fragt, was für sie wie ein Sechser im Lotto wäre, fangen bei der Gesundheit an", sagt Hennes. Dass die Wünsche der Menschen - ob sie nun Lotto spielen oder nicht - sehr vielseitig sind, erfährt der Inhaber der Lotto-Bayern-Bezirksstelle 61 immer wieder in seinem Berufsleben. Nichtsdestotrotz: Für viele gehöre eben auch ein kleiner Lottogewinn dazu, sagt er.
Dauer-Wunsch
Bei einer kleinen Straßenumfrage in Höchstadt wird deutlich, wie wichtig den Bürgern das Fitsein ist - in jedem Alter: "Die Gesundheit steht an oberster Stelle", sagt die 60-jährige Brigitte und fügt lachend hinzu: "Dann verzichte ich sogar auf den Lottogewinn."
Marga aus Adelsdorf kommen als erstes ihre Kinder in den Sinn. Wenn es ihrer Familie gut geht und an nichts fehlt, dann ist auch die 57-Jährige wunschlos glücklich.
Student Fabian denkt zuerst an das körperliche Wohlbefinden. Der 21-Jährige, der aus Frankfurt nach Franken zum Studieren gezogen ist, beschreibt seinen persönlichen Sechser im Alltag so: "Wenn man sein Leben auf die Reihe bekommt, sich und seine Familie ernähren und auch ein bisschen Komfort erwirtschaften kann."
Zufrieden sein
Für Herlinde fällt die Wahl auf ihren persönlichen Sechser auch nicht schwer: "Immer gesund zu bleiben", sagt sie. Würde die 55-Jährige möglicherweise einen Jackpot knacken, wäre vielleicht ein noch schöneres Wohnmobil - als sie es schon hat - ein Traum, der mit dem gewonnenen Geld erfüllt werden könnte.
Eigentlich findet sie es vermessen, über immer mehr Wünsche im Leben nachzudenken. Deshalb stellt sie zufrieden fest: "Es geht uns so gut."