Bitter schmeckt die Artischocke, aber lohnend ist ihr Anbau. Familie Funke hat sich in Neuhaus auf die Kultur von speziellen Nutzpflanzen spezialisiert.
Eigentlich wächst sie überall und vor allem dort, wo man sie nicht haben will - die Brennnessel. Müsste doch ganz einfach sein, sie auch als Kultur zu ziehen. So ähnlich hat Wilfried Funke gedacht. Aber der Kräuterbauer aus Neuhaus musste sich eines Besseren belehren lassen. Denn die Brennnessel ist ein sensibles Pflänzchen, um nicht zu sagen eine Diva. Dass er Steinklee zwischen die Reihen gesät hat, war falsch gedacht: Der Klee kam sehr massiv und unterdrückte die Brennnesselkultur.
Das Gemüse wird nicht verzehrt Ja, der Kräuteranbau sei diffizil und verlange Fingerspitzengefühl, erklärte Funke seinen Besuchern aus Landratsamt, Landwirtschaftsamt und Bauernverband, die sich über die Sonderkulturen des Voller werbslandwirts informieren wollten. Wobei der Anbau von Artischocken, sonst eher aus der mediterranen Küche bekannt, besonders in den Fokus rückte. Die Artischocken aus dem Aischgrund dienen allerdings nicht dem Verzehr. Nicht die Blüten, sondern die Blätter werden verwendet und sofort nach der Ernte getrocknet. Denn zwischen Ernte und Trocknung sollten maximal drei Stunden vergehen. Dafür hat Funke eine eigene, mit Holz befeuerte Trocknungsanlage.
Kein gutes Naschzeug Der Gesichtsausdruck von Adelsdorfs Bürgermeister Karsten Fischkal sprach Bände: Funke hatte seine Besucher aufgefordert, ein Artischockenblatt zu kauen. Die Bitterstoffe darin verleiten nicht gerade zum Naschen. Umso mehr werden sie in pharmazeutischen Produkten oder Nahrungsergänzungsmitteln geschätzt. Die Artischocke soll sich heilsam auf Leber, Galle, Cholesterin und Harnstoffe auswirken. Landrat Irlinger hatte sogleich einen Tipp parat: "Gut, wenn man mal zu viel vom Karpfen gegessen hat!"
"Wer nichts wagt, der nichts gewinnt", ist die Losung von Wilfried Funke. Der Anbau von Kräutern ist für ihn eine Herausforderung, denn das Wissen darüber musste er sich selbst erarbeiten und sogar die nötige Technik selbst entwickeln. Funktionieren würde der Anbau nur mit einem verlässlichen Abnehmer. Den hat Funke in der Vestenbergsgreuther Firma Martin Bauer. Die Artischockenernte kann übrigens zweimal eingebracht werden. Nach dem ersten Schnitt wächst die Staude noch einmal nach.
Auf rund 30 Hektar baut die Familie Kräuter an. Im gesamten Landkreis nimmt der Anbau von Heil- und Gewürzkräutern nach Auskunft des Landratsamtes etwa 105 Hektar ein. Für Wilfried Funke und seine Familie hat alles 1982 mit der Übernahme des Betriebs angefangen. Ihm stellte sich die Frage, wie er als Vollerwerbslandwirt weiter bestehen könne. "Wir haben einen Kofferraum voll mit Pfefferminzstecklingen geholt und sie ausgepflanzt", erinnert er sich. Zusammen mit gut 20 anderen Landwirten im Aischgrund ist er in den Kräuteranbau eingestiegen. Derzeit sind davon noch drei Betriebe übrig. "Eine Ausweitung wäre möglich. Die Nachfrage ist da", sagt Funke. Immer auf die Nachfrage abzielend, baut er 15 bis 20 verschiedene Kulturen an. Derzeit sind das Minze, Melisse, Artischocken, Brennessel, Malve.
"Sonderkulturen sind für die Landwirte im Kreis ein wichtiger Existenzfaktor", betonte Landrat Eberhard Irlinger. Neben dem Anbau von Heilkräutern kann der Landkreis mit Kirschen, Meerrettich, Spargel, Erdbeeren und natürlich Karpfen aufwarten.
Der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen sei eine Besonderheit des Landkreises Erlangen-Höchstadt, sagte Josef Hofbauer vom Landwirtschaftsamt Fürth. Eine Nische, die dem Landwirt gute Einkommenschancen biete, aber durch die große Konkurrenz auch ein schwieriger Markt sei. Unbestritten sei hingegen die durch den schonenden Anbau positive Wirkung auf Landschaft, Umwelt und Natur.
Das feuchte Frühjahr und ein trockener Sommer hätten in diesem Jahr eine große Herausforderung für die Landwirtschaft bedeutet, sagte Christian Merz vom Bayerischen Bauernverband. Auch der Heil- und Gewürzkräuteranbau habe damit zu kämpfen.