Markus Söder hat sich deutlich dafür ausgesprochen, dass unangekündigte Leistungstests (Exen) weiter an Bayerns Schulen angewendet werden sollen. Ein Erlanger Schulleiter übt daran harsche Kritik.
Sind Exen, also unangekündigte Tests, an Bayerns Schulen veraltet oder ein Zukunftsmodell? Wenn es nach Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geht, letzteres. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hatte Gespräche mit verschiedenen Lehrer-, Eltern- und Schülerverbänden angekündigt, um über die zukünftige Prüfungskultur zu diskutieren. Ein Thema dabei waren auch die Exen. Kurz danach schloss der Ministerpräsident Söder jedoch die generelle Abschaffung kategorisch aus. Infolgedessen lenkte Stolz sofort ein und erklärte, dass unangekündigte Leistungsnachweise weiterhin Bestand haben werden.
Söders Machtwort stieß auf breite Kritik - auch der Schulleiter der Eichendorffschule Erlangen Helmut Klemm spricht sich im Gespräch mit inFranken.de klar gegen das Konzept und Söders Verhalten aus.
Exen laut Erlanger Schulleiter "pädagogisch hochproblematisch" - Söder gegen Abschaffung
Wie Klemm informiert, würden Exen nur an Gymnasien angewandt. "Für uns als Mittelschule sind sie kein Thema und sie sollten auch an Gymnasien kein Thema sein. Wir erachten diese Art von Leistungsnachweisen für pädagogisch hochproblematisch", sagt er und verweist auf wissenschaftliche Nachweise dazu. Laut Klemm seien Schüler zum ständigen Lernen angehalten und ständen unter Dauerdruck. Er selbst habe als Schüler darunter gelitten. "Es hat mich genervt und gestresst, immer die Sorge zu haben, ob wir eine Ex in Geschichte oder eine Vokabelabfrage in Latein schreiben."
Nicht jeder Schüler bereite sich optimal auf den nächsten Tag vor, etwa weil andere Interessen bestünden, oder manchen Fächern weniger Bedeutung geschenkt werde, lautet seine Argumentation. "Schülerinnen und Schüler haben Besseres zu tun, als sich tagtäglich auf benotete Tests vorzubereiten. Das ist eine althergebrachte Pädagogik, die meiner Meinung nach im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren hat." In Söders Augen würde eine Abschaffung "die Leistungsdichte verschlechtern", wie er auf einer CSU-Fraktionsklausur sagte. Bei Klemm stößt dies auf Unverständnis: "Was ist die Leistungsdichte und wodurch wird sie geringer, wenn man auf Exen verzichtet?"
Auch den Punkt, unangekündigte Tests bereiteten junge Menschen auf den Umgang mit unvorhergesehenen Situationen im Arbeitsleben vor, unterstütze er nicht. "Das ist ein fadenscheiniges Argument, das überhaupt nicht überprüft ist." Damit teilt er die Meinung der Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV), die sich in einem Brief an den Ministerpräsidenten gewandt haben. "Es ist unbestreitbar, dass unangekündigte schriftliche Leistungsnachweise bei vielen Schülerinnen und Schüler Angst und Druck erzeugen. Diese Art der Prüfung wird von der Mehrheit unserer Eltern als nicht förderlich für eine nachhaltige Lernentwicklung angesehen", schreibt die LEV-Vorsitzende Birgit Bretthauer.
Wann und wofür Noten erheben? Schüler sollten laut Schulleiter auch unbewertet lernen dürfen
"Was mich am meisten ärgert: Es ist ein Randthema, wenn man sich die Problematik des Systems anschaut", fügt Helmut Klemm hinzu. Seiner Meinung nach müsse man größer fragen, wann Schulen Leistungen erheben wollen. "Wollen wir sie erheben, um zu wissen, wo die Schüler stehen und ihnen Hilfen zu geben, oder um Noten zu generieren, damit wir Schulabschlüsse zuweisen können?" Klemm macht sich für unbewertete Lernphasen stark, in denen Schüler Fehler machen dürfen, wie es beim Lernen eben vorkomme.
Auch eine politische Ebene habe die aktuelle Debatte um Exen. Mit Söders Machtwort untergrabe er laut Klemm die Autorität der Kultusministerin. Zudem macht der Schulleiter auf die Petition zur Abschaffung von Exen einer 17-Jährigen aufmerksam. "Wenn er im Vorfeld schon sagt, sie bleiben erhalten, ohne das Ergebnis abzuwarten", sei das auch kein Zeichen "guter demokratischer Gepflogenheit". Weitere Nachrichten aus Erlangen-Höchstadt findest du in unserem Lokalressort.
Druck durch unangekündigte Prüfungen, kann die Leistungsfähigkeit mindern. Neue Studien belegen dies. Warum sollte man dann nicht mit der Zeit gehen und ein neues besseres Lernen einführen (https://www.scientificamerican.com/article/the-brain-really-does-choke-under-pressure/)
Ich war 2 x kurze Zeit krank, hatte die Tage danach den Stoff in Chemie nicht nachgelernt. Prompt kan jeweils natürlich eine EX. 2x Note 6. Bei der nächsten EX war ich nicht krank hatte aber zuhause nicht extra gelernt nur den Unterricht verfolgt. Ergebis Note 1, beste Arbeit. Was sagt das jetzt über den Sinn diese Leistungsabfrage aus. Warum gibt es das beim Studium nicht. Richtig erkannt , wenn man den Stoff des Unterrichts nach ein paar Tagen noch nicht vergessen hat sagt das über Leistung nichts aus. Wichtig ist ein fundiertes Grundwissen und nicht das Wiedergeben von gelerntem Stoff ohne tieferes Verständnis.
Wer im Berufsleben mit neuen Herausforderungen konfrontiert wird muss sich die Lösung oft selbst erarbeiten, angelerntes reines Sachwissen dass ich jeder D... heute Googeln kann hilft da gar nichts.
Das ganze Leben ist eine Prüfung und zwar jeden Tag. Es gibt zuviele Studienabbrecher und das Gymnasium sollte junge Leute auf ein Studium vorbereiten - mit der Abschaffung von Prüfungen aus irgendwelchen pädagogischen Gründen wird das nicht gelingen. Es ist vielmehr so, dass ein guter Schüler einen Misserfolg im allgemeinen gut ausgleichen kann. Bei dem Schwachen ist das nicht der Fall.
@Cillian: Was sollte es denn helfen, wenn wir in Bayern "Exen" nicht mehr "Exen" nennen?
Schaffen wir auch gleich noch sämtliche Anglizismen ab?
Besser wäre die Abschaffung für das "soziale Netzwerk Gebabbel"!
Die Exen sind eben dem Lateinischen entlehnt, das lange vor Englisch die internationale Sprache von Wissenschaftlern war.
Und wem sollen diese Exen denn schaden? Ich habe sicher hunderte von den Dingern geschrieben, eine Situation, die "pädagogisch hochproblematisch" war, habe ich nie erlebt.
Warum müssen wir denn Schüler heute durch die Klassen hätscheln?
Wer in die Schule geht und die sogenannte Reifeprüfung will, muss eben liefern, ansonsten können wir ja gleich per Geburt jedem einen Doktortitel verleihen!
Übrigens, ein altes Sprichwort sagt: Einen Hund, den ich zur Jagd tragen muss, kann ich gleich erschießen!
1) @Cilian: "werdet ihr nie ohne Vorbereitungsmöglichkeiten":
Und was hat das mit Exen zu tun? Jeder kann sich darauf vorbereiten!
2) Aus dem Artikel: "Laut Klemm seien Schüler zum ständigen Lernen angehalten..." Das ist doch Sinn und Zweck der Schule! Aber man sieht ja an den heutigen Schulabgängern, wie sich diese Kuschelpädagogik auswirkt!