Eine Kennenlernfeier für Höchstadts Flüchtlinge

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Blick in den Fischsaal in der Kulturfabrik in Höchstadt Foto. Johanna Blum
Blick in den Fischsaal in der Kulturfabrik in Höchstadt Foto. Johanna Blum
Die Sängerinnen Foto: Johanna Blum
Die Sängerinnen Foto: Johanna Blum
 
Die offizielle Begrüßung durch Martin Oberle Foto: Johanna Blum
Die offizielle Begrüßung durch Martin Oberle Foto: Johanna Blum
 
Ihab
Ihab
 
Nadim Foto: Johanna Blum
Nadim Foto: Johanna Blum
 
Jürgen
Jürgen
 
Hewan
Hewan
 
Rachma
Rachma
 
Die Einladung
Die Einladung
 

Martin Oberle (FW) hat Asylbewerber in die Fortuna Kulturfabrik in Höchstadt eingeladen. Die Gäste sollten mit Einheimischen ins Gespräch kommen, Kontakte knüpfen und besser in das gesellschaftliche Leben integriert werden.

"Ich hatte mir schon seit langem - gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin - gedacht, dass in Bezug auf die Asylbewerber vor Ort etwas zu tun ist.", so Oberle. "Es gibt leider viel Leid auf der Welt und die Lösung, die jeder einzelne hat, ist doch einfach, vor Ort mit den eigenen Möglichkeiten anzufangen", fährt der Stadt- und Kreisrat und Leiter der Außenstelle für Teichwirtschaft fort.

Vom Denken und Reden zum Handeln sei ja auch immer noch ein Stück Weg.

"Auslöser, jetzt wirklich etwas zu tun, war dann tatsächlich die Ice Bucket Challenge im vergangenen Jahr.", verrät Oberle nachdenklich.
"Ich wurde hier von Ludwig Wahl (FW), dem Röttenbacher Bürgermeister, nominiert." Nachdem damals bereits viele Spendengelder für die schlimme Nervenkrankheit ALS zusammengekommen waren und man auch keinen Einfluss oder Überblick über die Verwendung der Gelder
hatte, nahm sich Oberle vor, statt einer Spende, eine Veranstaltung gemeinsam mit Asylbewerbern anzubieten.

"Meet the Region" lautetete der offizielle Titel der Feier auf der Einladung. Unterstützung bei der Realisierung der Veranstaltung bekam Oberle unter anderem von Michael Ulbrich (Mittelschule), Andreas Dorsch und dem Rotary Club Neustadt an der Aisch, sowie von Michael Thiem (Laufer Mühle), Bürgermeister Gerald Brehm (JL) und Klaus Müller vom Fischereiverein Höchstadt.

Im Zuge dieses Vorhabens kam es dann vor Weihnachten mit der Ritter von Spix Mittelschule und der Laufer Mühle zu einer ersten Kontaktaufnahme und einer kleinen Feierlichkeit mit Geschenkübergabe in der Asylbewerberunterkunft.

"Heute soll den Asylbewerben unsere Heimat ein Stück weit näher gebracht werden und die Möglichkeit der Kontaktaufnahme gegeben werden.", so Oberle.


Der Abend solle aber trotzdem noch in einer "familiären" Atmosphäre stattfinden. "Wir haben daher den Fischsaal in der Kulturfabrik gewählt, der Platz für etwa 50 - 60 Personen bietet."

Neben den neugierigen, noch etwas schüchternen Asylbewerbern vom Lappacher Weg, Ehrenamtlichen des Helferkreises "Helfenden Hände" und Neugierigen - sogar aus Forchheim - war auch Fred Schäfer, der Abteilungsleiter Soziale Dienste der Diakonie Bamberg-Forchheim gekommen.

Ein Auswahlchor der Ritter von Spix Schule begrüßte alle Gäste schwungvoll mit dem Song "Memory" aus Cats, begleitet von Michael Ulbrich am E-Piano, bevor Martin Oberle das Wort ergriff. In englischer und deutscher Sprache begrüßte er alle, bevor er Bilder aus dem Aischgrund, dem Mohrhofgebiet mit den zahlreichen Karpfenweihern, dem größten Steinkarpfen der Welt am Karpfenkreisel zeigte und von der Karpfenzucht, aber auch vom letzten Landwirt in Höchstadt erzählte.

Die Gäste aus dem Irak, aus Äthiopien und Somalia staunten über die Kühe, Schafe, Ziegen und Gänse, die hier in Franken zu finden sind. Nicht nur im Bild, sondern auch in Wirklichkeit konnten alle Gäste die leckeren Karpfenchips, mit Kartoffelsalat genießen.

"Das schmeckt gut!", meinte Nadim aus dem Irak anerkennend. Die Brote, bestrichen mit einer Fischpaste und der Hauptgang waren von der Laufer Mühle zubereitet worden. Nach einer Essenspause stellte die Laufer Mühle den das KreislaufKaufhaus vor, in dem man immer Möbel, Geschirr, Kleidung und mehr findet.

"Alles was du brauchst, bekommst du für sehr wenig Geld.", war auf der Leinwand zu lesen. Packt man dort mit an, kann man 1 Euro pro Stunde verdienen und als Gegenleistung für kleine Arbeiten im LebensMittelpunkt gibt es eine gut gefüllte Essensbox.

Fred Schäfer stellte die Diakonie vor und Julia Weiland erzählte über die Kulturfabrik und ihre Arbeit als Jugendpflegerin der Stadt Höchstadt. Voller guter Eindrücke und mit einem positiven Gefühl - dem Gefühl willkommen zu sein und jederzeit Hilfe zu bekommen, gingen die Asylbewerber zurück in ihre Unterkunft am Lappacher Weg.

Der Abend hat eine Türe geöffnet. Ein Anfang ist gemacht und die Asylbewerber spüren, dass sie von vielen Menschen akzeptiert werden - und dass diese die "Herbergsuchenden" in Zukunft vielleicht nicht abweisen.

Stimmen während des Festes:

Rachma konnte vor sechs Monaten vom Lappacher Weg in eine eigene Wohnung nach Fürth ziehen. Sie ist seit 2010 in Deutschland: "Ich wurde gleich sehr gut aufgenommen. Nach zwei Monaten durfte ich einen Deutschkurs an der VHS in Erlangen besuchen", erklärt sie in gutem Deutsch. Ab Oktober 2013 arbeitete sie bis zum Wegzug bei der Imo in Höchstadt. "Ich habe Geld verdient und konnte einen Teil davon an meine Familie in Somalia schicken." Vor kurzem hatte sie eine schwierige Kiefer-OP. Wenn sie gesund ist, möchte sie gerne eine Ausbildung zur Krankenschwester machen.

Hewan kommt aus Äthiopien. Sie ist seit zwei Jahren in Höchstadt und hat noch keinen Pass: "Ich habe schon sechs Monate lang in Erlangen einen Deutschkurs besucht. Das reicht aber noch nicht", findet sie. "Ich möchte bald eine kleine Wohnung haben für mich alleine." Ihr Traum wäre eine Lehre zur Köchin. "Ich koche gerne.", verrät sie. Ihr Mann lebt noch in Äthiopien und sie hat keinerlei Kontakt zu ihm. "Ich habe große Sehnsucht nach ihm, aber trotzdem will ich nicht zurück!"

Der 24-jährige Ihab kommt aus dem Irak und ist erst vier Monate in Deutschland. Er fühlt sich willkommen doch sehnt er sich nach Kontakt mit den Einheimischen. "Jetzt muss ich erst einmal richtig Deutsch lernen und dann würde ich am liebsten Wirtschaft studieren", verrät er in der Hoffnung, dass ihm die Diakonie dabei hilft. Zuhause waren seine Angehörigen Händler. Auch er hat Heimweh, aber auf keinen Fall will er in die alte Heimat zurück.

Nadim ist 31 Jahre alt, kommt aus dem Irak und hat bereits eine lange Odyssee hinter sich. "Schon vor zwölf Jahren verließ er seine Heimat, war acht Jahre in Griechenland, dann in Norwegen und in Schweden. Hier in Deutschland hat er vorerst für drei Jahre eine Aufenthaltsgenehmigung. Seine Familie lebt in Kanada. "Aber ich bleibe hier!", betont er. Die Freundin lebt in Erlangen, deshalb sucht er eine Wohnung, was aber ganz schwierig ist. Er träumt von einer Arbeit am Bau. In Deutschland und besonders in Höchstadt fühlt er sich sehr wohl.

Jürgen ist vor knapp zwei Jahren durch einen Zeitungsaufruf von Diana Könitzer auf das Asylbewerberproblem gestoßen. Seitdem engagiert er sich bei den "Helfenden Händen". "Ich bin schon viel in Deutschland rumgekommen und für mich gibt es kein schöneres Land als Deutschland.", erklärt er. "Ich hatte eine verdammt glückliche Kindheit und jetzt versuche ich einfach, diesen Leuten ein bisschen von meinem Glück abzugeben." Wenn Frau Könitzer anruft und Hilfe braucht, ist er gerne zur Stelle. "Ich hab mit manchem der Bewohner schon eine Runde auf meinem Motorrad gedreht. Die Leute waren selig!"