Ein Weinkeller der NS-Führung in Frauenaurach

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Im "Ribbentropp-Keller" in Frauenaurach lagerten um die 400 000 Liter hauptsächlich italienischen Weins. Foto: Manfred Welker
Im "Ribbentropp-Keller" in Frauenaurach lagerten um die 400 000 Liter hauptsächlich italienischen Weins.  Foto: Manfred Welker
Im "Ribbentropp-Keller" in Frauenaurach lagerten um die 400 000 Liter hauptsächlich italienischen Weins. Foto: Manfred Welker
Im "Ribbentropp-Keller" in Frauenaurach lagerten um die 400 000 Liter hauptsächlich italienischen Weins.  Foto: Manfred Welker
 

Die Apriltage vor 70 Jahren waren für die Herzogenauracher ereignisreich. Die US-Armee hatte die Stadt unter Kontrolle gebracht. Nahrungsmittel wurden verteilt. Ziel der Bürger war auch ein ganz spezieller Weinkeller.

Am 21. April war für die männliche Bevölkerung Antreten am Marktplatz angesagt. Inzwischen hatte es sich auch in Herzogenaurach überall herumgesprochen, dass in Frauenaurach ein Weinkeller entdeckt worden war, der sich in einem ehemaligen Bierkeller befand. Dieser hatte Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop gehört, der vor der Machtergreifung 1933 eine Weinhandelsfirma in Berlin betrieben und offensichtlich diese Profession auch als Grande des Dritten Reiches weiter gepflegt hatte.

Es soll sich um 400.000 Liter mit hauptsächlich italienischem Wein gehandelt haben. Vor Ort war ein buntes Völkergemisch anzutreffen, besonders die Italiener, Polen und Franzosen traten jetzt selbstbewusst auf, nachdem die Deutschen nicht mehr für die Ordnung zuständig waren.

Auch die Amerikaner ließen sich blicken, unternahmen aber noch nichts. Die Ausbeute der Besucher war unterschiedlich, manche mussten sich mit zweieinhalb Liter begnügen, andere hatten sechs Liter ergattert, was sich aber bis zu 25 Liter steigern konnte. Offensichtlich nahmen den Amerikanern die Geschehnisse um den Weinkeller in Frauenaurach überhand und sie hatten das improvisierte "Weinlokal" geschlossen.

Alle Männer mussten antreten

Am Sonntag, 22. April, mussten alle Männer im Alter von 16 bis 65 Jahren auf dem Marktplatz antreten, um gemeinsam in die Kirche zu gehen, die dadurch proppenvoll war. Am Tag drauf war wieder das obligatorische Antreten der männlichen Bevölkerung am Marktplatz. Danach erfolgte die Einteilung zu verschiedenen Arbeitsdiensten. Amerikanische Offiziere beschlagnahmten in den Friseurgeschäften die elektrischen Maschinen. Die Geschädigten beschwerten sich bei Amtmann Herold am Rathaus. Am gleichen Tag kam Herbert Kuno, der am 16. April die Stadt mit übergeben hatte und danach von den Amerikanern verhaftet worden war, wieder in die Aurachstadt zurück.

Wie am Dienstag in der Stadt bekannt wurde, hatten sich einige Soldaten aus dem Liebfrauenhaus-Lazarett abgesetzt. Um die Amerikaner adäquat unterbringen zu können, musste das ganze Haus von Josef Hetzler (Hetzler-Villa) geräumt werden. Wilhelm Galster (Bayerischer Hof) musste räumen. Ab 18 Uhr war Ausgangssperre, es durfte sich kein Mensch mehr auf der Straße sehen lassen.

Am Mittwoch, 25. April, erklärte Amtman Herold beim Antritt der Männer am Morgen, dass jetzt Ausgang von 6 bis 18 Uhr sei. Beim Appell wurden die ersten Exemplare einer Zeitung verteilt: die "Frankfurter Zeitung". Am gleichen Tag konnten die Herzogenauracher auch wieder erstmals Strom nutzen. Vermutlich hatte die SS die Stromverbindung unterbrochen, bevor die Amerikaner kamen. Am gleichen Tag wurde eine Stabsstelle der Amerikaner nach Herzogenaurach verlegt. Daher mussten Häuser in der Noppengasse, wie zum Beispiel die so genannte Polstersvilla geräumt werden. Aber auch die Post wurde belegt.

Auch auf das Haus der Maria-Ward-Schwestern hatten die Amerikaner ein Auge geworfen. Als erste hatten sich vermutlich die Kinder nach dem ersten Schrecken wieder gefasst und Kontakte mit den Amerikanern aufgenommen. Hatten sie zu Beginn von ihnen noch die unbekannten "Mitbringsel" Kaugummi oder Früchte wie Bananen geschenkt bekommen, so wurden sie mit der Zeit immer mutiger und "bedienten" sich selbst. Da sie bei den Amerikanern, die in der Post Dienst taten, Zigarren und Sonstiges gestohlen hatten, ließen die Bewohner der Erlanger Straße die Kinder nicht mehr in ihre Einfahrt, um dies zu unterbinden.

Am Samstag wurden nach dem Appell 20 Mann zum Flugplatz beordert, um dort "gelbe Dorschen u. Rüben u. Kartoffeln" aufzuladen. Das Gemüse wurde unter sechs Händler abgegeben, die es an die Bevölkerung verteilten sollten. Trotz der Räumung und der Zerstörung des Flugplatzgeländes durch die Deutschen, waren dort noch viel Nahrungsmittel wie Spinat und Rüben gelagert, die allerdings verdorben waren, wie die Schreiberin vermerkte.

Am 30. April wurde Valentin Fröhlich zum Landrat des Landkreises Höchstadt ernannt. Offizielle Verlautbarungen wurden mit der Glocke ausgeschellt sowie als Anschlag am Rathaus ausgehängt.