Der Kreisverband Erlangen der Piratenpartei hat seinen Bundestagskandidaten für die Wahl 2013 gefunden: Andreas Waas ist der erste Direktkandidat im Wahlkreis Erlangen.
Andreas Waas ist in Berlin geboren, in Röttenbach aufgewachsen, studierte Wirtschaftsinformatik und arbeitet bei Siemens. Seit 2009 ist er Mitglied bei der Piratenpartei. Der 38-jährige Familienvater ist nicht auf Facebook und nicht bei Twitter. Die politischen Inhalte, die er vertritt, hat er nach der Wahlveranstaltung am Samstag in der "Blauen Traube im Turnerbund" in Erlangen in einem Gespräch erklärt.
FT:
Was hätten Sie heute an einem Samstagnachmittag getan, wenn Sie nicht gerade zum Kandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt worden wären?Andreas Waas: Ich baue gerade ein Haus in Tennenlohe. Die Baustelle ist momentan mein wesentlicher Freizeitschlucker. Bald will ich mit meiner Familie einziehen. Da gibt's natürlich viel zu tun.
Falls Sie nächstes Jahr in den Bundestag gewählt werden und zum ersten Mal mit Abgeordneten-Kollegen aus Schleswig-Holstein oder dem Saarland zusammen kommen, wie würden Sie die Mentalität der Bürger in Ihrem Wahlkreis, hier in der Region Mittelfranken, beschreiben?(Überlegt länger) Bodenständig, zukunftsorientiert und weltoffen, würde ich sagen. Ich bin ja Franke. Über uns heißt es oft, wir wären etwas mürrisch und zurückhaltend. Aber ich muss sagen, dass gerade die Region hier durch die vielen internationalen Firmen sehr weltoffen, tolerant und aufgeschlossen ist. Außerdem sagt man ja auch, ein Franke schließt nicht so schnell Freundschaft, aber wenn ja, dann hält sie ein Leben lang.
Welche Probleme möchten Sie für Ihre Wähler als erstes anpacken, falls Sie nächstes Jahr Bundestagsabgeordneter werden?Ein Anliegen ist die Verstärkung des Datenschutzes und eine Reform des Urheberrechts. Da klaffen die Realität der digitalen Welt und die gesetzliche Lage noch weit auseinander.
Ein weiteres, wichtiges Ziel meiner Partei ist zudem die Umsetzung von mehr Transparenz in der Politik. Es muss ein neuer Anspruch formuliert werden, dass die Bürger die politische Entscheidungsfindung besser durchschauen können. Das gilt natürlich für alle Ebenen: Bund, Länder und Kommunen. In Erlangen etwa setzen wir uns dafür ein, dass die Stadtratssitzungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Wir wollen, dass die Bürger die Möglichkeit haben, im Internet die Sitzung per Video zu verfolgen. Und nicht nur als Live-Stream, sondern als gespeicherte Aufnahme. Dann kann man sich zu jeder Zeit ansehen, wie die Diskussion verlief und wie die Entscheidung zustande gekommen ist.
Glauben Sie, dass eine Mehrzahl der Bürger sich dafür interessieren würde?Natürlich. Das Interesse für Politik ist ja generell bei vielen da. Und man sollte nicht glauben, dass die Bürger nicht in der Lage wären, die technischen Hilfsmittel auch zu benutzen. Viele holen sich ja die Nachrichten schon über das Netz. In meinem Studium zu Beispiel hat es schon angefangen, dass Vorlesungen per Online-Stream zu Hause zu verfolgen sind. Heute wird so etwas immer mehr angeboten. Ich glaube, dass das die Zukunft sein wird. Warum dann also nicht auch für die Politik?
Welche konkreten Ziele haben Sie für die Bürger im Wahlkreis?Wegen des Datenschutzes bin ich Pirat geworden. Die Wahrung der Sicherheit persönlicher Daten und das Urheberrecht betreffen natürlich jedermann im Land. Auch die Leute hier in Erlangen.
Ein Beispiel für eine konkrete Forderung wäre etwa eine garantierte schnelle Internetverbindung auf dem Land. Warum gibt es in der Metropolregion nicht überall schnelle Internetanbindung? Das ist armselig. In vielen Dörfern im Umland von Erlangen geht's im Netz sehr langsam voran. Da sich für die Telekom eine Investition im ländlichen Raum nicht lohnt, muss der Staat hier Fakten schaffen und schnelle DSL-Verbindungen ermöglichen. Das ist nicht nur wichtig, damit sich die Menschen, die in den vielen Dörfern wohnen, am digitalen Leben beteiligen können, sondern es ist ganz einfach auch ein Wirtschaftsfaktor in der Metropolregion, die zu weiten Teilen auch aus ländlichen Gegenden besteht.
Was ist die sinnvollste Forderung der Piraten auf Bundesebene, die es gilt, als erstes umzusetzen?Die Reform des Urheberrechts. Das scheint mir unumgänglich.
Viele Kunstschaffende kritisieren die Piraten als Gleichmacher, die durch die Legalisierung von Downloads den Urhebern ihre Rechte und damit ihre Einnahmen wegnehmen wollen. Auf der Piraten-Website nennt ein anonymer Kommentator ihre Pläne zum Urheberrecht "Künstlerkommunismus", der die sowieso schon schlecht bezahlten Künstler noch vollends in den Ruin treibt. Was entgegnen Sie solchen Meinungen?Den Piraten ist natürlich klar, dass Künstler, sagen wir zum Beispiel Musiker, von ihrer Arbeit leben wollen und müssen. Hier wollen wir ihnen auch nicht die verdiente Butter vom Brot nehmen. Worum es uns geht, ist eine Anpassung der Geschäftsmodelle an die Realität.
Was genau meinen Sie damit?Die Wirklichkeit in Deutschland ist doch, dass Millionen von Nutzern schon seit langer Zeit Musik aus dem Internet runterladen. Bisher gilt das noch als Straftatbestand der Raubkopie. Wir fragen: Ist es sinnvoll, Millionen von Menschen zu kriminalisieren? Ich glaube, es haben sich einfach die Nutzungsbedingungen von künstlerischen Inhalten verändert. Sprich, es bestehen einfach die technischen Möglichkeiten. Das alte Geschäftsmodell, über den Plattenverkauf und die Verwertungsgesellschaften passt einfach nicht zu dieser Realität.
Wenn aber jeder Download legal werden soll, womit verdienen dann die Musiker ihre Brötchen? Jeder Künstler verdient ja sein Geld mit den vielen Menschen da draußen. Vielleicht müssen die Künstler dazu übergehen, ihre Musik eher als Werbung für sich selbst zu sehen. Wenn Mp3s gratis anzuhören sind, steigt ja vielleicht auch die Bereitschaft, sich das ganze Album zu kaufen. Oder zu einem Konzert zu gehen. Zudem gibt es ja viele Plattformen im Netz, die bezahlte Downloads anbieten.
Aber es geht ja um die bisher illegalen Downloads. Sollen Musiker nur von den Konzerten leben? Was ist mit den Schriftstellern, von denen Hörbücher oder E-books heruntergeladen werden? Verdienen die dann nur mit Lesungen ihr Geld?Es sollen ja nicht alle Downloads legal werden. Solchen Anbietern, die auf Ihren Websites etwa Werbung schalten oder sich über Spenden finanzieren, also mit der Kunst Dritter Gewinn machen, sollte dies verboten werden. Das freie Tauschen unter den Konsumenten allerdings, finde ich, sollte legal sein. Natürlich kann ein Schriftsteller nicht nur bei Lesungen sein Geld machen. Ich glaube einfach daran, dass der Preis für die Kunst entscheidet. Es gibt zum Beispiel eine Studie über den Preis bei Online-Spielen. Eine Game-Firma hat, sagen wir mal 50 Euro, für ein Online-Spiel verlangt. Nur wenige kauften es. Nun hat die Firma den Preis immer weiter gesenkt. Das Resultat war, dass insgesamt eine höhere Marge bei, sagen wir beispielsweise sieben Euro, für das Spiel erzielt werden konnte, da viel mehr User es gekauft haben. Solche Modelle sind denke ich sinnvoll.
Kann man wirklich garantieren, dass die Künstler ihre Einnahmen, die ihnen zustehen, auch bekommen werden?Die Hundert-Prozent-Garantie, dass jede Nutzung künstlerischen Inhalts eins zu eins entlohnt wird, gibt es momentan nicht und wird es wohl nicht geben können. Aber es wäre doch zu wünschen, quasi die Quote zu steigern. Das ist eine Frage, ob man der Realität ins Auge schaut. Es muss einfach eine ordentliche, gesetzliche Basis her um die bisherigen Zustände zu regeln. Wie gesagt, die massenhafte Kriminalisierung einer mittlerweile normal gewordenen digitalen Praxis zu beenden.
Auch im Patentrecht möchte die Piratenpartei eine Reform. Sie selbst arbeiten bei einer Firma, die in Deutschland mit die meisten Patente anmeldet. Was ist auf diesem Sektor von den Piraten zu erwarten?Wir wollen eine Reform des Patentierungswesens, das ist richtig. Allerdings ist Patent ja nicht gleich Patent. Worum es uns geht, sind vor allem die Ideenpatente, also so etwas wie Farb- oder Geschmacksmuster. Sich zum Beispiel das Wort "Deutschland" schützen zu lassen oder Ähnliches ist doch nicht sinn- und zweckdienlich. Das geht bei den Algorithmen in der Programmierung weiter. Hier kann es doch sein, dass mehrere Menschen unabhängig voneinander an einer Software arbeiten. Es ist nur kontraproduktiv, wenn so etwas dann zu einem geschützten Patent wird.
Wenn allerdings eine Hochtechnologie-Firma mit sehr viel Manpower und Forschungsaufwand ein neues Produkt entwickelt, dann ist es natürlich keine Frage, dass dies patentiert werden muss. Darum geht es für mich nicht. Es geht um die sogenannte Schaffenshöhe, also um den Aufwand, den ich in ein Produkt oder eine Idee hineinstecke. Es gibt allerdings geschützte Patente, bei denen der Aufwand gegen Null geht. Und hierum geht es für mich als Pirat.
Ihre Partei fordert in ihrem Programm das bedingungslose Grundeinkommen. Wie stehen Sie dazu?Bisher wird da in der Partei viel diskutiert. Die Piraten haben nur den Wunsch geäußert, sich mit dem interessanten Modell zu beschäftigen. Allerdings sehe ich noch keinen gegenfinanzierbaren Vorschlag. Wenn wir bei den Wahlen gut abschneiden, dann verstehe ich das als Auftrag der Bürger, sich zu solchen Konzepten Gedanken zu machen. Im Moment kann ich mir eine Realisierung aber nur schwer vorstellen.
Die Piraten setzen sich auch für mehr Mitbestimmung der Bürger ein. Wie soll diese im Grundgesetz konkret ermöglicht werden?Wie man das Grundgesetz ganz konkret ändern müsste, kann ich Ihnen aus dem Stand nicht genau sagen. Aber es ist doch klar: Die Bürger wollen gefragt werden. Bisher ist es so: Ich wähle einmal einen Abgeordneten, dann verschwindet der für ein paar Jahre nach Berlin oder nach München und entscheidet für mich Dinge, wo ich nur hoffen kann, dass ich dem Richtigen mein Vertrauen geschenkt habe. Ich finde, das ist eine überholte Art, Politik zu machen. Man muss stärker abfragen: Was will das Volk wirklich?
Bürgerbegehren und Volksentscheide sind schon eine gute Sache, allerdings ja bekanntermaßen eher rar und auch nicht zu allen Inhalten möglich. Zudem sind es recht langwierige Verfahren. Ich finde, im IT-Zeitalter besteht endlich die Möglichkeit, die Meinung der Menschen zeitnah und effektiv in Politik einfließen zu lassen. Natürlich sehe ich ein Problem bei der Rolle der Boulevardpresse, die die öffentliche Meinung bei direkt-demokratischen Entscheidungen stark bestimmen kann. Auch die Komplexität mancher Sachverhalte mag nicht für jeden Bürger sofort zu erschließen sein. Aber man sollte die Bürger auch nicht unterschätzen. Wir sollten die technischen Möglichkeiten zur Willensbildung hier auf jeden Fall nutzen. Das kann der Demokratie nur helfen.
Ihre Partei ist ja basisdemokratisch ausgerichtet und benutzt das sogenannte Liquid Feedback-System, also ein Instrument, um online die Mitsprache der Menschen bei politischen Entscheidungen zu ermöglichen. Wie funktioniert Liquid Feedback hier im Kreisverband Erlangen?Liquid Feedback ist eine gute Möglichkeit, um zwischen den verschiedenen Parteiebenen in Kontakt zu bleiben und sich ein Meinungsbild der anderen Piraten zu verschaffen. Dort wird über alles möglich kontrovers diskutiert. Momentan wird es hier noch recht minimal genutzt. Dazu ist der Kreisverband noch zu übersichtlich. Für die Kreisarbeit reichen bisher Mailinglisten und persönliche Treffen bei Stammtischen und Infoständen aus.
Das klingt ja sehr analog.(lacht) Ja, das heißt aber nicht, dass Liquid Feedback überhaupt nicht zur Anwendung käme. Vor allem als Anbindung zur Parteiebene im Bund ist es sehr hilfreich. Ich selbst bin in dem System eher Beobachter und beteilige mich nicht so sehr an den ausgedehnten Debatten, aber ich finde es sehr spannend. Übrigens, das dürfte Sie überraschen: Ich bin weder auf Facebook, noch benutze ich Twitter. Emails reichen bisher völlig aus. Ob das weiterhin so geht, jetzt als frisch gewählter Bundestagskandidat, wird die Zukunft zeigen.
der würde Ihnen sicherlich auch mal gut stehen. Sie leiden ja offensichtlich noch unter dem Pauli-Trauma. Die gute Frau hat sich doch spätestens 2010 aus der Politik verabschiedet und ist längst Geschichte. Die Piraten hingegen gewinnen zusehens an Einfluss. Hier mal ein paar Zahlen von der Konkurenz:
http://gfx.sueddeutsche.com/politik/2012_03_30_Piratenpartei_Karte/
dass die Piraten überhaupt in den Bundestag einziehen würden, was allerdings noch sehr fragwürdig ist.
Warum nehmen die sich nicht auch noch die Pauli mit um ihre Inkompetenz zu untermauern?
Vielleicht würde der Pauli auch mal ein Joint gut stehen.
vor vielen Jahren schon mal eine chaotische, planlose Partei, die fing genauso an wie die Piraten jetzt. Mit einem Unterschied allerdings, mit den Ansichten der Grünen konnte ich mich noch nie anfreunden, mit den Piraten sympathisiere ich durchaus.
Welche von den "etablierten" Parteien sollte man den überhaupt noch wählen? Lug, Betrug und der Steuerzahler wird doch nur noch ver*rscht. Da sollte man einfach was neuem eine Chance geben, schlimmer als wenn die "Alten" an der Spitze bleiben kann es auf keinen Fall werden.
vor vielen Jahren schon mal eine chaotische, planlose Partei, die fing genauso an wie die Piraten jetzt. Mit einem Unterschied allerdings, mit den Ansichten der Grünen konnte ich mich noch nie anfreunden, mit den Piraten sympathisiere ich durchaus.
Welche von den "etablierten" Parteien sollte man den überhaupt noch wählen? Lug, Betrug und der Steuerzahler wird doch nur noch ver*rscht. Da sollte man einfach was neuem eine Chance geben, schlimmer als wenn die "Alten" an der Spitze bleiben kann es auf keinen Fall werden.