Der Bund Naturschutz kritisiert übertriebene Pflegemaßnahmen auf kommunalen Flächen in Weisendorf.
Die Naturschützer sind über die übertriebenen "Pflegemaßnahmen" auf dem Gemeindegebiet verärgert. Am Ende der Sitzung des Marktgemeinderates bekam Christian Wosegien, Vorsitzender der Ortsgruppe Seebachgrund im Bund Naturschutz, Gelegenheit über kommunale Maßnahmen zur Artenvielfalt zu referieren.
Die Mäh- und Mulcharbeiten an den Ufern des Seebachs sowie an Weiherdämmen stießen auf das Missfallen der Naturschützer, denn dadurch wurden Lebensstätten von Kleintieren und Insekten sowie Pflanzen zerstört. Denn gerade die Ufer von Bächen und Weihern sind wichtige Lebensräume für Singvögel, Amphibien sowie andere Kleintiere und gehen durch die "Säuberung" kaputt. Dabei regelt das Bayerische Naturschutzgesetz (BayNatSchG) Schutz, Pflege und Entwicklung im besiedelten und unbesiedelten Bereich.
Auch das Mähen einer gemeindeeigenen Wiese in Nähe des Mühlweihers im Juni stieß auf das Unverständnis der Naturschützer und Wosegiens, denn damit sei ebenfalls ein wichtiger Lebensraum für Bienen und Insekten verloren gegangen, hieß es seitens der Kritiker. Wosegien präsentierte dem Gremium bei einer Präsentation Fotos von Mulcharbeiten am Ufer der Seebach und des gemeindeeigenen Weihers. Mulchen klinge harmlos und solle es wohl auch sein. Tatsächlich werde dabei jedoch "alles frikassiert, was nicht fliehen kann" und was die "Ordnung" störe. Dabei gehe es nur vordergründig um "Grünpflege". In Wahrheit werde ein unsinniger Putz- und Ordnungstrieb befriedigt, bei dem unzählige Kleintiere, Eidechsen, Vogelnester, Blumen in voller Blüte, Gebüsch mit Vogelnestern oder junge Bäume buchstäblich über die Klinge gingen.
Der Mulchmäher häckselt alles, was in sein Schneidwerk gerät, egal ob Dosen, Flaschen Plastiktüten oder Kleintiere. Er macht alles "sauber und ordentlich", doch der Artenvielfalt bringt er Tod und Verderben. Es seien vor allem Spinnen und Insekten sowie ihre Entwicklungsstadien, die gehäckselt würden. Meist seien sie klein und unscheinbar. Trotzdem stellten sie den Löwenanteil der Artenvielfalt unter den Tieren. Neben den Pflanzen seien sie die unverzichtbaren Glieder vieler Nahrungsketten, ohne die größere Tiere, wie zum Beispiel viele Vogelarten, nicht überleben könnten.
Da naturnahe Fließgewässer selten geworden sind und ein Großteil der Bäche mehr oder weniger stark ausgebaut ist, sollten durch Renaturierungen wieder lebendige Gewässer werden. So könne der Seebach auf gemeindeeigenem Gebiet wieder ein Gewässer mit vielfältigen ökologischen Funktionen werden.
"Bäche brauchen Platz, sie sind dynamische Lebensräume, die abtragen und ablagern, ihren Lauf verändern, Ufer und Auen überschwemmen. Ideal ist, wenn sich durch Renaturierung die eigendynamische Entwicklung mit diesen natürlichen Prozessen wieder initiieren lässt", erklärte Wosegien. Wenn die erforderlichen Flächen fehlen, könne zumindest die Strukturentwicklung innerhalb des bestehenden Gewässerbettes durch künstliche Strukturelemente aufgewertet werden.
Für Pflegekonzept plädiert
Als Beispiel nannte Wosegien den neu angelegten Wasserspielplatz im Schlossgarten, in dem das Wasser ablagern und abtragen kann. Leider sei das beim Sauerheimer Graben nicht möglich, da dieser durch Privatgrundstücke eingezwängt ist und es dadurch keine Möglichkeit einer Renaturierung oder Reduzierung der hohen Fließgeschwindigkeit gebe. "Wir zahlen immer einen Preis", erklärte Wosegien, so wirke sich die "Säuberung" auf die lokale Temperatur aus und verringere die Neubildung von Grundwasser und erhöhe die Hochwassergefahr der Unterlieger. Der Naturschützer fordert deshalb klare Vorgaben des Gemeinderats an die Verwaltung, bei zukünftigen Pflegemaßnahmen die Anforderungen der Artenvielfalt zu berücksichtigen, sowie ein Pflegekonzept für die Flächen der Marktgemeinde.
Nachdem der Schlossgarten um- und neu gestaltet wurde, musste auch aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Reihe von alten Bäumen gefällt werden und damit verschwanden auch die Höhlenbrüter. Wosegien plädierte deshalb dafür, in den gemeindeeigenen oder Rechtlerwäldern einige Bäume stehen und auch Totholz liegen zu lassen. Außerdem sollte der Markt Weisendorf über eine Baumschutzverordnung nachdenken. Der Naturschützer könnte sich auch eine Baumpflanzung bei Eheschließungen oder einen Geburtshain vorstellen und es sollte mehr Augenmerk auf das Straßenbegleitgrün gelegt werden. Wosegien warnte auch vor einem geplanten Spazierweg am Ufer des Badweihers, denn der Weiher biete mit seiner Schilfzone und seinem Uferbewuchs einen vielfältigen Lebensraum für unzählige Tierarten.