Der Mühlentag bot in Lonnerstadt faszinierende Einblicke. Das alte Handwerk des Müllers ist fast ausgestorben. In ganz Deutschland gibt es noch 247 Mühlen, vor 140 Jahren waren 60 000 in Betrieb.
"Mühlen hatten immer schon eine besondere Anziehungskraft", sagt Paul Bruckmann. Die Mühle sei ein Ort der Begegnung gewesen. Hier habe man Geschäfte gemacht, Neuigkeiten ausgetauscht, das lebensnotwendige Mehl geholt. Der Eigentümer der Lonnerstadter Mühle freut sich: "Es ist schön, dass wieder Leben in der Mühle ist!"
Deutschlandweite Aktion
Mehr als genug - zumindest am Pfingstmontag, dem deutschlandweit ausgerufenen "Mühlentag". Bereits zum vierten Mal luden Paul und Regina Bruckmann dazu ein. Und die Gäste kamen in Scharen. Sie sitzen unterm Zeltdach oder unter schattenspendenden Bäumen. Während die Kleine Weisach leise plätschernd das Mühlrad hinter der Mühle antreibt.
Ganz nebenbei fungiert der Umgriff der Mühle an diesem herrlichen Sommertag als Galerie für Maler.
Denn viele Künstler haben sich schon an der alten Mühle mit ihrem schönen Torbogen, am Mühlrad oder am Bach und seiner romantischen Umgebung versucht.
Aber natürlich kamen die Besucher auch wegen der kulinarischen Spezialitäten: Zweimal wurde am Pfingstmontag der alte Holzbackofen angeschürt. Für das Brot backen ist Bettina Bär zuständig, und sie versteht ihr Handwerk. 70 Prozent Roggen und 30 Prozent Weizenmehl verarbeitet sie mit selbst hergestelltem Sauerteig zu Brot. Die Lonnerstadterin hat in der Höchstadter Bäckerei Dormann den Beruf der Bäckerin gelernt.
60 knusprig resche Brotlaibe verlassen am Mühlentag den Holzbackofen. Der wurde zuvor mit meterlangen Holzscheiten "gefüttert" und auf die richtige Temperatur gebracht. Die ofenheißen Brotlaibe werden Regina Bruckmann praktisch aus den Händen gerissen.
Schon lange vor dem Ausschießen warteten die Insider vor dem Holzbackofen im Hof der alten Mühle.
Hausgemacht Am Nachmittag wurden vor aller Augen "Küchla" gebacken. Den Teig dazu stellte Irma Reif her, die Mutter Regina Bruckmanns und frühere Chefin des Gasthauses.
Sehr gefragt waren auch die Führungen durch die Mühle. Paul Bruckmann, gelernter Müllermeister und Mühlenbauer, kann alle Fragen beantworten.
Im Jahr 1440 sei die Mühle von Lonnerstadt erstmals erwähnt worden. Das Mühlengebäude stamme von 1861. In der Zeit davor sei es - wie fast alle Mühlen - einmal abgebrannt. Bei Sanierungsarbeiten sei man auf verkohlte Hölzer gestoßen.
Das Wohnhaus sei 1695 errichtet worden und momentan, eine Großbaustelle.
Regina und Paul Bruckmann sanieren das alte Gebäude, um eines Tages selbst darin zu wohnen.
Bis 1980 sei die Mühle in Betrieb gewesen. Christoph Schar old war der letzte Müller in Lonnerstadt.
Im Frühling, Herbst und Winter habe der Müller mehr mahlen können, im Sommer weniger. "Das lag am niedrigen Wasserstand", weiß Bruckmann. Zugefroren sei der Bach aber fast nie. "Wir haben ein tarkes Gefälle. Das Mühlrad ist noch nie stehengeblieben."
Sonderregelung
Für die Lonnerstadter Mühle habe es eine Sonderregelung gegeben: "Vor der Kerwa haben sie in Fetzelhofen den Weiher abgefischt und abgelassen." Damit hatte der Lonnerstadter Müller ausreichend Wasser, um ordentlich mahlen zu können. Das viele Mehl war auch nötig: Zur Kirchweih mussten Brot, Kuchen und Küchla gebacken werden.
Bruckmann hat die Originalausstattung der Mühle erhalten. Lediglich ein Walzenstuhl stammt aus einer Klostermühle.
Bei der Frage nach Größe und Bedeutung der Lonnerstadter Mühle verweist Paul Bruckmann auf die einstigen Strukturen: 1875 habe es in Deutschland 60 000 Mühlen gegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg noch 23 000. Aktuell sind davon in ganz Deutschland nur noch 247 übrig.