In den 60ern und 70ern war's viel um freie Liebe und Frauenrechte gegangen. In den 80ern veränderten sich Ehe, Familie und Sex noch einmal grundlegend.
D ie sexuelle Revolution war zu Ende. In den 80ern hatte das traditionelle Ehemodell an Bedeutung verloren, es war für die Mehrzahl junger Menschen nicht mehr die einzig vorstellbare Lebensform. Im Jahr 1972 gab es in der Bundesrepublik 82 000 Menschen zwischen 18 und 35 Jahren, die ohne Trauschein zusammenlebten. Die Bundeszentrale für politische Bildung vergleicht die Zahl mit dem Wert 20 Jahre später - da waren es fast 1,4 Millionen. In den 80er Jahren wurde die "wilde Ehe" Normalität, sie war für die meisten Paare eine Testphase vor der Hochzeit. Der bpb zufolge stiegen gleichzeitig Heiratsalter und Scheidungshäufigkeit an, die Geburtenrate sank und zwischen 1970 und 1990 erhöhte sich auch der Anteil der Ein-Personen-Haushalte von einem Viertel auf mehr als ein Drittel. Aber einmal gab es in den 80ern einen richtigen Heirats-Boom: Der 8.8.88 wurde zum Tag der Ja-Sager.
Frauenbewegung ins West und Ost
Die Kämpfe der 60er und 70er Jahre hatten Frauen in der BRD unter anderem Verbesserungen im Familien-, Scheidungs- und Arbeitsrecht gebracht. Die Frauenbewegung hatte sich in den 80ern etabliert. 1988 beschloss die SPD nach den Grünen ebenfalls eine Frauenquote. Traditionell war die DDR in Gleichberechtigungsfragen weiter, hier gab's unter dem Dach der evangelischen Kirche Dutzende Frauengruppen, die sich insbesondere mit Familien- und Friedensfragen beschäftigten, aber auch mit lesbischen und feministischen Themen.
Abkehr von "ungezügeltem Sex"
Viel Verkrampftes war abgeschüttelt, viel war diskutiert worden, viel erreicht - und wie so oft bei "Revolutionen" gab's dann auch erst einmal einen Trend in die entgegengesetzte Richtung. Die Gesellschaft wandte sich von der "ungezügelten" Sexualität ab. Das lag nicht zuletzt an HIV.
1981 war die Immunschwächekrankheit in Amerika entdeckt worden, ein Jahr später wurden erste Fälle in Deutschland bekannt. Seitdem sind der Aidshilfe zufolge weltweit mehr als 37 Millionen Menschen daran gestorben, mit Abstand am stärksten betroffen sind Ost- und Südafrika, aber auch der Rest des Kontinents.
Aids veränderte die Wahrnehmung
Als das HI-Virus bekannt wurde, wurde noch nicht groß differenziert, wer sich infiziert hatte und bei wem die Krankheit tatsächlich ausgebrochen ausgebrochen war. Medikamente gab es anfangs nicht, In den 80er Jahren kam HIV einem Todesurteil gleich. Zunächst waren vor allem junge schwule Männer in Großstädten betroffen. Das beflügelte in bürgerlichen Kreisen eine wilde Vorstellung von Schwulen und ihrem häufigem Sex mit wechselnden Partnern. Homosexuelle, Fixer und Prostituierte - so lange in erster Linie sie erkrankten, wurde Aids oft auch als irgendwie selbstverschuldet angesehen. Da war die Rede von der "Lustseuche" und der "Schwulenkrankheit", aber die öffentliche Wahrnehmung veränderte sich schnell. Durch Menschen, die sich mit Blutkonserven angesteckt hatten, dadurch, dass immer mehr heterosexuelle HIV-Fälle auftraten und durch die berühmten Opfer. Rock Hudson war 1985 der erste.
Prominente Aids-Opfer
Letztlich führte der Tod von Prominenten wie Keith Haring oder Freddie Mercury auch dazu, dass offener und sachlicher über Homosexualität gesprochen wurde. Sie wurde in der Öffentlichkeit sichtbar - bereits 1986 beispielsweise mit der Figur des Carsten Flöter in der "Lindenstraße".
Kondome schützen
Ende der 80er waren Kondome immer wieder öffentliches Thema. Beispielsweise drohte der DFB dem FC Homburg wegen seiner Trikot-Werbung für den Kondomhersteller London mit Punktabzug, außerdem musste der Verein eine Geldstrafe von 100 000 Mark zahlen - vor Gericht wurde allerdings entschieden, dass die Werbung zulässig ist. 1987 startete im Auftrag des Gesundheitsministeriums die Kampagne "Gib Aids keine Chance"; legendär wurde der TV-Spot der BzGA mit Hella von Sinnen, die an der Supermarktkasse brüllte: "Tina, wat kosten die Kondome?"