Das kleine St.Anna-Kirchlein platzte aus allen Nähten, weil viele Gläubige beim Sakramentenzug zur Wiedereröffnung der Stadtpfarrkirche dabei sein wollten.
"Heute wird Christus wieder in Brotsgestalt in den Tabernakel eingesetzt. Das erfüllt uns mit großer Freude!", eröffnete Erzbischof Ludwig Schick den Gottesdienst. Ein langer Zug mit Gläubigen und Ministranten bewegte sich singend unter Begleitung der Höchstadter Stadtkapelle durch die Straßen zur Georgskirche.
Ewiges Licht wird neu entzündet
Am 8. Mai hatte Kirchenpflegerin Tanja Schwägerl die Türe der Kirche abgeschlossen - nun konnte sie diese wieder öffnen. Das Ewige Licht wurde entzündet und mit dem "Te Deum" - an der Ersatzorgel Wolfgang Först - drückte die Gemeinde ihre Freude aus.
Traditionen hoch halten
In der Predigt ging der Erzbischof darauf ein, dass man die christlichen Wurzeln und Traditionen hoch halten und sich wieder mutiger zum Glauben bekennen solle. Die Wiedereröffnung der Georgskirche sei ein Aufruf, alles dafür zu tun, "dass unser Land ein christliches bleibt". Das NS-Regime habe das Christentum und die Kirchen ausschalten wollen. "Leider hatten viele Christen geschwiegen oder sogar mitgemacht", so der Erzbischof. Das Nazi-Regime habe antichristlich den Rassenwahn und die Ideologie von wertem und unwertem Leben verbreitet, den Weltkrieg mit Millionen Toten und ungeheuren Zerstörungen vom Zaun gebrochen. Nach Kriegsende hätten sich viele gefragt, wie es soweit habe kommen können.
Erneute Schwellensituation
Er erinnerte an das Stuttgarter Schuldbekenntnis evangelischer Christen von 1945, das die Worte enthält: "Wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannten, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt, nicht brennender geliebt haben." Deutschland sei heute wieder in einer "Schwellensituation". Schick verwies auf eine Allensbach-Umfrage, wonach viele Deutsche wünschen, dass das Christentum das Land auch in Zukunft prägen solle. Zugleich beteiligten sich immer weniger Menschen am kirchlichen Leben, was schizophren sei. "Man kann nicht etwas wollen und nichts dafür, sogar manches dagegen tun."
Das Bekenntnis von 1945 sollte die heutigen Christen aufrütteln, ihren Glauben auch zu leben. Nur so bleibe die christliche Prägung und Kultur erhalten. Der Erzbischof mahnte zum Schluss, die Herzen für Jesus weit aufzumachen - das sei ein erster guter Schritt.
Gläubige werden einbezogen
Während der Fürbitten wurde das Haus des Herrn wieder eingerichtet: Eine Familie brachte mit ihrem zukünftigen Täufling das Katechumenenöl, ein Firmling das Chrisamöl und Kaplan Binu das Öl für die Krankensalbung zum Altar. Mesner und Ministranten trugen die liturgischen Gewänder und Geräte nach vorne. Der Moderator des Lektorenkreises brachte das Evangeliar zum Altar, der Moderator des Kommunionhelferkreises eine Burse (eine Tasche für Hostie und Öl). Diese soll daran erinnern, dass die heilige Kommunion von hier aus ins Krankenhaus, ins Seniorenzentrum St. Anna und zu den Kranken nach Hause gebracht wird. Ein künftiges Kommunionkind trug die Hostienschale nach vorne, zwei der Frauen, die das Bildnis der Mutter Gottes regelmäßig schmücken, hatten Rosen dabei, die Weihnachten an der Krippe stehen. Ein Ministrant stellte die Osterkerze an ihren Platz und Bestatter Johannes Riegler brachte das Altarkreuz. Jeder Akt war mit einer Fürbitte versehen.
Auch der Bürgermeister kommt zu Wort
Vor dem Schlusslied kam noch Bürgermeister Brehm (JL) zu Wort. "
Nie hätte man gedacht, dass an Weihnachten hier wieder Gottesdienst gefeiert werden kann." Die Georgskirche sei wie der Stadtturm und das Schloss ein Identifikationsmerkmal der Stadt. "Hut ab, was hier geleistet wurde!" Er dankte der Pfarrei, aber auch dem Erzbistum für die große Unterstützung der Höchstadter Kirche und der Kitas. "Ich bitte um jede Hilfe für unseren Dekan!", betonte er mit Blick auf den Erzbischof. Das sei nämlich die Anerkennung des kirchlichen Lebens vor Ort des Stadtpfarrers.
Warten und Wünschen
Kemmer selbst sprach vom Warten und Wünschen, das gerade in der Vorweihnachtszeit deutlich wird. " Auch wir haben seit der Restaurierung unseres Gotteshauses gewartet und gewünscht, dass es zeitig fertig wird. Aber im Gegensatz zur Elbphilharmonie und zum Berliner Flughafen ging dieser Wunsch zum Großteil in nur acht Monaten in Erfüllung." Trotzdem müsse man weiterhin warten und Geduld haben. Er dankte allen, die zum Gelingen dieses großen Werkes beigetragen haben und noch beitragen werden, aber auch den ehemaligen und zukünftigen Spendern.
Dank und Bethlehemslicht
Das letzte Wort hatten Tanja Schwägerl und Karola dos Reis Goncalves. Sie dankten allen, die mitgewirkt haben und das Ziel nie aus den Augen verloren haben. Sie waren stolz, dass alle gottesdienstlichen Angebote trotz der Restaurierung erhalten werden konnten, was nicht immer einfach war. Ihr besonderer Dank ging an den Dekan: "Das schönste Weihnachtsgeschenk ist für uns alle die Rückkehr ins Gotteshaus, was nicht ohne einen Pfarrer geht, der mit Herzblut hinter seiner Gemeinde steht!"
Draußen vor dem Gotteshaus verteilten die Ministranten das Licht von Bethlehem, das die Georgspfadfinder vor kurzem aus Nürnberg geholt hatten.