Phantom-Kunst mitten in der Natur? Eine Schnitzeljagd mit Street Art? Die nahe Mailach (Landkreis Erlangen-Höchstadt) im Wald versteckten Werke geben Rätsel auf. Eine Spurensuche.
Im mittelfränkischen Mailach (Markt Lonnerstadt) und den umliegenden Orten wird gerätselt: Wer ist der Unbekannte, der für die mysteriösen, kunstvollen Hinterlassenschaften in der Flur nahe des lange aufgegebenen Weilers Sichartshof verantwortlich ist? Neben kryptisch anmutenden Erdaushebungen verewigte sich der oder die Künstler auch an einem nahe gelegenen, verlassenen Häuschens.
Sichartshof liegt hinter Mailach, versteckt zwischen Büschen, Weihern und Wald. Mitte des 19. Jahrhunderts standen hier Häuser, Stallungen und ein Schloss. Heute sieht man nichts mehr davon. Ein Jäger hat sich hier einen Hochsitz gebaut. Vor sich sieht er Wald, Wiesen und: einen QR-Code, ein Zeichen, das man mit der Smartphonekamera auslesen kann, um die Bedeutung zu erfahren. Mitten auf einer Wiese hob jemand Erde aus und ließ solch einen QR-Code entstehen. Fein säuberlich, akkurat ausgegraben.
"Bei der ersten Begehung dachte ich, da will einer eine Ausgrabung machen"
Der Mailacher Alexander Berlet war verwundert, als ihm ein Freund vor sechs, sieben Wochen davon erzählte. Gemeinsam stiegen sie auf den Hochsitz und betrachteten das Werk von oben: "Bei der ersten Begehung dachte ich, da will einer eine Ausgrabung machen." Falsch gedacht. Also nahm sich Berlet einen Notizblock und malte den Code ab; Kästchen für Kästchen, Strich für Strich. Dann scannte er es mit seinem Handy ab. Er wurde gegrüßt: "Hello world!" - Hallo Welt! - zeigte sein Handydisplay an.
Was das zu bedeuten hat? "Falls Außerirdische kommen, vielleicht", scherzt Berlet. "Hello World!", das ist aber auch ein Computerprogramm, das Einblick in die Programmiersprache geben soll. Und dann ist da noch ein Künstler, Markus Jeschaunig, der 2015 einmal ein gleichnamiges Kunstwerk installiert hat. Jeschaunig arbeitet viel mit der Natur, aber vor allem im österreichischen Graz, hat sogar zweimal den dortigen Umweltpreis erhalten.
Weil der QR-Code so groß und die Ausgrabungen so exakt sind, denkt Berlet: "Ich schätze mal, die waren zu zweit die halbe Nacht beschäftigt."
Graffiti in nahe gelegener Hütte
Und auch im Lonnerstadter Rathaus hat Regina Bruckmann (FW) keine Erklärung für das Kunstwerk. Dem Landwirt, dem die Wiese gehört, ist jedenfalls ein Schaden entstanden. Mittlerweile ist der Code wieder zugeschüttet.
Bruckmann habe aber gehört, dass in einem nahe gelegenen Wald Bäume mit weiteren roten QR-Codes angesprüht worden seien. Spurensuchen des Reporters vom Fränkischen Tag konnten das allerdings nicht bestätigen. Ortswechsel: Ein paar hundert Meter weiter steht an einem Waldrand eine verlassene Hütte. Die Fenster sind eingeschlagen, die Toilette liegt vor der Tür. Und die Fassade zieren zwei mit Sprühdosen angebrachte übergroße blaue Augen auf schwarzem Grund.
Der Boden ist übersäht mit Farbtupfern. Auf einem Klappstuhl ist die "Anonymous"-Maske zu erkennen, Symbol einer Computerhacker-Gruppe.
Figuren erinnern an Künstler-Phantom Banksy
An der Wand in der Hütte hängen eingerahmte Bilder. Sie zeigen abstrakte Farbspritzer. In einem weiteren Zimmer sind zwei Figuren an die Wand gemalt. Die eine, ein Mädchen mit - womöglich zum Beten - ausgebreiteten Händen, die andere nackt und tanzend. Sie erinnern an die Werke des Künstler-Phantoms Banksy, der britische Street Art-Künstler, dessen Identität unbekannt ist und der an Häuser und U-Bahnen ebensolche Figuren malt.
Und dann, auf einer schwarzen Wand: sieben blaue QR-Codes. Scannt man sie, erhält man verschiedene Google-Suchen. Von "Ich mag Bier!" und "Ich mag Gras!" über "Papa Krieg ich ein iPhone?" bis hin zu "hinterfrage dein Gehinterfrage" oder "Mit dem Kopf durch die Wand in einer Welt ohne Türen". Auch über Kultur wird philosophiert: "Es ist nicht automatisch Kultur nur weil es langweilt!" Und dann ergibt ein Code noch das: "Nur weil du weißt, was eine Maschine produziert, weißt du nicht, wie sie funktioniert."
Bruckmann hält es für möglich, dass der gegrabene QR-Code und das "Atelier" in Zusammenhang stehen. Wann genau die Werke entstanden sind, weiß aber auch sie nicht. Und so bleibt das Rätsel bislang uneglöst, doch man könnte es auch mit Alexander Berlet halten: "Vielleicht ist das alles eine riesige Schnitzeljagd." Womöglich meldet sich das Phantom in der Redaktion und gibt Hinweise?
Der Gemeinderat Pommersfelden hat den Bauantrag des Online-Riesen Amazon angenommen. Dennoch sind nicht alle Pommersfeldener damit glücklich.