Corona-Impfstoff: Deutsche Forscher gewinnen schützende Antikörper

- Erster Corona-Impfstoff aus Deutschland?
- Erlanger Forscher entnehmen aus immunisierten Mäusen menschliche Antikörper
- Antikörper helfen Corona-Infizierten, können aber auch als passive Impfung dienen
Vielversprechende Corona-Forschung in Erlangen - gibt es bald einen Impfstoff? Das Bayerische Wissenschaftsministerium fördert das Universitätsklinikum Erlangen mit 141.000 Euro, dies gab Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) bekannt. Eine aktuelle Antikörper-Studie stelle einen "vielversprechenden Ansatz im Kampf gegen Covid-19" dar. In Bayern bleibt die Lage angespannt. Aktuell sind Würzburg und München besonders betroffen. Innerhalb Frankens fallen die aktuellen Corona-Zahlen äußerst unterschiedlich aus: Während es in manchen Regionen relativ viele Fälle gibt, vermelden andere Städte und Landkreise kaum noch Neuinfizierte.
Wann gibt es einen Corona-Impfstoff?
Dem Forscherteam aus Erlangen ist es bereits gelungen, humane Corona-Antikörper aus einer mit SARS-CoV-2-immunisierten Maus zu gewinnen, erklärt die Forschergruppe um Professor Hans-Martin Jäck. Antikörper könnten vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen sowie bereits Infizierten helfen, dass der Krankheitsverlauf milder verläuft.
Einen Haken gibt es jedoch: Bevor sich die Antikörper für Prävention und Therapie flächendeckend einsetzen lassen, müssen sie zunächst einmal in ausreichender Menge hergestellt und anschließend einer Prüfung unterzogen werden.
Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch nicht vorhersagen, wann ein zuverlässiger Impfstoff gegen SARS-CoV-2 verfügbar sein wird, der wirksam vor Covid-19 schützt. Laut Robert-Koch-Institut wird gegenwärtig auf der ganzen Welt an der Entwicklung verschiedener Impfstoff-Typen getüftelt. Hoffnung wurde unter anderem in einen russischen Impfstoff unter dem Namen "Sputnik V" gesetzt. Aktuell hagelt es deswegen aber Kritik von Forschern. In einem offenen Brief von rund 40 internationalen Wissenschaftlern wird erheblicher Zweifel an der Studie geäußert. Die Suche nach einem wirksamen Impfstoff geht weiter.
Aktive und passive Impfung - was ist der Unterschied?
Hinsichtlich eines möglichen Corona-Impfstoffs gilt es zwischen aktiver und passiver Immunisierung zu unterscheiden.
Aktive Impfung
Die aktive Impfung soll einen dauerhaften wirksamen Schutzes vor einer Erkrankung ermöglichen. Hierfür werden laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beispielsweise Krankheitserreger in abgeschwächter Form verabreicht. Auf diese Weise wird dem Organismus eine Infektion vorgegaukelt. Die Folge: Der Körper bildet daraufhin Antikörper und sogenannte Gedächtniszellen.
In der Regel bedarf es mehrerer Teilimpfungen, um den Impfschutz aufzubauen. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang von einer Grundimmunisierung. In manchen Fällen hält der Schutz danach ein Leben lang. Andere Impfungen müssen dagegen regelmäßig aufgefrischt werden. "Eine aktive Impfung wird gesunden Menschen verabreicht", erklärt Prof. Jäck vom Erlanger Universitätsklinikum, "was natürlich das Ziel aller Immunologen ist." Einen solchen Impfstoff zu entwickeln, versuchten derzeit renommierte Forschungsinstitute auf der ganzen Welt – darunter Tübingen, Mainz, Oxford oder die USA. "Der hilft allerdings keinen Kranken", sagt Prof. Jäck.
Passive Impfung
Der große Vorteil einer passiven Immunisierung mittels Antikörpern gegenüber einer aktiven Schutzimpfung sei, dass sie auch Menschen helfe, die bereits an Covid-19 erkrankt sind. "Die passive Impfung kann verhindern, dass Patienten auf die Intensivstation kommen oder sogar vor einem eventuellen Tod schützen", betont Prof. Jäck.
Eine passive Immunisierung bietet sich an, wenn ein schneller Schutz gegen eine bestimmte Krankheit vonnöten ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn jemand bereits mit einem Krankheitserreger in Kontakt gekommen, er aber nicht in ausreichendem Maße gegen diese Erkrankung geimpft ist. Das Problem: Hierzu muss der Patient erst einmal merken, dass er sich mit dem Virus angesteckt hat.
Bei der passiven Impfung, wie sie gegenwärtig in Erlangen erforscht wird, werden Konzentrate von Antikörpern gespritzt. Diese stammen meistens von Menschen, die gegen die Krankheit schon immun sind. Der Nachteil der passiven Schutzimpfung mittels Antikörpern, an der aktuell die Erlanger Wissenschaftler tüfteln, ist allerdings, dass sie keinen Langzeitschutz bietet. "Der Schutz vor Corona besteht in diesem Fall nur ein paar Wochen."
Behandlung von Corona "viel schneller als erwartet verfügbar"
Für die Wissenschaftler aus Erlangen bedeutet die finanzielle Hilfe vonseiten der Staatsregierung nicht zuletzt einen zeitlichen Vorteil. "Dank der sehr großzügigen Förderung des Freistaates Bayern wird unsere Antikörper-Behandlung von Covid-19-Patienten viel schneller als erwartet verfügbar sein", zeigt sich Studienleiter Prof. Jäck zuversichtlich. "Langfristig werden diese Antikörper unter anderem dazu verwendet werden, um schwerwiegendere Symptome bei Covid-19-Patienten zu verhindern und die Anzahl der auf Intensivstationen behandelten Patienten zu reduzieren."
Leiter der wissenschaftlichen Covid-19-Studie am Erlanger Uniklinikum sind:
- Prof. Dr. Hans-Martin Jäck, Leiter der Molekular-Immunologischen Abteilung
- Prof. Dr. Klaus Überla, Direktor des Virologischen Instituts – Klinische und Molekulare Virologie
- Prof. Dr. Thomas Winkler, Inhaber der Professur für Genetik am Department Biologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Minister Sibler ist überzeugt, dass das Geld gut angelegt ist: "Wir brauchen Studien wie diese, damit wir uns vor dem Virus schützen und wieder zu mehr Normalität zurückkehren können."