Wolfgang Pils will sich aus Ahorn zurückziehen

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Gesprengtes Quartett: Was bei der Vorstellung des neuen Ahorner Hausarztes im Sommer nach purer Harmonie aussah, ist heute Vergangenheit. Die Protagonisten (von links): Martin Finzel, Jörg Dyllus sowie Heike und Wolfgang Pils. Foto: Oliver Schmidt
Gesprengtes Quartett: Was bei der Vorstellung des neuen Ahorner Hausarztes im Sommer nach purer Harmonie aussah, ist heute Vergangenheit. Die Protagonisten (von links): Martin Finzel, Jörg Dyllus sowie Heike und Wolfgang Pils. Foto: Oliver Schmidt

Der Schleusinger Arzt Wolfgang Pils wird sein Projekte einer "Ärzteschmiede" nicht weiter verfolgen. Er klagt darüber, dass in der Gemeinde Ahorn eine "Kampagne" gegen ihn gefahren wurde.

Dr.Wolfgang Pils ist ein selbstbewusster und stolzer Mann. Er stammt aus einer Arzt-Familie mit langer Tradition, unterrichtet künftige Ärzte an der Jenaer Uni und hat sogar schon die deutsche Ärzteschaft beim Collegium Europaeum vertreten. Aber sein Versuch, in Ahorn eine moderne Hausarzt-Praxis zu betreiben, wurde vereitelt.
"Eigentlich wollten wir angesichts der Hausarzt-Not in Oberfranken nur helfen", sagt Pils in seiner Praxis in Schleusingen. Vor sich hat er zwei dicke Ordner stehen, die das Chaos um die Nachfolge der Praxis von Jörg Dyllus in Ahorn dokumentieren: Schriftverkehr mit der Gemeinde, der Kassenärztlichen Vereinigung, fragwürdige Abrechnungs-Unterlagen aus dem Praxisbetrieb des Vorgängers und und und. Der Laie hat keine Chance, da durchzublicken.
Pils blickt durch und schaut entschlossen: "Ich werde mich wehren." Auch mit rechtlichen Mitteln.

Natürlich weiß auch Wolfgang Pils, was der Knackpunkt seines inzwischen umstrittenen Engagements in Ahorn war: die Verpflichtung von Hans-Jürgen Reimann als Arzt für Ahorn. "Die hat sich als absolutes Chaos herausgestellt", sagt der Schleusinger Arzt heute, während er sich dabei nachdenklich am Kopf kratzt. Denn der wegen diverser Verfehlungen mehrfach vorbestrafte und inhaftierte Reimann leistete, davon ist Pils überzeugt, keine gute Arbeit. Er machte sich aber bei den Ahornern beliebt, was sogar zu einer Initiative des Seniorenbeirates, "Pro Reimann", führte. Ob bei der Sammlung der Unterschriften bekannt war, dass Reimann schon im Gefängnis saß, darüber scheiden sich in Ahorn auch heute noch die Geister.

Pils hatte den Bürgermeister Martin Finzel (parteilos) zuvor schriftlich darauf hingewiesen. Heute kommunizieren Pils und der Vertreter von Dr. Dyllus, Reimann, über Anwälte miteinander. Wolfgang Pils ist überzeugt davon, dass sich beide Parteien vor Gericht wiedersehen werden. Es geht um Betrug, Sachbeschädigung und Diebstahl - so sind zumindest die Vorwürfe. Die "Kampagne" des Seniorenbeirates "Pro Reimann" bezeichnet Wolfgang Pils deshalb als "gescheitert".

Große Weiterbildungs-Pläne

Dabei hatte Wolfgang Pils große Pläne in der ehemaligen Dyllus-Praxis. Er wollte dort eine "Musterweiterbildungsstätte" für angehende Ärzte einrichten - "eine Ärzteschmiede". Deshalb mietete er das gesamte Haus, das nach dem Ausscheiden von Dyllus durch Michael Stoschek gekauft und saniert wurde, und belegte eine halbe Arzt-Stelle. Die andere blieb bei Dyllus, der Pils in der Anfangszeit helfen und die andere halbe Stelle besetzen sollte. Doch es kam nicht dazu, weil sich der langjährige Ahorner Hausarzt sofort aus gesundheitlichen Gründen komplett zurückzog. "Er hat mich da versetzt", sagt Pils heute.

Da kam ihm die Verpflichtung von Hans-Jürgen Reimann natürlich recht. Pils ließ Reimann sogar im ehemaligen Dyllus-Haus kostenfrei übernachten. Untervermietet, wie es hieß, habe er ihm die Räume aber nicht. Was nach dem Ausscheiden von Dyllus aber blieb: eine halbe Arzt-Stelle für Pils und jede Menge Patienten. "Wir hatten am ersten Tag 1400 Anrufe", erinnert sich Heike Pils, die Ehefrau des Arztes. Ihr Mann sei daraufhin gerast - von Schleusingen nach Ahorn, von Hausbesuch zu Hausbesuch. "Aber an zwei Orten gleichzeitig eine Sprechstunde zu halten, ist halt nicht möglich", sagt Pils.

Dennoch entwickelte sich schnell eine "Kampagne". Pils wurde vorgeworfen, seinen Versorgungsauftrag nicht zu erfüllen. Mehr noch: Sogar "unterlassene Hilfeleistung" waberte als Gerücht durch den Ort. Wolfgang Pils jedenfalls winkt gelassen ab: "Selbst bei der Kassenärztlichen Vereinigung schüttelt man mit dem Kopf. Alle Vorwürfe haben sich als gegenstandslos herausgestellt." In diesem Punkt ist Pils auch sauer auf den Ahorner Bürgermeister Martin Finzel. Dieser habe schließlich gewusst, dass Pils mit seinem halben Arztsitz nur begrenzte Dienste leisten könne und habe die Bevölkerung nicht ausreichend darüber informiert. Auch das habe zur "Kampagne" geführt, für die sich der Bürgermeister eigentlich bei ihm entschuldigen müsse - zumal Pils nach eigener Aussage alles gehalten hat, was er zusagte. Ein weiterer angestellter Arzt und sein Weiterbildungsassistent lehnen beide eine Tätigkeit in Ahorn ab.

Empörung in Schleusingen

Wie es im neuen Jahr weitergeht, ist noch offen. "Ich habe es nicht nötig, mich für die doppelte Belastung durch die Hilfsaktion in Ahorn beleidigen und verleumden zu lassen", sagt Pils, der seit 20 Jahren in Schleusingen seine Praxis betreibt. Auch dort haben sich inzwischen die Zustände in Ahorn herumgesprochen. "Meine Patienten sind empört", versichert Pils im Gespräch. Deshalb will Wolfgang Pils auch nicht ausschließen, sein Abenteuer in Oberfranken bald wieder zu beenden. "In Thüringen bin ich ein Vorbild, in Ahorn werde ich mich Dreck beschmissen" - das ist die Zwischenbilanz. Sein Projekt Weiterbildungsstätte wird er fortsetzen - aber nicht in Ahorn.